Lesen Sie hier, was Ronin zu einer sogenannten HeroRAT, also einer „Helden-Ratte“, macht.<BR /><BR />Als Haustiere sind die Gambia-Riesenhamsterratten (Cricetomys gambianus) eine Herausforderung mit Wildtiercharakter, als Spürnase jedoch ein echter Lebensretter. Und diese Fähigkeit nutzt die belgische NGO Apopo, die die Nagetiere zu kleinen Agenten ausbildet. Diese werden im Kampf gegen den illegalen Wildtierhandel, in der Minensuche oder beim Aufspüren von Krankheiten wie Tuberkulose und Diabetes eingesetzt.<BR /><BR />Laut Apopo bieten Gambia-Riesenhamsterratten eine flexible und kostengünstige Alternative zu Spürhunden. Die Nager werden 30 bis 40 Zentimeter groß, den Schwanz nicht mitgerechnet. Und besitzen damit sehr gute anatomische Voraussetzungen, um in kleine Lücken und Spalten eines Schiffscontainers zu gelangen. Auch finanziell bieten die Nagetiere Vorteile: Die Kosten der Ausbildung und Ernährung von Riesenhamsterratten sind geringer als die von Hunden. Weltweit sind nach Angaben von Apopo mehr als 300 sogenannte HeroRATs auf verschiedene Arten im Einsatz.<h3> Ratten werden im Labor für ihren Job trainiert</h3>Um die Riesenhamsterratten für ihren Job zu trainieren und um sie zu HeroRATs zu machen, werden sie in einer kontrollierten Laborumgebung in der Zentrale der Organisation Apopo in Tansania mit verschiedenen Gerüchen vertraut gemacht. Ziel ist es, dass die Tiere sich die Gerüche einprägen, um sie dann wiedererkennen zu können. Da Hamsterratten bis zu acht Jahre alt werden, lohnt sich das aufwendige Training.<BR /><BR />Zu den Übungsgegenständen zählen die Hörner von Nashörnern sowie Elefantenstoßzähne und ein bedrohtes afrikanisches Laubholz. Da der illegale Handel nicht nur Wildtierprodukte betrifft, sondern auch lebendige Tiere, sollen die Riesenhamsterratten sich auch den Geruch von Schuppentieren einprägen. Schuppentiere gehören zu den weltweit am häufigsten gehandelten Säugetieren. Ihr Fleisch gilt besonders in China und Vietnam als Delikatesse. Ihre Schuppen werden als Heilmittel gegen verschiedenste Krankheiten verwendet – obwohl sie nur aus Keratin bestehen, was der menschliche Körper auch selbst produziert.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1201020_image" /></div> <BR /><BR />Andere Gambia-Riesenhamsterratten, so wie Ronin, der im Apopo-Trainingszentrum in Tansania geboren wurde, werden auf Landminen trainiert. Ronin wurde schon in jungen Jahren mit einer Art Belohnungssystem vertraut gemacht, bei dem die Tiere dazu motiviert werden, den Geruch von Sprengstoff genau zu identifizieren. Das Training beinhaltet außerdem systematisches Arbeiten an einer Leine innerhalb eines Rasters.<BR /><BR />Landminen werden durch Kratzen am Boden angezeigt, Expertinnen und Experten entschärfen dann die Mine und machen das Land so wieder sicher. Gegenüber Metalldetektoren weisen die Riesenhamsterratten nach einer dreimonatigen Dressur angeblich eine 50-mal höhere Treffsicherheit auf, was die Minensuche angeht. Ratten können Minen finden, die bis zu 20 Zentimeter unter der Erde vergraben sind.<h3> Kollegen und Partner auf vier Pfoten</h3>Apopo („Antipersoonsmijnen Ontmijnende Productontwikkeling“, zu Deutsch etwa „Entwicklung von Produkten zur Landminenräumung“) hat die Methode zur Landminenerkennung gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Belgien und Tansania sowie mit Unterstützung der Universität Antwerpen entwickelt. Die NGO ist aktuell mit ihren Super-Ratten in sieben Ländern aktiv, darunter Kambodscha, Tansania, Angola und Simbabwe. In Mosambik spielte die Organisation eine Schlüsselrolle dabei, dass das Land 2015 den Status „minenfrei“ erhielt.