Emotionale TV-Auftritte, Reden auf Demonstrationen und ein Konzert mit ukrainischen Musikern: Die Sängerin Natalia Klitschko kämpft in Deutschland für ihre Heimat. Und fand schon vor Jahren vernichtende Worte über Wladimir Putin. <BR /><BR /><BR />Sichtlich berührt erzählte Natalia Klitschko (48) vergangene Woche bei Markus Lanz (53) in der Sendung „Ein Abend für die Ukraine“ von der Flucht ihrer Mutter. Die 72-Jährige habe sich in 4 Tagen bis nach Budapest durchgeschlagen. „Sie war die erste Woche jeden Tag im Bunker“, sagte Klitschko. Anfangs habe ihre Mutter im Land bleiben wollen, dann aber realisiert, „das ist kein Spiel mehr, das ist Krieg“. Am Telefon habe Natalia – die sich in Hamburg befindet – ihre Mutter angeschrien, sie solle bitte ihr Leben retten, solange es noch möglich sei. <BR /><BR /><b>Warten auf Lebenszeichen aus der Heimat</b><BR /><BR />Doch viele andere Familienmitglieder, Freunde und Bekannte Natalias befinden sich noch in der Ukraine. Sie ist froh, regelmäßig Lebenszeichen von ihnen zu erhalten. Auch ihr Mann, der frühere Box-Champion und jetzige Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew, Witali Klitschko (50), befindet sich in der Heimat und ist neben dem Präsidenten Wolodymyr Selenskyj (44) eine der Führungsfiguren in der Verteidigung der Ukraine. Unterstützt wird Witali dabei von seinem Bruder und ebenfalls ehemaligen Weltklasse-Boxer Wladimir (45).<BR /><BR />Witali Klitschko ist einer der schärfsten und international am lautesten gehörten Kritiker Putins und harrt weiter in Kiew aus, obwohl er ein prominentes Ziel russischer Mordpläne ist. 1600 Kilometer entfernt wartet Natalia jeden Morgen auf ein Lebenszeichen. „Meistens schreiben wir. Ich frage ihn kurz, wie die Lage ist und er antwortet kurz“, sagte sie im NDR-Interview. Auch um ihre Kinder macht sich das Ex-Model große Sorgen. Sie versuche so gut es geht, dass diese nicht involviert werden, sagte sie dem „Kurier“. Sie wolle nicht, dass Hass in ihren Herzen entsteht. „Ich habe keinen Hass, ich habe keine Wut“, sagte sie über sich selbst.<BR /><BR /><b>Der Versuch, die Realität des Krieges begreifbar zu machen</b><BR /><BR />Natalia Klitschko und die Kinder sind in Deutschland in Sicherheit, sie bangt aber um ihr Heimatland. Sie versucht von Hamburg aus, ihren Beitrag zur Rettung der Ukraine zu leisten und die Realität des Krieges nach Deutschland zu tragen, zumindest medial. Am 5. März bat sie vor 30.000 Menschen bei einer Kundgebung in Hamburg um Unterstützung für ihr Land. In sozialen Netzwerken postet sie Sätze wie „Bitte beten Sie mit mir für den Frieden in meinem Land und in der ganzen Welt“. „Dieser Krieg ist nicht nur eine Gefahr für die Ukraine“, sagte Klitschko in der „NDR Talk Show“, „er ist eine Gefahr für die ganze Welt“. Bei ihrem emotionalen Auftritt dankte sie den Deutschen für ihre Hilfsbereitschaft für die vielen Geflüchteten aus der Heimat. <BR /><BR />Am vergangenen Samstag sang Natalia für ihr Heimatland, als sie gemeinsam mit mehreren ukrainischen Künstlerinnen und Künstlern bei einem Solidaritätskonzert in der Hamburger Staatsoper auf der Bühne stand. „Ich bin leidenschaftliche Sängerin, meine Seele singt. Musik hilft mir in diesen schwierigen Zeiten. Das ist mein emotionaler Ausgleich“, sagte sie im NDR-Interview. <BR /><BR />Ihre Karriere als Sängerin startete Natalia Klitschko, früher Model und Kunstschwimmerin, erst vor einigen Jahren. Obwohl sie in in der Großstadt Browary nordöstlich von Kiew in einem musikalischen Umfeld aufwuchs und ihre Kindheit von ukrainischen Volksliedern geprägt war, konnten ihre Eltern in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion keine Gesangsausbildung finanzieren. