Donnerstag, 25. Mai 2023

Erinnerungen an den Sommer 90: Als Tina Turner Bozen rockte

Mit Tina Turner hat am gestrigen Mittwoch eine der ganz Großen des Musikbusiness die Bühne für immer verlassen. Kaum vorstellbar: Vor 33 Jahren stand die „Rock-Queen“ im Bozner Drususstadion auf der Bühne und gab ihr einziges Konzert in Südtirol. Veranstalter Franz Heel erinnert sich im Interview mit STOL.

Am 16. August 1990 stand Tina Turner in Bozen auf der Bühne.

Von:
Philipp Trojer
1981 gründete Franz Heel aus Lana seine Konzertveranstaltungsfirma „Heel Concerts“. Über 10 Jahre lang holte er damit die größten Musikacts der Welt nach Südtirol – unter anderem auch Tina Turner. Im Interview mit STOL erinnert er sich an dieses Konzerthighlight und erzählt von seiner Pionierarbeit als Veranstalter in Südtirol.

STOL: Herr Heel, wie kamen Sie 1981 auf die gewagte Idee internationale Weltstars im kleinen Südtirol auf die Bühne zu bringen?
Franz Heel: Solche Weltstars wie Tina Turner, Joe Cocker, Vasco Rossi, James Last, Udo Jürgens, Miles Davies und viele andere, deren Konzerte wir organisiert haben, sind vorher noch nie in Südtirol aufgetreten. Bei der Gründung meiner Eventfirma sah ich aber eine große Chance für unser Land aufgrund seiner geografischen Lage: Diese internationalen Künstler spielten auf ihren Tourneen Konzerte in deutschen Städten wie Berlin, Stuttgart oder München und sind dann nach Mailand, Turin oder Rom weitergereist. Während die Künstler diese Reise mit dem Flugzeug antreten konnten, musste das gesamte Equipment und der Bühnenaufbau per Lkw über den Brenner transportiert werden. Bei Tina Turner waren das beispielsweise 18 Sattelschlepper. Die Künstler wollten am liebsten täglich Konzerte geben, denn jeder Tag ohne Konzert bedeutete für sie enorme Kosten – ohne Einnahmen. Nach einem Konzert in Deutschland war es meist nicht möglich, gleich am nächsten Tag die gesamte Bühne in einer der italienischen Großstädte aufzubauen, da der Transport über den Brenner zu lange dauerte. So bot sich Bozen als Zwischenstopp an, von dem beide Seiten profitierten: Die Künstler mussten keinen konzertfreien Tag einlegen und wir konnten günstigere Preise aushandeln.

STOL: Wie haben Sie sich Zugang zum Musikbusiness verschafft?
Heel: Ich war vorher Redakteur beim Tagblatt „Dolomiten“ und hatte eigentlich keinen Bezug zum Musikbusiness. Im Gegenteil: Ich hatte von Noten keine Ahnung. Als ich 1981 verkündete, ich wolle Konzertveranstalter werden, war die Skepsis natürlich groß. Diesen Beruf gab es damals in Südtirol noch nicht. Mein erstes Konzert war dann das Konzert von Status Quo in der Grödner Eishalle, die damals am Zenit ihrer Karriere standen. Das Konzert war ein voller Erfolg und somit ein guter Start für mich. Ermöglicht hat mir diesen Einstieg ins Business ein österreichischer Freund, der mehrere Bands managte. Er unterstützte mich bei der Künstlervermittlung und stellte Kontakte zu großen Konzertagenturen in Deutschland her. Nur 3 Wochen nach dem Status-Quo-Konzert konnten wir Barclay James Harvest nach Südtirol holen, kurz darauf spielte Umberto Tozzi in der Messehalle. Außerdem organisierten wir eine Tournee mit zahlreichen deutschen Schlagersängern aus der Hitparade durch Kulturhäuser in ganz Südtirol.

Franz Heel brachte die großen Stars der Musikwelt nach Südtirol. - Foto: © privat



STOL: Sie haben in diesem Bereich Pionierarbeit geleistet. Was hat Ihnen die Zuversicht gegeben, dass Ihr Plan aufgeht?
Heel: Die Raiffeisenkasse (lacht). In der Regel haben alle Künstler schon ein Jahr vor dem Konzert 50 Prozent ihrer Gage als Anzahlung gefordert. Tina Turner hat sogar schon 2 Jahre vorher 250 Millionen Lire kassiert. Um diese Vorauszahlungen leisten zu können, war ich auf die Unterstützung der Banken angewiesen.