<BR /><BR />Ronins Einsatzgebiet ist seit August 2021 Kambodscha in Südostasien. Das Land am Golf von Thailand zwischen Thailand, Laos und Vietnam zählt noch immer zu den am stärksten verminten Ländern der Welt. Dies stellt eine große humanitäre und sozioökonomische Herausforderung dar, denn mit über 40.000 Amputierten hat Kambodscha die höchste Pro-Kopf-Quote an Amputationen durch Minen weltweit. Die meisten Sprengkörper stammen aus der jahrelangen Schreckensherrschaft der Roten Khmer ab dem Jahr 1975.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1201023_image" /></div> <BR /><BR />Ronin hat in der nördlichen Provinz Preah Vihear bis zum vergangenen 4. April insgesamt 109 Landminen und 15 nicht explodierte Kampfmittel (UXO) aufgespürt – mehr als jeder seiner vierbeinigen Kollegen. Warum dieses genaue Datum?! Nein, keine Angst, es ist nichts schiefgegangen. Es ist das Datum, an dem Apopo bekannt gegeben hat, dass Heldenratte Ronin für ihre unglaubliche Spürnase ins Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen worden ist. Ausgerechnet am „Internationalen Tag der Ratte“.<BR /><BR />„Bei Guinness-Weltrekorden geht es nicht immer nur darum, Meilensteine zu erreichen – manchmal geht es auch darum, Vorurteile zu überwinden“, sagte Guinness-Chefredakteur Adam Millward damals. „Die lebensverändernden Ergebnisse der HeroRATs, ihrer Betreuer und aller Menschen, die an der Ausbildung und Pflege dieser unglaublichen Tiere beteiligt sind, sind ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie viel Gutes erreicht werden kann, wenn Mensch und Tier zusammenarbeiten.“<BR /><BR />Ronin und die anderen Spürratten seien nicht nur eine große Bereicherung für die Organisation, sondern „geschätzte Partner und Kollegen“, sagte Rattenführerin Phanny. Apopo achtet darauf, dass die Nager täglich nur 30 Minuten in den kühlen Morgenstunden arbeiten. Den restlichen Tag dürfen sie sich ausruhen, spielen und ihre natürlichen Verhaltensweisen ausleben.<h3> Kleine Goldmedaille für HeroRAT Magawa</h3>Ronin hat mit seiner Leistung sogar die berühmte Minensuch-Ratte Magawa übertroffen: Das Tier hatte in seiner Karriere 71 Landminen und 38 nicht explodierte Kampfmittel erschnuppert. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1201026_image" /></div> <BR /><BR />Für seine lebensrettende Arbeit hatte es 2020 als erste Ratte überhaupt den höchsten britischen Tierorden erhalten. Die Auszeichnung kam von Großbritanniens führender gemeinnütziger Tierorganisation PDSA. Der Tierorden ist vergleichbar mit dem Georgs-Kreuz, der höchsten zivilen Auszeichnung für Tapferkeit im Vereinigten Königreich. Dem tapferen Nager wurde eigens eine kleine Goldmedaille an einem blauen Band um den Hals gelegt.<h3> Keine Gefahr: Ratten zu leicht für Landminen</h3>Magawa war eine ganz besonders gute Spürratte. Innerhalb einer halben Stunde schaffte es das Rattenmännchen, ein Gebiet von der Größe eines Tennisplatzes nach Minen abzusuchen. Zum Vergleich: Mit einem Metalldetektor würde das vier Tage dauern.<BR /><BR />Und auch Magawa starb keinen Bombentod. Für Spürratten stellen die Landminen keine Gefahr dar. Die Tiere sind nämlich mit ihren maximal 2,5 Kilogramm Körpergewicht zu leicht, um die Minen zum Explodieren zu bringen. Magawa ist nach fünf Dienstjahren in den verdienten Ruhestand gegangen und hat den Rest seines Rattenlebens genossen. Im Jänner 2022 teilte Apopo mit, Magawa sei „im hohen Alter von acht Jahren“ friedlich eingeschlafen. Bis kurz vor seinem Tod sei er gesund und voller Energie gewesen.