von Hildegard Kröss<BR /><BR />Das Klöckeln geht auf einen alten heidnischen Brauch zurück. Früher war es ein Armeleutebrauch; meistens waren es Knechte, die vermummt auf den Höfen und in den Dörfern umherzogen, Lieder sangen und um Gaben bettelten. Meistens bekamen sie dafür Speck, Würste oder andere Speisen. Heutzutage bekommen Klöckler meistens Geld. Eines aber hat sich trotz Emanzipation nicht geändert: Klöckeln ist nach wie vor reine Männersache.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="590348_image" /></div> <BR /><BR />„Das Klöckeln ist von niemanden organisiert. Man weiß vorher nie, wann die Klöckler kommen, wie viele Gruppen unterwegs sind oder ob sie überhaupt kommen. Man kann sie nicht bestellen und so gesehen bleibt es immer spannend bis sie dann da sind,“ sagt Walter Perkmann, Geschäftsführer des Sarner Tourismusvereins.<BR /><BR />Dieser Brauch hat sich über viele Jahre hinweg erhalten, nur unterbrochen in Zeiten des 2. Weltkrieges. Der 93-jährige Vinzenz Innerebner erinnert sich daran, dass der Brauch kurzzeitig ausgesetzt war. „In den letzten Kriegsjahren ist ein bis 2 Jahre lang niemand klöckeln gegangen. Es war verboten, da wegen der Gefahr einer Bombardierung alles verdunkelt werden musste und zudem viele Männer eingezogen waren“, sagt er. Aber bereits 1945 nach Kriegsende waren die Klöckler wieder unterwegs. Wahrscheinlich war es gerade in Notzeiten für viele eine willkommene Gelegenheit, Gaben in Form von Naturalien zu bekommen.<BR /><BR />„Ich habe fast ein Leben lang geklöckelt, angefangen habe ich schon als Bub während meiner Schulzeit. Mehr als 25 Jahre lang war ich immer das Zusslweibile, war ich doch eher von kleiner und zarter Statur und hatte somit die ideale Figur dafür. Noch dazu konnte ich schnell laufen,“ sagt Walter Perkmann. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="590351_image" /></div> <BR />Das Zusslweibile und das Zusslmandl sind die Hauptfiguren der Klöcklgruppe, der Kutt. Diese rennen der Gruppe voraus und kündigen sie an. Während sich die Klöckler dann in einem Kreis aufstellen und das Klöckellied singen, verstecken sich die 2 Zussler. Erst beim zweiten Teil des Liedes, dem Danklied, tauchen sie dann wieder auf und tanzen zum Rhythmus von Ziehharmonika und Teufelsgeige in der Kreismitte. Sofort danach zieht die Kutt weiter, nur der Lottersackträger macht noch die Runde, um Geld zu sammeln. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="590354_image" /></div> <BR /><BR />An ein besonderes Erlebnis beim Klöckeln denkt Walter Perkmann noch heute schmunzelnd zurück: „Als ich wieder einmal Zusslweibile war, hat mir ein Freund heimlich die Feiertagsschuhe seiner Mutter geliehen. Er schärfte mir ein, ja gut darauf aufzupassen“, erzählt Perkmann. <BR /><BR />„Auf einem Hof in Nordheim rutschte ich in Abfahrtsstellung die lange und steile Treppe hinunter und verlor beide Stöckel. Das bemerkte ich aber erst daheim.“ Erst 3 Wochen später habe er dann beim Neujahrwünschen mit der Musikkapelle die Stöckel wieder gefunden, die Schuhe reparieren lassen und sie unbeschadet zurückgeben können. <BR />Das Klöckeln hat besonders in den letzten Jahrzehnten wieder großen Aufschwung erlebt. Während früher nur erwachsende Männer diesen Brauch praktizierten, sind es inzwischen erfreulicherweise auch Schüler und Jugendliche. Somit scheint der Fortbestand dieser Tradition gesichert. Großer Wert wird darauf gelegt, sich in der alten Sarner Werktagstracht zu kleiden und selbstgebastelte Masken, die sogenannten Lorfen, aufzusetzen. Vielfach werden auch noch die Sarner Holzschuhe, die Kospen, getragen. <BR /><BR /><b>Klöckeln darf man nur bis Mitternacht</b><BR /><BR />„Besonders wichtig ist, dass das Klöckellied richtig gesungen wird. Viel dazu beigetragen hat die Moar Rosa, ehemalige Singlehrerin in der Sarner Mittelschule, die allen Schülern immer das Klöckellied gelernt hat“, sagt Perkmann.<BR /><BR />Klöckeln darf man nur bis Mitternacht, danach wird „Feirum“ (Feierabend) gelassen und die Kutt schließt das Klöckeln traditionell bei Knödel, Kraut und Geselchtem ab. Das findet vielfach auf Bauernhöfen, in neuerer Zeit auch in Gasthäusern statt.<BR /><BR />Im Jahre 2000 war eine Sarner Klöckelgruppe auf der Weltausstellung in Hannover. „10 Tage lang durften wir 2-mal am Tag auftreten. Mit über 40 Gruppen aus aller Welt vertraten wir dabei die Europaregion Euregio Tirol Südtirol Trentino. Das war ein einmaliges Erlebnis“, erzählt Perkmann. Das sei aber eine Ausnahme gewesen, denn im Normalfall treten die Klöckler nicht außerhalb des Tales auf. „Wir bekommen oft Anfragen, aber dieser Brauch gehört zu uns ins Tal“, fügt er hinzu.<BR /><BR />Bürgermeister Christian Reichsigl sieht heuer wenig Hoffnung für das Klöckeln: „Das wird schwierig und es ist eine schwere Entscheidung, diesen Traditionsbrauch abzusagen“, sagt er. Momentan seien landesweit alle Veranstaltungen und privaten Feierlichkeiten verboten und man könne in Anbetracht der momentanen Lage nichts riskieren. „Vielleicht ist es möglich, dass die letzte der 3 Klöckelnächte stattfinden kann“, weckt er leise Hoffnungen.<BR />