STOL: Wie ist es Ihnen gelungen Weltstars nach Südtirol zu lotsen?
Heel: Mit den Künstlern selbst hat man in der Regel kaum Kontakt. Die Tourneen werden vom Management organisiert. Im Laufe der Jahre habe ich einige gute Kontakte zu Managern aufbauen können. Außerdem hat sich „Heel Concerts“ von Anfang an als zuverlässiger und kompetenter Partner für Konzerte erwiesen und sich mit der Zeit auch im Ausland einen guten Namen gemacht. Natürlich ist Südtirol im Vergleich zu Berlin und München nur ein kleines Dorf, aber die Tatsache, dass sich Südtirol als idealer Zwischenstopp auf dem Weg in den Süden anbot und eben der gute Ruf der Firma führten dazu, dass wir viele große Konzerte in Südtirol veranstalten konnten. Ab 1985 sogar ohne allzu große Schwierigkeiten und Überzeugungsarbeit.

STOL: Am 16. August 1990 haben Sie Tina Turner im Bozner Drususstadion auf die Bühne gebracht. Was ist Ihnen von der „Queen of Rock“ besonders in Erinnerung geblieben?
Heel: Der Auftritt war Teil ihrer „Simply the Best“-Tournee. Was eigentlich eine Abschiedstournee sein sollte, war es dann doch nicht. Ihr Auftritt war für mich als Konzertveranstalter der Höhepunkt, auch wenn er mit einem unvorstellbaren Aufwand verbunden war. Tina Turner war damals mit 3 Bühnen unterwegs: Während sie in Bozen spielte, wurde schon für das nächste Konzert in Mailand aufgebaut und ein Konvoi von Sattelschleppern war schon unterwegs zur übernächsten Location in Neapel. Der Aufbau für ein Konzert dauerte 5 Tage, 370 Arbeiter waren daran beteiligt. Mit Tina Turner selbst hatte ich kaum direkten Kontakt. Sie wollte, dass ihre Kabine im Drusus-Stadion aussieht wie ihr Wohnzimmer zu Hause: das gleiche Sofa, der gleiche Tisch, die gleichen Farben. Die Kabinen im Drusus-Stadion waren damals nicht die schönsten. Das Konzert ist dann sehr gut gelaufen. 13.000 Fans erlebten ein unvergessliches Musikspektakel, das sie nach der gestrigen Nachricht von Tina Turners Tod sicher aus ihrem Erinnerungsschatz geholt haben.

Ein Weltstar in Bozen: Die „Dolomiten“ berichteten groß darüber. - Foto: © eg



STOL: Dabei stand das Konzert nur wenige Tage zuvor kurz vor der Absage...

Heel: Eigentlich war geplant, das Konzert auf dem Flughafen Bozen stattfinden zu lassen. Dort wäre die Zuschauerkapazität deutlich höher gewesen. 6 Tage vor dem Konzert hat uns das zuständige Ministerium in Rom dann die Genehmigung entzogen, weil es theoretisch möglich gewesen wäre, dass am Konzerttag eine Linienmaschine in Bozen notlanden muss. Wir standen mit dem Rücken zur Wand und mussten unter Hochdruck einen neuen Veranstaltungsort suchen. Wir haben bei der Gemeinde Bozen das Drususstadion angefragt. Die Gemeinde war aber nicht begeistert und verlangte eine Kaution von 100 Millionen Lire. Nur dank der Intervention des damaligen Landeshauptmanns Luis Durnwalder konnte das Konzert stattfinden. Wir mussten dann wegen der Fluchtwege eine Mauer im Stadion einreißen. Die Genehmigung erhielten wir erst am Tag vor dem Konzert.

STOL: Warum haben Sie sich aus der Veranstaltungsbranche zurückgezogen?
Heel: Wenige Jahre nach dem Tina-Turner-Konzert habe ich einen Anruf aus Memphis bekommen: Mir wurde angeboten, die Welttournee des Elvis-Presley-Museums als Direktor zu leiten, das als rollende Ausstellung mit Hunderten von Originalstücken des King of Rock 'n' Roll – darunter auch sein berühmter Cadillac – auf der ganzen Welt Station machen sollte. Es war keine leichte Entscheidung für mich, aber ich spürte, dass ich etwas Neues wagen wollte und sagte zu. Dieser Aufgabe widme ich mich bis heute.

STOL: In Ihrer Zeit als Veranstalter haben Sie viele Größen der Musikwelt persönlich kennengelernt. Wer ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Heel: An Tina Turner bin ich nicht nah genug herangekommen. Sie stieg hinter der Bühne aus ihrer Limousine aus und verschwand nach dem Konzert sofort wieder dort. Wir haben leider nicht einmal ein gemeinsames Foto gemacht. Aber mit vielen anderen Künstlern hatte ich nach den Konzerten sogar ein freundschaftliches Verhältnis. Angefangen bei deutschen Sängern wie Andi Borg oder Udo Jürgens, aber auch internationale Künstler wie James Last oder Joe Cocker waren sehr angenehme Zeitgenossen, mit denen ich eine nette, unverbindliche Freundschaft verbinde.

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