<b>Herr Baron, wie groß ist im Bundesland Salzburg das Wolfsproblem und wie geht man dort damit um?</b><BR />Maximilian Baron Mayr-Melnhof: Salzburg ist landwirtschaftlich gesehen ein kleinstrukturiertes Bundesland. Und jeder einzelne Wolf kann bereits enorme Probleme verursachen. Wir haben etwa 1800 verschiedene, meist kleine Almen. Wenn ein Wolf auf einer Alm zuschlägt, wird anschließend meist das Vieh abgetrieben, und das Problem verlagert sich auf die nächste Alm. Die Probleme mit dem Wolf in diesem Jahr waren überschaubar, 2021 waren sie groß. Der Wolf richtet immer einen volkswirtschaftlichen Schaden an. Mit seiner Vermehrung steigt dieser Schaden proportional.<BR /><BR /><b>Wurde in Ihrem Bundesland bereits ein Wolf legal entnommen?</b><BR />Mayr-Melnhof: Nein, noch nirgends in Österreich. Bis dato wurden alle Abschussbescheide beeinsprucht, weshalb sie auch nie rechtskräftig geworden sind.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="830756_image" /></div> <BR /><BR /><b>„Unsere Vorstellung wäre, dass man wolfsfreie Zonen in Almgebieten hat, weiters Randzonen, wo man Wölfe noch duldet, und Kernzonen, wo sie uneingeschränkt leben können“: Diese Aussage Ihrerseits beim Salzburger Landesjägertag 2022 deutet darauf hin, dass Sie nicht mehr an ein wolfsfreies Bundesland Salzburg glauben. Also ist die Forderung der Züchter und Bauern, dass Südtirol wieder wolfsfrei werden soll, eine Utopie?</b><BR />Mayr-Melnhof: Ich glaube nicht mehr an ein wolfsfreies Salzburg, weil ich einfach ein Realist bin. Einige österreichische Bundesländer, unter anderem auch Salzburg, bewirtschaften ihr Rot- und Gamswild über eine wildökologische Raumplanung, in der Kern-, Rand- und auch Freizonen festgesetzt sind. In den Kernzonen darf dieses Wild beispielsweise „normal“ leben und wird entsprechend dem Abschussplan bejagt. In diesen Zonen besteht auch eine Fütterungspflicht. In der Freizone wird Rotwild sehr scharf bejagt, ganz ohne Klasseneinteilung und zumeist auch über die reguläre Abschusszeit hinaus. In diesen Gebieten gilt jedoch immer der Mutterschutz: Muttertiere dürfen nicht vor den Kälbern erlegt werden. In meinen Augen würde in Salzburg eine solche Zoneneinteilung auch beim Wolf funktionieren, wenn der Wille zur Einführung da wäre. <BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-56890220_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Haben Sie ein Beispiel für eine existente Zoneneinteilung?</b><BR />Mayr-Melnhof: Ja, nehmen wir Schweden her: Dort, wo es Rentierzüchter gibt, herrscht eine Nulltoleranz gegenüber den Wölfen. Dort werden alle erlegt. Im restlichen Gebiet dürfen 400 Wölfe leben, der Rest, also der Zuwachs, wird entnommen. Und dieses System funktioniert. <BR /><BR /><b>Wäre Ihr Zonen-Vorschlag auch für Südtirol umsetzbar?</b><BR />Mayr-Melnhof: Ja, davon bin ich fest überzeugt. Bei Bedarf müsste man dieses System bzw. die Zoneneinteilung natürlich anpassen und verbessern. <BR /><BR /><b>Der Wolf kennt bekanntlich keine Grenzen: Wie würden Sie ihn eingrenzen bzw. in Zonen verbannen?</b><BR />Mayr-Melnhof: Eingrenzen ist nicht möglich, aber ein Wolf ist hochintelligent und vor allem auch lernfähig. Er lernt schnell, wo er bejagt wird und wo er seine Ruhe hat. Und er merkt es sich, wo er Mitglieder seines Rudels verloren hat, weil sie Weiden und Almen betreten haben. <BR /><BR /><b>Sie haben sich auch schon klar für eine Entnahme ausgesprochen: Wann soll ein Wolf abgeschossen werden? Und wann ist ein Wolf in Ihren Augen ein Problemwolf?