<BR /><b>Prof. Froböse, Sie sagen, wer gesund lebt, kann bis zu acht Jahre dazugewinnen. Wie sieht ein Alltag aus, der uns wirklich mehr Lebenszeit schenkt?</b><BR />Froböse: Es gilt, drei Dinge zu beachten: Bewegung, Ernährung und Regeneration – so lautet auch meine Formel Froböse. Mit Bewegung meine ich regelmäßiges Herz-Kreislauf-Training, also Ausdauer in Form von Radfahren, Walking oder Schwimmen, egal was, aber regelmäßig, mindestens drei- bis viermal die Woche jeweils 30 bis 45 Minuten lang. Zusätzlich: mindestens zweimal pro Woche Krafttraining – um Muskulatur zu erhalten oder, besser noch, aufzubauen. <BR /><BR /><i>Bevor Sie weiterlesen, stimmen Sie ab in unserer Frage des Tages!</i><BR /><BR /> <div class="embed-box"><div data-pinpoll-id="325454" data-topic="interests-properties-sp" data-autoplay></div></div> <BR /><BR /><b>Der zweite Punkt ist die Ernährung. Wie lautet Ihre Empfehlung?</b><BR />Froböse: Bitte biorhythmisch essen mit hoher Qualität. Biorhythmisch heißt, dass wir morgens auf der „Autobahn des Lebens“ viel Energie brauchen, also energiegeladen starten sollten mit komplexen Kohlenhydraten und gesunden Fetten; mittags nährstoffreich, regional, saisonal, vielfältig, bunt und abends eiweißreich. Warum das? Wir haben zwei Stoffwechselprozesse, die unterschiedliche Mikronährstoffe verlangen: tagsüber einen Energiestoffwechsel für die Energiegewinnung, nachts einen Baustoffwechsel für den Aufbau von Körperbestandteilen, und das verbraucht Energie. Das gilt es zu berücksichtigen. <BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-70544294_quote" /><BR /><b><BR /><BR />Sie sagen morgens, mittags, abends. Was ist mit Zwischenmahlzeiten?</b><BR />Froböse: Bitte nicht. Lieber vier bis sechs Stunden Pause zwischen den Mahlzeiten. Eine kleine Form des Intervallfastens im Alltag macht schon Sinn. Dauerndes Essen überfordert unseren Stoffwechsel massiv. <BR /><BR /><b>Kommt bei der Formel Froböse auch Schokolade vor? Oder Alkohol?</b><BR />Froböse: Ja, Schokolade kommt bei mir auch vor. Als Nachtisch, aber nicht ständig zwischendurch. Auch ein Tiramisù gönne ich mir – aber als Nachtisch. Und beim Alkohol muss es nicht immer 0,0 Promille sein. Wir sind auch soziale Wesen und Genuss und Wohlbefinden zahlen grundsätzlich auch auf unser Gesundheitskonto ein. Aber besser wäre, den Alkoholkonsum auf zwei bis drei Tage die Woche zu beschränken und nicht jeden Abend. Denn das ist das eigentliche Problem: Dass sich der Körper dann ständig mit Alkohol beschäftigen muss.<BR /><BR /><b>Kommen wir zum dritten Punkt der Formel Froböse: Regeneration…</b><BR />Froböse: Ja, der Körper braucht ausreichend Zeit, um zu regenerieren. Das heißt, Schlafzeiten, Schlaflänge und Schlafqualität sind weitere wichtige Faktoren für die Gesundheit.<BR /><BR /><b><BR /><div class="img-embed"><embed id="1186401_image" /></div> <BR />Kann man die eigene Fitness eigentlich messen?</b><BR />Froböse: Ja, dafür gibt es ein paar wichtige Parameter. Der erste ist die maximale Sauerstoffaufnahme – kurz VO2max. Je mehr Sauerstoff wir aufnehmen können, desto gesünder sind unsere Zellen. Sauerstoff bedeutet Leben. Die Sauerstoffaufnahme wird über das Herz-Kreislauf-Training trainiert. Diesen Wert kann man also messen und trainieren. Der zweite ist die Körper-Impedanzanalyse, dabei wird die Körperzusammensetzung ermittelt, also wie viel Fett, Wasser, Muskelmasse und Bindegewebe der Körper enthält. Ein Richtwert: Der Mann sollte 40 Prozent Muskelmasse haben, die Frau 30 Prozent, dann läuft alles gut. <BR /><BR /><b>Wie beurteilen Sie grundsätzlich den Gesundheits- oder Bewegungszustand der Gesellschaft?</b><BR />Froböse: Schlecht. Wir machen jedes Jahr den Report „Wie gesund lebt Deutschland?“ und es wird immer schlimmer. Das kann man an einigen Markern feststellen: Die Bewegungsarmut nimmt zu, die Inaktivitätszeiten werden immer länger, und vor allem bei den 30- bis 50-Jährigen gehört Alkohol inzwischen ganz selbstverständlich zum Alltag. Wir essen viele Dinge, die wir besser nicht essen sollten, und wir schlafen zu wenig, weil uns Netflix fesselt oder wir vom Smartphone nicht loskommen. Leider läuft uns bei der Gesundheit einiges aus dem Ruder. <BR /><BR /><embed id="dtext86-70544400_quote" /><BR /><BR /><b>Sie beraten auch den deutschen Bundestag. Wenn Sie Bundesminister für Gesundheit wären, was wäre die erste Maßnahme?