<BR /><b>Etwa jeder Zweite über 50 leidet an Bluthochdruck. Warum wissen viele Betroffene davon nichts?</b><BR />Dr. Martina Hainz: Bluthochdruck verursacht meist keine Beschwerden. Wenn Beschwerden auftreten, sind diese oft unspezifisch und werden zunächst anderen Ursachen zugeschrieben. Bei Kopfschmerzen, Schwindel, Herzklopfen, innerer Unruhe oder verminderter Leistungsfähigkeit wird selten als erstes an den Blutdruck gedacht. Selbst dann, wenn ein Bluthochdruck diagnostiziert wird, wird dieser von Betroffenen aufgrund der fehlenden Symptome oft nicht als Erkrankung wahrgenommen und die Motivation für eine Behandlung ist gering. <BR /><BR /><b>Was passiert, wenn Bluthochdruck nicht behandelt wird?</b><BR />Dr. Hainz: Bleibt Bluthochdruck über Jahre unbehandelt, werden vor allem Herz und Blutgefäße in Mitleidenschaft gezogen. Das Herz wird geschwächt, die Blutgefäße versteifen. Damit steht Bluthochdruck am Anfang vieler doch schwerwiegender Erkrankungen und ist einer der bedeutendsten Risikofaktoren für Herzinfarkt und Schlaganfall, aber auch für Nierenversagen, Sehstörungen, Demenz, Impotenz und die Schaufenstererkrankung. Umso wichtiger ist es, dass Betroffene verstehen, dass eine Blutdrucktherapie nicht eine Zahl auf dem Blutdruckmessgerät behandelt, sondern ein gesundes Altwerden ermöglicht und schweren Folgen vorbeugt.<BR /><BR /><BR /><b>Ab wann liegt ein Bluthochdruck vor und wie wird er festgestellt?</b><BR />Dr. Hainz: Die Blutdruckwerte sind nicht immer gleich. Sie schwanken im Tagesverlauf und je nach Aktivität. Bei Anstrengung und Aufregung sind die Werte höher als in Ruhe, das ist normal. Bluthochdruck liegt erst dann vor, wenn die Werte in Ruhe ständig den Grenzwert von 135/85 mmHg bei Selbstmessungen zu Hause oder von 140/90 mmHg bei Messungen in der Arztpraxis überschreiten. Das heißt auch, dass mit einer einzelnen Messung nicht die Diagnose Bluthochdruck gestellt werden kann. Hierfür braucht es mehrere Messungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-71185173_quote" /><BR /><BR /><b>Können erhöhte Blutdruckwerte auch ohne Medikamente behandelt werden?</b><BR />Dr. Hainz: Bluthochdruck wird durch unterschiedliche Faktoren begünstigt. Eine wesentliche Rolle spielt der Lebensstil. Ein gesunder Lebensstil ist Grundlage jeder Therapie und kann bei nur leicht erhöhten Werten manchmal sogar eine medikamentöse Therapie verhindern. Dazu gehören regelmäßige Bewegung und eine gesunde Ernährung.<BR /><BR /><b>Können Sie das etwas ausführen?</b><BR />Dr. Hainz: Regelmäßige Bewegung hilft effektiv, den Blutdruck um bis zu 10 mmHg zu senken. Optimale Ergebnisse werden mit regelmäßigem moderaten Ausdauertraining von etwa 30 Minuten am Tag an mindestens 5 Tagen pro Woche erzielt. Ob Walken, Joggen, Wandern, Schwimmen, Rad fahren oder Tanzen – wichtig ist, dass es keine Pflicht ist, sondern im Idealfall auch Freude bereitet. Daneben sollte im Alltag soviel Bewegung wie möglich eingebaut werden. Wer auf den Aufzug verzichtet und stattdessen die Treppen steigt oder Erledigungen mit dem Fahrrad anstelle des Autos macht, hat bereits zum Teil sein Sportpensum erledigt. Bewegung trägt auch dazu bei, das Körpergewicht im Normalbereich zu halten. Jedes Kilogramm Übergewicht weniger lässt den Blutdruck um ein 1-2mmHg sinken.<BR /><BR /><b>Stichwort Ernährung...</b><BR />Dr. Hainz: Auch eine gesunde Ernährung ist wesentlich, um den Blutdruck zu senken. Empfohlen wird mediterrane Kost, das heißt viel Gemüse, Vollkornprodukte anstelle von Weizenmehlprodukten, pflanzliche Öle anstelle von tierischen Fetten, wenig Fleisch, ein- bis zweimal pro Woche fettreicher Fisch wie beispielsweise Lachs. Besondere Bedeutung kommt dem Salz zu. Da Salz Wasser im Körper bindet, erhöht es den Druck in den Blutgefäßen. Maximal 5 Gramm Kochsalz sollten pro Tag konsumiert werden, das entspricht in etwa der Menge eines Teelöffels. Verstecktes Salz findet sich vor allem in Fertiggerichten, Wurstwaren und Brot. Wird das Essen selbst und frisch zubereitet, hat man einen Überblick über die Inhaltsstoffe und kann die Zutaten selbst wählen.