Cobo muss man nur eine Viertelstunde bei der Arbeit zuschauen, die Unterhaltung ist garantiert: Passanten fragen nach einem Selfie, beim Einschenken der Gläser trällert er die im Hintergrund laufende Melodie mit, für jeden Gast hat er einen passenden Spruch oder eine Lebensweisheit parat.<BR /><BR /> Cobo und seine Fischbänke in Bozen sind längst zur Institution in Fremdenführern und zur Pilgerstätte von Touristen geworden, auch wenn dort essenzielle Dinge gar nicht zu haben sind. Ein Kaffee? Fehlanzeige. Gebäck? Nicht bei Cobo. Er hat ja nicht mal einen klassischen Tresen. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="916054_image" /></div> <BR /><BR />30 Jahre ist es nun her, dass der heute 74-Jährige die Zuständigen im Gemeindeamt mit einer Zeichnung aufsuchte, um seine Vorstellung von einem gemütlichen Treffpunkt in der Bozner Altstadt zu illustrieren. „Ich stellte einige Hocker rund um die historischen Marmorbänke auf, besorgte mir einige elegante Sonnenschirme und begann einfach Aperitivi aufzuschenken“, meint der gebürtige Veroneser, der mit bürgerlichem Namen Rino Zullo heißt. <h3> Südländische Leichtigkeit</h3>Damit hat er nicht nur dazu beigetragen, das „Aperitivieren“ in Bozen zu etablieren, sondern hat vorgezeigt, wie sie denn aussehen kann, die Leichtigkeit des südländischen Lebensgefühls. Zum einen macht er mit seinem Erscheinungsbild deutlich, dass hier kein klassischer Wirt am Werk ist: Mit seinen langen Haaren, dem Strohhut und dem eleganten Sakko mitsamt Krawatte könnte er durchaus als Künstler oder Intellektueller durchgehen. Zum anderen wird klar, dass er seine Freilichtkneipe als Bühne empfindet, als eine Art Oase fernab jeglicher Hektik. <BR /><BR />Jeder kommt hier mit jedem unverbindlich ins Gespräch. An geeignetem Gesprächsstoff mangelt es sowieso nie, denn Cobo ist Philosoph, Psychologe, Autor, Cartoonist, Historiker und Filmemacher in einer Person, eine Art Universalist, der sich alles selbst beigebracht hat: Als Weltenbummler, als Autodidakt, als einer von unbändiger Neugier Getriebener.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="916057_image" /></div> <BR /><BR />Auf den Spuren von Sarntaler Hexen, Fürsten und Anthropologen<BR />Er hat Bücher über die Stadtgeschichte geschrieben und Geschichten in Comics gepackt, doch genauso wie sein geliebtes Bozen interessiert ihn das Umland. „Mich zieht es immer wieder in die umliegenden Täler oder auf den Ritten, wo ich die Spuren bedeutender Leute ergründe“, sagt er und nennt als Beispiel den polnischen Anthropologen Bronislaw Malinowski – ein Pionier in seinem Fach. Das sei für ihn Seelennahrung. <BR /><BR />Diesen Entdeckungsdrang stillte er aber auch im Sarntal, wo er in Form eines Kurzfilms die Geschichte der historischen Figur der Barbara Pächlerin, im Volksmund bekannt als Pachlerzottl, neu aufrollte. Aufzeichnungen belegen, dass die Pachlerzottl im 16. Jahrhundert gelebt hatte, im Alter von Mitte 40 der Zauberei angeklagt wurde und letztlich nach einem erzwungenen Geständnis durch Folter im Jahre 1540 ein schreckliches Ende auf dem Scheiterhaufen fand. Cobos Kurzfilm-Dokumentation wurde bereits mehrfach in der Öffentlichkeit gezeigt, unter anderem bei den Bozner Filmtagen. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="916060_image" /></div> <BR /><BR /><BR />Im Winter, wenn die Fischbänke geschlossen sind, begibt er sich mit Vorliebe auf Reisen, um Geschichte zum Leben zu erwecken. Die Verbindung des berüchtigten Fürsten Vlad III. aus Rumänien mit Südtirol, die vielen Zeugnisse russischer sowie jüdischer Kultur in Meran – Cobo ist ihnen auf den Grund gegangen. Seine letzte „Forschungsreise“ führte ihn in ein kleines französisches Dörfchen mit einem riesigen Denkmal an die römische Kaiserzeit.<BR /><BR /> Und so ist er, der weltgewandte Wirt der Fischbänke, im Grunde seines Herzens ein Weltenbummler geblieben. Früher hat er die Abenteuer in Afrika gesucht, ist durch Alaska getrampt, hat mit der Transsibirischen Eisenbahn Russland ergründet und lebte zu Zeiten des Diktators „Baby Doc“ auf Haiti. „Früher, da waren wir jung und fühlten uns unbesiegbar“, meint er dazu heute nur trocken. <BR /><BR />Und dann lässt er augenzwinkernd einen vielsagenden Satz fallen: „Ich verbringe zwar viele Stunden hier, aber empfinde das nicht als Arbeit. Ich gehe einfach zur Kneipe, da kann man immer eine gute Zeit verbringen.“<BR />