Die Schließung des Museums im Corona-Jahr 2020 hat das Kloster Neustift für eine Befundung eines Nebenraums des Bibliothekssaals genutzt. Dabei wurde unter 7 Farbschichten eine außergewöhnliche Entdeckung gemacht: ein „China in Neustift“, eine profane Raumausmalung aus der Zeit des Rokoko mit chinesischen Motiven. <BR /><BR />In Absprache mit dem Landesdenkmalamt beauftragte das Stift im Februar 2021 Restaurator Hubert Mayr mit der Freilegung und Restaurierung der Malereien. Im Oktober 2021 konnten die vollständig erhaltenen Malereien, die ein idealisiertes Bild von China als eine Art irdisches Paradies darstellen, erstmals in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Nun ist auch die Restaurierung des Bodens im Chinesischen Kabinett abgeschlossen worden.<BR /><BR />Prälat Eduard Fischnaller bezeichnete bei der Vorstellung des ungewöhnlichen Fundes die Entdeckung als Geschenk zum 880-jährigen Gründungsjubiläum, welches das Kloster Neustift in diesem Jahr feiert.<h3> 250 Jahre alte Wandmalerei zeigt Reichtum der Natur</h3>Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer, der Präsident der Stiftung Sparkasse Konrad Bergmeister und Landeskonservatorin Karin Dalla Torre äußerten ihre Freude darüber, dass die erst entdeckten Wandmalereien von 1775/80 nun im Rahmen des Museumsparcours der Gesellschaft zugänglich seien. Sie seien ein Zeugnis der Begeisterung für China und Asien während des Rokoko in Europa sowie der Weltoffenheit und der kulturhistorischen Bedeutung des Stifts.<BR /><BR /> Bergmeister wünschte, dass das Chinesische Kabinett ein Symbol werde für die Toleranz gegenüber anderen Kulturen und Menschen.<BR />Stiftsverwalter Fabian Schenk dankte der Stiftung und dem Denkmalamt für die Unterstützung, mit der die 300.000 Euro teure Restaurierung möglich war.<BR /><BR />Museumskurator Hanns-Paul Ties erläuterte das inhaltliche Programm und den kulturhistorischen Kontext der Wandmalereien. Sie befinden sich in einem Raum des Bibliothekstrakts, der um 1770/75 unter Prälat Leopold I. von Zanna zu Königstein erbaut wurde und auch zum Empfang von Gästen genutzt wurde. <h3> Idealisierte Reiseberichte dienten als Vorlage</h3>Die Malereien beinhalten großformatige, mit Rokoko-Ornamenten und Blumengirlanden eingerahmte Landschaftsbilder mit asiatisch anmutenden Pflanzen, Architekturen und Figuren, Medaillons mit exotischen Vögeln und Abbildungen von geflügelten Drachen, die im alten China für Stärke, Fruchtbarkeit und Glück standen. China wurde laut Ties, genährt durch teils idealisierte Reiseberichte und Missionarsschilderungen, als weltlicher Paradiesgarten dargestellt.<h3> Allegorien der 4 Elemente abgebildet</h3>„Die 4 Hauptbilder an der Ost- und Westwand lassen sich als Allegorien der 4 Elemente interpretieren – als Allegorien jener zentralen Wirkkräfte der Natur, deren harmonisches Zusammenspiel die Grundlage allen Lebens und aller Kultur bildet“, erklärte Ties. <BR /><BR />Während sich die Darstellungen der Elemente Erde, Wasser und Luft als chinesische Alltagsszenen an Kupferstichen des Augsburger Malers Gottfried Bernhard Göz und dessen Sohns orientieren, ist die Neustifter „Allegorie des Feuers“ laut Ties frei davon gestaltet. Sie zeigt – anstelle der chinesischen Teezeremonie – ein religiöses, chinesisches Brandopfer. <BR /><BR /> Die Vorbilder für die Malereien finden sich in der kaiserlichen Hofkunst in Innsbruck. Als Mitglied des Tiroler Landtags dürfte der Neustifter Prälat Zanna die „chinoisen“ Raumausstattungen in der Hofburg gekannt und den dort tätigen Maler nach Neustift geholt haben. <BR /><BR /><embed id="dtext86-56368801_gallery" />