Der Gleichstellungsausschuss des Kassationshofs in Rom hatte die Sprachgesellschaft „Accademia della Crusca“ ersucht, sich zur Frage der geschlechtsneutraler Schreibweise in gerichtlichen Dokumenten zu äußern. Die Antwort lässt aufhorchen. <BR /><BR />Die Gelehrten der Accademia della Crusca warnen davor, die mit der geschlechtsspezifischen Sprache verbundene Ideologie und die Korrektur der angeblichen Verzerrungen der traditionellen Sprache überzubewerten; diese seien zum Teil das Ergebnis einer Radikalisierung, die mit kulturellen Moden verbunden sind. <BR /><BR /> Auf dieser Grundlage gibt die Accademia della Crusca dem Kassationsgericht eine Reihe von „praktischen Hinweisen“. „Die Verwendung von grafischen Zeichen, die keine Entsprechung in der Sprache haben und die durch Minderheiten-Entscheidungen einzelner Gruppen künstlich eingeführt wurden, wie gut gemeint sie auch sein mögen, sind in der Rechtssprache auszuschließen“, heißt es. Die Verwendung von Sternchen muss daher absolut ausgeschlossen werden. Das Gleiche gilt für die sogenannte „Schwa“. <h3> Maskulinum oft unvermeidlich</h3> In einer Sprache wie dem Italienischen, die 2 grammatische Geschlechter hat (männlich und weiblich), ist für die Accademia della Crusca „die Nutzung des Maskulinum und des Femininum die beste Art und Weise, um alle Geschlechter und Orientierungen zu repräsentieren. Daher sei es nicht notwendig, Begriffe wie zum Beispiel „Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen“, „Lehrer und Lehrerinnen“ zu wiederholen. <BR /><BR />Außerdem sei das Maskulinum in der Pluralform (z.B. tutti pronti, tutti sono arrivati) in vielen Fällen „unvermeidlich“. Ansonsten müssten Millionen von Seiten neu geschrieben werden, angefangen bei der Verfassung, hieß es im Schreiben der Accademia. <BR /><BR />Laut den Gelehrten könne immer das Maskulinum Plural verwendet werden, wenn es sich „abstrakt auf das Organ oder die Funktion bezieht, unabhängig von der Person, die sie konkret innehat oder ausübt“, z.B. „der Präsident des Ministerrats“. Im Übrigen schlägt die Accademie della Crusca vor, „vermehrt die in der weiblichen Form deklinierten Berufsbezeichnungen zu verwenden“ wie questora, avvocatessa und magistrata.<BR /><BR />HINTERGRUND<BR /><BR /> Die „Accademia della Crusca“ („Akademie der Kleie“) wurde 1583 in Florenz gegründet. Sie gilt als die älteste Sprachgesellschaft der Welt. Ihre Aufgabe ist bis heute das „Studium und Bewahren der italienischen Sprache“. 1612 gab die Gesellschaft das erste Wörterbuch der italienischen Sprache heraus, das bis 1923 mehrfach in erweiterten Neuauflagen veröffentlicht wurde. <BR /><BR />Zu Anfang bestand die Gesellschaft nur aus einer Gruppe von Gelehrten, die sich scherzhaft als „Crusconi“ („Kleieflocken“) bezeichneten. Ihr Ziel war nach dem Motto „die Spreu vom Weizen trennen,“ die italienische Sprache zu wahren und zu fördern. Als Symbol der Gesellschaft wurde eine Mehlmühle gewählt, wobei die Reinheit des Mehles eine Metapher für die Reinheit der Sprache war. <BR /><BR />Gegenwärtig ist die Akademie Teil der Europäischen Föderation der nationalen Sprachinstitute, die nach denselben Kriterien für den Schutz, das Studium und die Analyse der verschiedenen europäischen Sprachen arbeitet.<BR />