Nunmehr schmunzelt Georg Gasslitter über die damalige Entrüstung der Frau Mutter. „Der Oswald-von-Wolkenstein-Ritt war erst kurz zuvor ins Leben gerufen worden, Hanspeter Demetz, Verena Pramstrahler und Heinz Tschugguel hatten die Spiele bei einer Stammtischrunde beim Turmwirt in Völs ausgeheckt. Es wusste niemand, was an diesem Tag auf Ross und Reiter zukommen würde“, erzählt er. <BR /><BR />Und so kam der 19. Juni 1983 – 14 Mannschaften mit 56 Reiterinnen und Reitern (30.000 Lire pro Ross und Reiter waren als Einschreibegebühren zu bezahlen) starteten bei der Trostburg in Waidbruck ins Ungewisse.<BR /><BR />Darunter auch die vier unbeschwerten Gasslitter-Geschwister als Mannschaft Kastelruth-Telfen. Zum ersten Mal traten sie den 22 Kilometer langen Ritt-Parcours nach Schloss Prösels an – und stolperten mit ihren Haflingern mehr schlecht als recht durchs Turnier. <BR /><BR />Am Ende des Tages siegte die Mannschaft aus Völs und die Gasslitter-Geschwister belegten Platz zwölf von insgesamt 14 teilnehmenden Mannschaften. <BR /><BR />„Wir hatten nicht trainieren können“, entschuldigt sich Georg heute. Angespornt vom eigenen Ehrgeiz und von Mutter Paulas Rüge, trainierten die Gasslitters in den folgenden Monaten hart mit ihren Pferden. „Mit Erfolg“, erzählt Georg Gasslitter. „Im darauffolgenden Jahr haben wir den Sieg geholt.“ Mutter Paula war besänftigt. <h3> Bis heute Rekordhalter</h3>Seither sind sieben von neun Gasslitter-Kindern vom Oberlanzin Hof – Georg, Toni, Andreas, Konrad, Reinhold, Isolde und Irmgard – eine feste Größe beim Oswald-von-Wolkenstein-Ritt und stets bereit für Außergewöhnliches. <BR /><BR />Wie etwa 1994, als die Brüder mit vier jungen Pferden alle vier Spiele des Turniers – das Ringstechen am Kofl in Kastelruth, das Labyrinth in Seis, den Galopp mit Hindernissen am Völser Weiher und den Torritt am Fuße von Schloss Prösels – gewonnen haben. Rekord. Bis heute. „Unser schönster Sieg“, so Georg Gasslitter damals in einem „Dolomiten“-Interview. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1177962_image" /></div> <BR />Die Mädels Irmgard und Isolde hingegen sorgten in den 1990er-Jahren für Furore, als sie gemeinsam mit Schwägerin Evi und Freundin Margit im Dirndl zum Ritt antraten.<BR /><BR />1999 zitterte Südtirol mit der Mannschaft Kastelruth-Telfen. Georg war damals als zweiter Reiter seiner Mannschaft am Kofl zur Paradedisziplin der Gasslitter-Brüder, dem Ringstechen, angetreten.<BR /><BR /> Nach einem unerwarteten Fehler kam ihm dann im Eifer des Gefechts im Stabübergabe-Bereich das Pferd seines Bruders in die Quere. Beim Zusammenstoß zerbarst der Stab in drei Stücke, Georg Gasslitter wurde aus dem Sattel gehoben, sein Pferd stolperte über ihn hinweg. „Ein paar blaue Flecken werden wohl bleiben“, sagte er anschließend stoisch den „Dolomiten“. Dennoch errang die Mannschaft Kastelruth-Telfen beim Turnierspiel in Seis den zweiten Platz sowie am Völser Weiher den Etappensieg.