<BR /></b>Froböse: Ich würde wieder eine Bewegungskampagne, wie damals „Trimming 130“, einführen. Sie hat dazu geführt, dass weite Teile der Gesellschaft zu körperlicher Aktivität motiviert wurden - nicht nur Sport gucken, sondern Bewegung machen. Und ich würde die Lehrpläne an Schulen und Universitäten so ändern, dass das Thema Gesundheit ein wichtiger Baustein in der Bildung und Ausbildung der Kinder und Jugendlichen wird.<BR /><BR /><b>Was Hänschen nicht lernt…<BR /></b>Froböse: …das lernt der Hans nimmermehr – genau! Gerade die Prägungsphase, die zwischen sechs und zwölf Jahren liegt, ist wichtig, weil alles, was wir in dieser Zeit lernen, verinnerlicht wird und fürs spätere Leben bleibt. <BR /><BR /><b>Bewegung ist auch im Alter wichtig und man sieht auch viele fitte Seniorinnen und Senioren. Sind die heute Sechzigjährigen fitter und leistungsfähiger als die Dreißigjährigen vor 30 Jahren?</b><BR />Froböse: Ja, man kann heute durchaus 20 Jahre lang 40 bleiben. Und wir erkennen auch, dass die 70-Jährigen von heute die 60-Jährigen von früher waren. Aber wir müssen auch sagen, dass wir heute immer mehr chronische Krankheiten haben als früher, das heißt, viele haben sehr viel früher einen hohen Blutdruck, Diabetes oder Fettstoffwechselstörungen. Ganz viele Symptome werden heute zugedeckt, zum Beispiel durch Medikamente. Deshalb merken viele gar nicht, wie krank sie eigentlich sind. Wichtig wäre, sich eine hohe Lebensqualität möglichst lange zu erhalten. Und das schaffen die meisten Menschen nicht, weil sie einfach viel zu früh krank werden. In Deutschland haben wir ab dem 60. Lebensjahr nur noch sieben bis acht beschwerdefreie Jahre vor uns. In Skandinavien sind es noch 17 bis 18 Jahre. Daran erkennt man den Unterschied bei den Gesundheitssystemen. <BR /><BR /><b>Das sind keine guten Aussichten…</b><BR />Froböse: Das wird leider immer schlimmer. Bei unserem Test „Wie gesund lebt Deutschland?“, den wir am 4. August in Berlin wieder präsentieren, überprüfen wir die Bereiche Bewegung, Ernährung, Regeneration, Schlaf, Alkohol und Tabakkonsum. Aktuell erfüllen nur noch sechs Prozent der Deutschen die Mindeststandards. Das ist viel zu wenig. Vor fünf Jahren hatten wir noch zwölf bis 15 Prozent. Das ist ein richtiges Problem.<BR /><BR /><embed id="dtext86-70544404_quote" /><BR /><BR /><b><BR />Sie sind seit Jahren in der Gesundheitsprävention tätig, Sie unterrichten an der Sporthochschule – und stellen der Gesellschaft dennoch ein so desaströses Gesundheitszeugnis aus. Ist das nicht frustrierend?</b><BR />Froböse: Ja, könnte man so sehen. Aber ich bin froh, dass ich nie aufgegeben habe und dass ich immer noch mit großer Empathie und Begeisterung für das Thema brenne. Ich bekomme viele Briefe, Mails, Dankesschreiben – deshalb weiß ich, dass ich jeden Tag einen Menschen erreiche, den ich zu einem aktiveren, gesünderen Leben motivieren konnte. Das freut mich und das reicht mir. <BR /><BR /><b>Gehörte Bewegung immer schon zu Ihrem Leben?</b><BR />Froböse: Ja, eigentlich schon. Meine Eltern haben mich sehr früh in einem Sportverein angemeldet, da war ich wahrscheinlich nicht mal zwei Jahre alt. Dann bin ich in einer Umwelt aufgewachsen, in der das natürliche Leben Realität war. Wir hatten einen Garten, in dem wir selbst Lebensmittel angebaut haben, ich bin nie gefahren worden, sondern musste immer sehen, wie ich in die Schule komme, ich war also immer schon viel zu Fuß unterwegs. So gesehen haben meine Eltern viel richtig gemacht. Einen kleinen Hänger gab es mal inmitten meiner wissenschaftlichen Karriere, da habe ich es mal ein paar Jahre lang ein bisschen schleifen lassen, auch weil ich damals einen Riss der Achillessehne hatte. Da habe ich dann weniger gemacht, aber nie ganz aufgehört.