Am Tag nach dem mutmaßlichen Terroranschlag in Stockholm liegen noch immer orangefarbene Rettungsdecken auf dem Asphalt. Gerüste und Absperrbänder der Polizei umschließen den Tatort auf der belebten Einkaufsstraße Drottninggatan, an dem ein Lastwagen am Freitagnachmittag in eine Menschenmenge raste und vier Menschen tötete.„Wir haben keine Angst“Auf dem Weg zur Arbeit, zum Einkaufen oder zu Freunden bleiben entlang der Absperrungen am Samstag zahlreiche Menschen stehen. Viele sind gekommen, um besser zu verstehen, was in ihrer Stadt passiert ist. Zwischen die Gitterstäbe haben Stockholmer Bürger und Touristen Frühlingsblumen in allen Farben geklemmt.In Gesprächen mit den Hauptstädtern ist Trauer zu spüren – aber auch Stolz auf den Zusammenhalt in ihrer Stadt, und viel Trotz. „Wir sollten hier eine große Party veranstalten, um zu zeigen, dass wir keine Angst haben“, sagt ein Obstverkäufer.Als der Lkw am Freitag über die Shoppingmeile raste, stand der gebürtige Türke gerade an seinem Stand auf dem Platz Hötorget, ganz in der Nähe. „Wir sind los, ohne einzupacken“, sagt er jetzt. Kurz nach dem Anschlag flüchteten die Menschen panisch vom Tatort, nun geht hier alles schon wieder ganz ruhig zu.„Wir sehen uns in Nangijala“Hunderte sind gekommen, um Solidarität mit den Opfern zu zeigen. „Sie dürfen uns unser Stockholm nicht wegnehmen!“, schreibt ein Nutzer auf Twitter. Ein Journalist der Zeitung „Dagens Nyheter“ warnt die Täter: „Stockholm zwingt ihr nicht in die Knie.“ Spaziergänger rund um die Drottninggatan klopfen den Wache haltenden Polizisten anerkennend auf die Schulter: „Danke.“ Und: „Gute Arbeit.“Einem hellbraunen Kuschelteddy in der Nähe des Tatorts hat jemand einen Zettel in die Arme gedrückt: „Wir sehen uns in Nangijala“, steht darauf. So heißt das Land, in dem die „Brüder Löwenherz“ in der gleichnamigen Astrid-Lindgren-Geschichte in ihrer Fantasie nach ihrem Tod zusammen Abenteuer erleben. „Es fühlt sich unwirklich an, wie in einem Film“, sagt eine Stockholmerin, die mit ihren Hunden in der Innenstadt spazieren geht, dem schwedischen Fernsehen.Motiv weiterhin unklarKnapp 24 Stunden nach dem Anschlag setzt die Polizei ihr Bild wie ein Mosaik zusammen. Was genau hinter der Tat steckt, ist noch unklar. Auf die Frage nach einem terroristischen Motiv sagt Staatsanwalt Hans Ihrman: „Viel spricht zum jetzigen Zeitpunkt dafür.“Schweden kontrolliert vorerst alle Ausreisenden an seinen Grenzen. Anders Thornberg von der Sicherheitspolizei sagt, seine Leute würden bei den Ermittlungen von nationalen und internationalen Behörden unterstützt. Es gehe auch darum, weitere Attentate zu verhindern.Zunächst steht aber die Trauer um die Opfer im Vordergrund. Auch Schwedens Kronprinzessin Victoria und ihr Mann Daniel besuchen den Ort des Geschehens. Ganz in Schwarz gekleidet, legt die Thronfolgerin rote Rosen nieder. Tränen steigen ihr in die Augen. Auf die Frage eines Reporters, wie ihr Land durch diese schwere Zeit komme, antwortet sie mit nur einem Wort: „Zusammen.“dpa