Geboren und aufgewachsen ist Anna Lanthaler auf dem Melcherhof in Stuls. Schon früh lernte sie, was es heißt, anzupacken. Sie ging gerne zur Schule, doch oft musste das Lernen der Arbeit am Hof weichen. Lehrerin wäre sie gern geworden – doch das Leben hatte andere Pläne. Die Liebe zur Sprache hat Anna Lanthaler jedoch nie verlassen.<BR /><BR /> Sie heiratete Karl Lanthaler († 2023), einen Lehrer, Bergführer und späteren Bürgermeister von Moos. Gemeinsam verbrachten sie in Moos ein harmonisches Familienleben mit fünf Kindern und Gästezimmern für Urlauber. Auch um Karls Eltern kümmerte sich das Paar. Und dennoch: Zwischen Kochtopf, Abwasch und Gartenarbeit schrieb Anna Lanthaler unermüdlich ihre Mundartgedichte. <BR /><BR />Ihre liebsten Rückzugsorte waren die kleine Bank bei der Waldkapelle oberhalb des Hauses und ihr Büro mit dem großen Fenster. Oft legte sich im Büro eine Katze sanft auf die Schultern der heute 91-Jährigen und schenkte ihr Wärme. „Wie ich alles unter einen Hut gebracht habe, weiß ich heute selbst nicht mehr“, erzählt sie mit einem leisen Lachen.<BR /><BR />Unzählige Gedichte hat die gebürtige Stullerin in ihrem langen Leben verfasst, viele davon im Auftrag – über 1.000 allein für Hochzeiten, die vorwiegend im Meraner Raum, aber nicht nur, gefeiert wurden. Dann waren Anna Lanthalers Kinder immer wieder gefragt, um landauf, landab Gedichte vorzutragen – Erinnerungen, die bis heute lebendig geblieben sind. Aber auch andere Kinder hatten die Ehre, verschiedene Werke der weitum bekannten Dichterin zu präsentieren.<h3> Kritische Töne angeschlagen</h3>Anna Lanthalers bevorzugtes Ausdrucksmittel war und ist die Psairer Mundart. In ihr schrieb sie unzählige Gedichte, Erzählungen und Theaterstücke – oft mit einem Augenzwinkern, manchmal nachdenklich, immer aber mit offenem Herzen. Kritisch war sie ebenfalls: Politik, Gesellschaft und die gefährdete Muttersprache – vieles ließ sie nicht unkommentiert.<BR /><BR /> Doch auch bei kritischen Tönen in ihren Gedichten blieb sie stets respektvoll: Anna Lanthaler war nie verletzend. Und der schleichende Verlust der Psairer Mundart beschäftigte sie regelmäßig – auch heute spricht sie noch darüber. „Immer weniger Psairer sagen noch ‚Hou‘“, sagt sie enttäuscht. In der Schriftsprache entstanden vor allem Erzählungen – mehrere davon wurden auch publiziert. Und wenn sie aus ihren Werken las, verzauberte sie Jung und Alt gleichermaßen.<BR /><BR /> Anna Lanthaler war aber nicht nur Mundartdichterin, sondern machte sich auch als Theaterautorin und sogar als Regisseurin und Schauspielerin einen Namen. Mit Stücken für Weihnachtsfeiern sowie Seniorentreffen und den „Plotterwind“ begeisterte sie vor allem in ihrem Heimattal. Und auch der Gesang lag ihr stets am Herzen – in der Psairer Mundart natürlich: Sie verfasste Liedtexte, organisierte offene Singrunden im Tal und sang natürlich immer gerne mit.<BR /><BR />Anfangs schrieb Anna Lanthaler ihre Werke von Hand, später auf der Schreibmaschine – einen Computer hat sie dafür nie gebraucht. Keck fragte sie einer ihrer Enkel einmal mit Blick auf ihre Handschrift: „Oma, kannst du nicht richtig schreiben?“ – eine Bemerkung, die sie nie vergessen hat. Lanthalers verstorbener Mann Karl stand ihr immer zur Seite, er war ihr Kritiker und großer Unterstützer. „Als Lehrer hat er oft geschaut, ob ich alles richtig geschrieben habe“, sagt die 91-Jährige augenzwinkernd. <BR /><BR />Und wenn ihre Kräfte auch inzwischen geschwunden sind, ganz auf das Dichten verzichten kann Anna Lanthaler nicht. Hin und wieder entstehen noch neue Verse, zuletzt etwa ein Gedicht zur Geburt einer ihrer Urenkelinnen. Denn die Dichterin ist achtfache Oma und siebenfache Uroma – und auf ihre Familie ist die gebürtige Stullerin stolz. <BR /><BR />Und die Familie der 91-Jährigen freut sich, dass die bekannte Mundartdichterin im Seniorenwohnheim in St. Leonhard liebevoll betreut wird. Auch sie selbst fühlt sich dort wohl – und genießt täglich ihr „Muas“, das so bodenständig ist wie Anna Lanthaler und ihre Werke. Die Ex-Vorsitzende des Bezirks Burggrafenamt-Passeier der Arbeitsgemeinschaft MundART schätzt diese Kraftquelle sehr.