</b><BR />Mayr-Melnhof: In meinen Augen ist ein jeder Wolf ein Problemwolf. Das hat nichts mit dem Wolf per se zu tun, sondern mit unserer Lebensart in unserem Kulturkreis. Wir leben in einer dicht besiedelten Kulturlandschaft, von der unser Tourismus lebt, und wir haben eine intensiv geführte Landwirtschaft sowie Weideflächen und Almen, die bewirtschaftet werden. Wir können das Rad nicht zurückdrehen, vielmehr haben wir 200 Jahre gebraucht, um die Geisel Wolf loszuwerden und uns die Heimat so zu schaffen, wie sie jetzt ist. Für den Wolf gibt es bei uns keinen Platz. <BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-56890221_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Südtirols Agrarlandesrat Arnold Schuler sieht im Wolf keine Gefahr, dass er Menschen angreifen könnte: Was sagen Sie dazu, denn immer wieder nähern sich Wölfe Siedlungen und haben auch wenig bis keine Scheu vor den Menschen?</b><BR />Mayr-Melnhof: Sein Wort in Gottes Ohr, aber er täuscht sich und hat in dieser Beziehung nicht recht. Es wird zu Übergriffen auf Menschen kommen. Ich werde dafür aber nicht die Verantwortung übernehmen, weil ich davor gewarnt habe. Der Wolf ist ein reiner Fleischfresser, er lebt vom Töten. Wenn wir dem Wolf nicht bald seine Grenzen aufzeigen, wird es zu Übergriffen auf Menschen kommen. <BR /><BR /><b>Herdenschutz mit Hunden und Zäunen: Was halten Sie als Experte davon?</b><BR />Mayr-Melnhof: Dieser Herdenschutz ist auf weniger als 10 Prozent der Flächen bei uns in Salzburg möglich. Zudem ist er immens teuer, was man dem Steuerzahler erklären muss. Man kann leicht etwas fordern, wenn man es selbst nicht bezahlen, nicht umsetzen und nicht betreuen muss. Die Zäune werden auch unseren Wildtieren die Weideflächen nehmen. Und Rauhfußhühner, die bekanntlich Tiefflieger sind, werden in den Zäunen hängen bleiben und dann elendig zugrunde gehen. Und Herdenschutzhunde sind Kampfhunde gegen den Wolf. Sie dürfen nicht sozialisiert werden. Ich habe noch keinen solchen Hund gesehen, der imstande war, einen Wolf von einem Labrador eines deutschen Touristen zu unterscheiden. Herdenschutzhunde sind gefährlich und nicht tourismustauglich.<BR /><BR /><b>Tierschützer bezeichnen es als „normal“, wenn Schafe und andere Nutztiere von Wölfen gerissen werden und elendig zugrunde gehen, weil es zur Natur gehöre, Abschüsse verurteilen sie aber und verhindern sie auch: Ist dieser Tierschutz richtig oder falsch?</b><BR />Mayr-Melnhof: Was für diese Art von Personen normal scheint, muss nicht für den Rest der Bevölkerung normal sein. Der Tierschutz insgesamt ist für die Tierschützer ein Riesengeschäft. Denn vergessen wir nicht, dass dank enormer Spenden ihre Gehälter gezahlt werden. Würden diese Spenden noch fließen, wenn die Tierschützer die Abschüsse von „Almwölfen“ unterstützen würden? Dieser Tierschutz ist weniger falsch, sondern vielmehr verlogen und dient eigentlich nur zur eigenen Versorgung.<BR /><BR /><b>Der Bär ist kein Thema im Bundesland Salzburg?</b><BR />Mayr-Melnhof: Nein, derzeit noch nicht. Für mich persönlich stellt der Bär auch ein kleineres Problem dar als der Wolf. <BR /><BR />Interview: Florian Mair<BR /><BR /><BR /><BR />