Seit 10 Tagen beißt Südtirol wieder die Zähne zusammen: Lockdown! Bringt er etwas? Der Eindruck ist wohl mehr, dass sich die Situation verschlimmert, unter anderem durch die mutierten Viren. Der Biostatistiker Markus Falk zeichnet ein etwas helleres Bild. Und er hat einen radikalen Vorschlag, wie Südtirol die Infektionen richtig bremsen könnte. <BR /><BR /><BR /><i>Interview: Barbara Varesco</i><BR /><BR /><BR /><b>Herr Falk, nützt der Südtiroler Lockdown etwas?</b><BR /> Markus Falk: Ja, die Zahlen sind rückläufig. Es sind von Tag zu Tag weniger Gemeinden betroffen und die Gemeinden liefern weniger Fälle. Um es mit einem Bild auszudrücken: Es rinnt weniger Wasser in der Etsch, aber es regnet noch genug.<BR /><BR /><b>Wie meinen Sie das?</b><BR />Alle Gemeinden sind die richtige Richtung unterwegs. Wir hatten vor 2 Wochen in der Peripherie ein deutlich stärkeres Infektionsgeschehen, als in den Städten. Mittlerweile hat sich das ausgeglichen. Aber es sind nicht alle gleich schnell. Leifers und Bozen sind stabil, Meran hatte die stärksten Zuwächse um den 25. Jänner und ist rückläufig. Der langsamste Bezirk ist das Pustertal. Bruneck könnte besser dastehen und das gilt letzthin auch für das Eisacktal. <BR /><BR /><b>Gibt es noch immer zu viele Kontakte?</b><BR />Falk: Ja, sonst ginge es schneller. Spanien und Portugal zeigen, dass das möglich ist. In Südtirol sind die Dinge immer etwas hartnäckig: Die Zahlen gehen schnell rauf und langsam runter. Man darf nie vergessen, dass dazu einige wenige reichen.<BR /><BR /><b>„Mutationen verändern das Spiel“</b><BR /><BR /><BR /><b>Welche Infektionszahlen könnte Südtirol bis Lockdown-Ende am 28. Februar erreichen?</b><BR />Falk: Mit den aktuellen Werten zwischen 335 und 500 Infektionen pro Tag.<BR /><BR /><b>Das ist immer noch zu viel. Zudem haben wir bestätigte Mutationen der südafrikanischen und britischen Mutanten, die laut Landesrat Widmann weder die ersten waren, noch die letzten sein werden...</b><BR />Falk: Die Mutationen haben das Spiel verändert. Sie sind auf längere Sicht ansteckender und verursachen eine höhere Krankenhauslast. Es war richtig, dass Südtirol wie das Bundesland Tirol scharf gegen die südafrikanische Mutante vorgeht. Keiner kann sich leisten, zum Exporteur dieser Mutation zu werden.<BR /><BR /><b>Und die britische Mutante?</b><BR />Falk: Ist in Italien laut Studien zu 17 Prozent verbreitet, in betroffenen Gebieten wohl noch mehr. Mittelfristig wird diese Variante die anderen verdrängen und schlägt sich härter auf Spitäler nieder. Dies könnte auch die jüngsten Steigerung bei den Intensivbetten verursacht haben, die sich von der reinen Anzahl der Fälle nicht erklären lässt. Die britische Variante wird man nicht aufhalten können. Umso wichtiger ist es, dass man die Fälle in kurzer Zeit nach unten drückt. <BR /><BR /><embed id="dtext86-47954165_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Aber wie? Es ist eh alles zu.</b><BR />Falk: Der Lockdown könnte eine Chance sein. Die Bewegungen sind eh stark eingeschränkt und das mit der Eigenverantwortung ist immer so eine Sache. Wenn ein sehr scharfes Einschreiten wie in 4 von der südafrikanischen Mutante betroffenen Gemeinden schon nötig ist, könnte man es bei allen probieren.<BR /><BR /><b>In jede Südtiroler Gemeinde soll man nur mehr mit einem negativen Antigen-Test verlassenen oder betreten können?</b><BR />Falk: Ich weiß, dass das total unsympathisch klingt, aber es ist eine Realität, mit der wir uns durchaus konfrontieren müssen. In Zukunft wird es darauf ankommen, wer geimpft ist, wer schon Corona hatte und wer einen negativen Test hat. In Österreich geht man nur mit negativem Test zum Friseur. Zudem kostet jeder Tag Lockdown unheimlich viel Geld. Da sollte man das Optimale herausholen.<BR /><BR />