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1177965_image" /></div> <BR />Über vier Jahrzehnte später sind Konrad, Georg, Toni, Reinhold und Andreas immer noch als Reiter beim Oswald-von-Wolkenstein-Ritt mit dabei, allerdings in unterschiedlichen Formationen; mittlerweile sitzt schon die zweite Generation der Gasslitters fest im Sattel, manchmal mit den Vätern und Onkeln, manchmal auch mit Freunden. <BR /><BR />Der Beweis: Beim 42. Oswald-von-Wolkenstein-Ritt an diesem Wochenende gehen 18 Reiterinnen und Reiter mit dem Nachnamen Gasslitter ins Rennen um die begehrte Standarte – und alle sind sie miteinander familiär verbandelt. Der entfernteste Verwandtschaftsgrad: Nach-Cousin(e). <h3> Neun Siege für Georg Gasslitter</h3>Eine Sensation in der Gasslitter-Statistik ist zweifelsohne Georg, Jahrgang 1961, Bergbauer am Oberlanzin Hof. Neunmal hat er mit seinen Mannschaften gesiegt (1984, 1985, 1987, 1993, 1994, 1996, 1997, 2008 und 2015), viele Male stand er mit auf dem Stockerl. Zwei Standarten durfte die Gruppe Kastelruth-Telfen bereits für immer mit nach Hause nehmen. Georgs Geheimrezept: Reiten und Spielen mit Köpfchen, Zusammenhalt in der Mannschaft und ein Quäntchen Glück. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1177968_image" /></div> <BR />Ebenfalls beeindruckend: Von den 41 vergangenen Ausgaben des Ritts war Georg bei 40 mit dabei. „Mich fasziniert das Konzept des Oswald-von-Wolkenstein-Ritts: vier Reiter, vier Rösser, vier Spiele.“ <BR /><BR />Nur 2023 – just beim Jubiläums-Ritt – qualifizierte er sich nicht für das Turnier. Damals musste er auf den Zuschauertribünen Platz nehmen und mit seinen Kindern zittern. Diese gingen als Gruppe Kastelruth- Königswarte an den Start. Die Zwillinge Patrizia und Johannes waren übrigens 2017 mit ihren 16 Jahren die Jüngsten im Turnier. Im Vorjahr schafften es die Gasslitter-Kinder auf Platz zwei der Gesamtwertung, und somit hat die Mannschaft einen fixen Startplatz beim diesjährigen Ritt.<BR /><BR />Heuer sind alle fünf Kinder von Georg und Evi Gasslitter als Teilnehmer mit dabei – Patrizia, Johannes, Marion und Martin erneut als Gruppe Kastelruth- Königswarte, Verena als Teil von Georgs Gruppe Kastelruth-Telfen. Bruder Reinhold Gasslitter und Lukas Seehauser aus Welschnofen komplettieren die Mannschaft. Kastelruth-Telfen konnte sich vor zwei Wochen für den Ritt am Sonntag qualifizieren.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1177971_image" /></div> <BR />Auch wenn sie am Oswald-von-Wolkenstein-Parcours Konkurrenten sind, trainiert die Familie gemeinsam, in der intensiven Phase trifft man sich drei- bis viermal pro Woche. Martin, Patrizia und Johannes erklärten, worauf es ankommt: „Die Ringe am Kofl sind reine Kopfsache, das Labyrinth ist vom Reiten her das schwierigste Spiel, beim Galopp am Völser Weiher können sich viele Fehler einschleichen, und der Torritt bei Schloss Prösels ist ein leichtes Spiel, aber wenn es hakt, dann hakt es.“ Natürlich gibt es für die Kinder Tipps vom Vater, aber Georg nimmt auch gerne deren Rat an.<BR /><BR />Geritten wird vorwiegend auf reinrassigen Quarter-Pferden oder auf Quarter-Horse-Kreuzungen, die am Oberlanzin Hof gezüchtet werden. „Quarter besitzen den perfekten Körperbau für Turniere – sind schnell, wendig und behalten auch in brenzligen Situationen einen klaren Kopf, sprich diese Pferde bleiben cool“, erklärt Georg Gasslitter. <BR /><BR />Zum Einsatz kommen auch Haflinger. Johannes beispielsweise reitet seit zwei Jahren auf seiner Haflingerstute Carusa.