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-71185177_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Hat auch Kaffee Einfluss auf den Blutdruck?</b><BR />Dr. Hainz: Studien haben gezeigt, dass gewohnheitsmäßiger Kaffeekonsum von bis zu vier Tassen am Tag zu keinen erhöhten Blutdruckwerten führt. Bei Alkohol hingegen gilt: Je weniger, desto besser, denn jeder Alkoholkonsum erhöht den Blutdruck. Auch Rauchen steigert kurzfristig den Blutdruck, schädigt aber v.a. die Blutgefäße und lässt sie schneller altern. Bluthochdruck und Rauchen sind somit eine besonders gefährliche Kombination.<BR /><BR /><b>Und Stress?</b><BR />Dr. Hainz: Chronischer Stress wird oft unterschätzt. Bei vielen müsste der Tag weit mehr als 24 Stunden haben, um allem gerecht zu werden. Belastender Dauerstress wird häufig als unvermeidbar hingenommen, stellt aber einen Risikofaktor dar, der durch Umdenken und achtsames Entgegenwirken gezielt reduziert werden kann. Neben aktiven Entspannungstechniken wie Yoga, progressiver Muskelentspannung und autogenem Training kann auch ein Hobby deutlich zur Entspannung beitragen. Besonders sportliche Aktivitäten reduzieren Stress, aber natürlich auch alles andere, das von der Belastung ablenkt und Freude bereitet.<BR /><BR /><b>Hat auch der Schlaf Auswirkungen auf den Blutdruck?</b><BR />Dr. Hainz: Ja, Schlafstörungen sind ein häufiger Grund für erhöhte Blutdruckwerte. Das wissen viele nicht. Insbesondere das sogenannte obstruktive Schlaf- Apnoe- Syndrom (OSAS), das sich durch Schnarchen und nächtliche Atempausen äußert, spielt hier eine wesentliche Rolle. Der nächtliche Sauerstoffmangel durch die Atempausen verursacht immensen Stress für den Körper, und dies äußert sich unter anderem durch erhöhte Blutdruckwerte. Die gute Nachricht ist, dass auch hier eine Gewichtsreduktion wahre Wunder bewirken kann und damit nicht nur die Atempausen reduziert werden, sondern auch die Blutdruckwerte sinken. Es gibt also durchaus Einiges, das jeder selbst für seinen Blutdruck tun kann. Reicht ein gesunder Lebensstil nicht aus, gibt es erfreulicherweise gute und sichere Medikamente, die den Blutdruck effektiv und nebenwirkungsarm senken können.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-71185179_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Müssen Blutdruckmedikamente dann ein Leben lang eingenommen werden?</b><BR />Dr. Hainz: In der Regel stellt eine medikamentöse Blutdrucktherapie eine Dauertherapie dar. Ziel ist ja, den Blutdruck effektiv und langfristig zu senken, um mögliche Folgeerkrankungen zu verhindern. Man weiß, dass dies bei einem Blutdruck von unter 130/80 mmHg der Fall ist und bei den meisten Patienten dieser Zielblutdruck angestrebt wird. Leider herrscht oft der Glaube, dass Medikamente wieder abgesetzt werden können, wenn der Blutdruck in den Normbereich gesenkt wurde. Die Therapie wirkt aber nur dann, wenn sie auch zuverlässig eingenommen wird. Wird sie ohne Rücksprache mit dem Arzt beendet, steigt auch der Blutdruck wieder an.<BR /><BR /><BR /><b>Haben Blutdruckmedikamente Nebenwirkungen?</b><BR />Dr. Hainz: Moderne Blutdruckmedikamente verursachen selten Nebenwirkungen. Typische Nebenwirkungen, die abhängig von der Substanzklasse mitunter auftreten können, sind zum Beispiel trockener Reizhusten oder geschwollene Beine. Werden solche Symptome bemerkt, sollte dies dem verordnenden Arzt mitgeteilt werden. Ein Präparatwechsel ist hier die Lösung. Zudem können in den ersten Wochen Müdigkeit und Abgeschlagenheit auftreten. Lagen jahrelang zu hohe Blutdruckwerte vor, muss sich der Körper erst an die niedrigeren, nun normalen Blutdruckwerte anpassen. Dies dauert meist einige Zeit und die Symptome verschwinden von allein.<BR /><BR /><b>Was raten Sie?</b><BR />Dr. Hainz: Bluthochdruck ist eine ernstzunehmende Erkrankung, auch wenn er keine Beschwerden verursacht. Jeder kann aber aktiv etwas tun und damit schwere Folgeerkrankungen verhindern.<BR /><BR /> <a href="mailto:redaktion@stol.it" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Haben Sie einen Fehler entdeckt? Geben Sie uns bitte Bescheid.</a>