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="748550_image" /></div> <BR /><BR /><BR />Ihren Mann Witali lernte Natalia 1995 kennen. 2011, als das Paar zum „Couple of the Year“ gekürt wurde, sagte Witali im Interview mit der „Gala“: „Bei mir war es Liebe auf den ersten Blick. Leider musste ich Natalia erst einmal von meinem Blick überzeugen. Sie hat mir wohl nicht geglaubt, dass ich es wirklich ernst mit ihr meine.“ Er habe nicht aufgegeben und monatelang um sie gekämpft, fügte sie hinzu. Seit 1996 sind die beiden verheiratet und haben 3 Kinder: Yegor-Daniel (21), Elizabeth-Victoria (19) und Max (16). Jahrelang stand Natalia Klitschko Witali am Boxring zur Seite. Die Familie teilte die Zeit zwischen der Wahlheimat Hamburg und der Ukraine auf. <BR /><BR />Im Gespräch mit der „Gala“ beschrieb sie den Moment im Jahr 2012, als sie allein zu Hause war, die Kinder in Feriencamps, und beschloss, an die alte Leidenschaft des Singens anzuknüpfen. Es gehe ihr nicht darum, aus Witalis Schatten herauszutreten. Klitschko engagierte eine Gesangslehrerin, es folgten Auftritte in Hamburg, auf dem Maydan in Kiew und auch bei Boxkämpfen ihres Mannes. Am 26. April 2014 sang sie vor einem Box-Weltmeisterschaftskampf ihres Schwagers Wladimir in Oberhausen die ukrainische Nationalhymne. „Sie hat mit ihrer Stimme für einen echten Gänsehaut-Moment gesorgt“, beschreib RTL-Sportchef Andreas von Thien die außergewöhnliche Atmosphäre in der Arena. Kurz zuvor hatte Russland die zur Ukraine gehörige Halbinsel Krim annektiert und pro-russische Separatisten die im Osten des Landes gelegenen Gebietet um die Städte Donezk und Luhansk mit einem blutigen Bürgerkrieg überzogen. 2016 stellte sie in Hamburg ihr erstes Album „Naked Soul“ mit selbst komponierten Liedern vor. <BR /><BR /><b>Liedtexte in ukrainischer und russischer Sprache</b><BR /><BR />Obwohl Natalias Lieder eigentlich unpolitisch sind und die Texte von Themen wie Liebe, Träumen und Freiheit handeln, setzt sie ein Zeichen durch die Verwendung sei es der russischen als auch der ukrainischen Sprache – als Zeichen der Verständigung beider Länder. „Meine Seele entscheidet, in welcher Sprache ich singe“, schreibt sie auf ihrer Homepage. „Meist ist das Russisch oder Ukrainisch. Wie könnte es auch anders sein? Russisch haben wir jeden Tag in der Schule gesprochen, meine tiefsten Wurzeln hingegen sind Ukrainisch – wie die Volkslieder, die wir zu Hause gesungen haben.“<BR /><BR />Obwohl laut Natalia Klitschko eigener Aussage ein Politiker in der Familie genug ist, fand sie 2016 starke Worte, als die „Welt“ sie fragte, ob sie den russischen Präsidenten Wladimir Putin (69) jemals getroffen habe. „Nein“, antwortete Klitschko, aber sie wisse, was sie ihm dann sagen würde: „Ich würde ihm sagen, dass es auf diesem Planeten nicht nur Russland und die Ukraine gibt, sondern dass wir alle gemeinsam auf einer ziemlich fragilen kleinen Kugel leben.“ Heute nennt sie den russischen Präsidenten einen „Psychopathen“, der „auf den Knopf drücken“ könnte: „Dann wird die Erde nicht mehr existieren.“ <BR /><BR />Bei Markus Lanz musste Natalia Klitschko die Tränen zurückhalten, als sie sagte, die Zeit seit dem russischen Einmarsch sei die schlimmste ihres Lebens. An jenen 24. Februar würde sie sich für immer und ewig erinnern.