Eine Parodontitis ist eine bakteriell bedingte Entzündung des Zahnhalteapparates, die im Gegensatz zur Gingivitis, der reinen Zahnfleischentzündung, auch Knochenabbau zur Folge hat, erklärt der Zahnarzt und Parodontologe Dr. Mirko Solderer, der Spezialist für Parodontologie der österreichischen Gesellschaft für Parodontologie ist. <BR /><BR />Die Krankheit verläuft meist langsam und schleichend, sodass sie häufig erst spät bemerkt wird. „Sie tritt meist nach dem 40. Lebensjahr auf und hat dann häufig einen mittelschweren Verlauf“, erklärt Dr. Solderer. „In seltenen Fällen kann es aber auch schon im Jugendalter zu sehr schnell und aggressiv verlaufenden Formen kommen.“ Man schätzt, dass etwa 10 bis 20 Prozent der Betroffenen unter einer schweren Parodontalerkrankung leiden. Sie muss unbedingt behandelt werden, will man seine Zähne erhalten. <h3> Zahnbelag ist Hauptursache</h3>Hauptursache für die Parodontitis ist ein bakterieller Zahnbelag auf der Zahnoberfläche. Dieser Plaque bzw. Biofilm besteht aus komplex aufgebauten Schichten und enthält Eiweiße, Kohlenhydrate und Mikroorganismen. <BR /><BR />Wird dieser Belag über Tage und Wochen wegen einer unzureichenden Zahnpflege nicht entfernt, entsteht zum einen Zahnstein, der sich mit der Zahnbürste nicht mehr entfernen lässt und zum anderen sorgen die Keime auf den Zähnen für eine Entzündung des Zahnfleisches: Es ist geschwollen, gerötet und blutet bei Berührung – Symptome, die die Zahnpflege zusätzlich erschweren.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="886403_image" /></div> <BR /><BR />Wird die Entzündung zu diesem Zeitpunkt richtig behandelt, bildet sie sich zurück. „Besteht eine Zahnfleischentzündung aber über längere Zeit weiter, kann die Entzündung auf den Zahnhalteapparat übergreifen“, erklärt Dr. Solderer. Dann geht die Gingivitis in eine Parodontitis (früher Parodontose) über. Mit der Zeit löst sich die Verbindung zwischen Zahn und Zahnfleisch und es entsteht ein Zwischenraum, die Zahnfleischtasse. Dort finden Bakterien, die im Mund vorkommen, einen idealen Lebensraum.<BR /><BR /> „Als Reaktion auf Bakterien und Entzündung baut der Körper als Schutzmechanismus den Kieferknochen schrittweise ab“, sagt der Facharzt. Dieser Vorgang verläuft in der Regel langsam, meist über Jahre und ist häufig nicht schmerzhaft. Daher bleibt die Krankheit oft unbemerkt. „Der weitere Krankheitsverlauf führt zu einer erhöhten Zahnbeweglichkeit und zu Zahnwanderungen. Ist der Zahnhalteapparat zerstört, findet der Zahn keinen Halt mehr und fällt aus.“ <h3> Risikofaktor für andere Erkrankungen</h3>Bakterien, die sich im Mundraum ausbreiten, haben aber nicht nur Auswirkungen auf die Zähne und das Zahnbett: Sie können über den Blutkreislauf auch in den übrigen Körper gelangen und fernab vom eigentlichen Infektionsherd die Gesundheit negativ beeinflussen. So ist bekannt, dass ein Zusammenhang zwischen Parodontitis und Diabetes, Lungenerkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen des rheumatoiden Formenkreises und sogar Frühgeburten besteht.<BR /><BR />Auch ein Zusammenhang zwischen Parodontitis und schweren Covid-19-Verläufen wurde erst vor Kurzem bestätigt. So hatten Covid-19-Patienten mit Parodontitis im Vergleich zu Patienten ohne Parodontitis fast 9-mal häufiger Komplikationen bis hin zum Tod entwickelt, 3,5-mal häufiger wurden sie auf die Intensivstation eingeliefert und bedurften dabei 4,5-mal häufiger ein Beatmungsgerät. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="886406_image" /></div> <BR /><BR />Es zahlt sich deshalb auf jeden Fall aus, seine Zähne und seinen Mundraum präventiv sorgfältig zu reinigen und zu pflegen oder, wenn bereits Entzündungen aufgetreten sind, diese rechtzeitig zu behandeln. <BR /><BR />Die Behandlung von Parodontitis ist umfangreich und langwierig, da die biologischen Heilungsprozesse des Körpers abgewartet werden müssen. Je nach Schweregrad kann sie unter Umständen mehrere Monate dauern. „Nach eingehender Befunderhebung und Diagnostik wird zunächst die Mundhygiene trainiert und die Zähne oberhalb des Zahnfleischsaumes gereinigt“, erklärt Dr. Solderer. <BR /><BR />Eine gute Mundhygiene ist nämlich Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie. Die Bakterien, die Ursache der Entzündungen sind, müssen so gut wie möglich aus dem Mund eliminiert werden, um eine möglichst gesunde Mundflora wiederherzustellen. Auch eine Raucherentwöhnung sollte angestrebt werden, denn Rauchen erhöht das Risiko für eine Parodontitis und erschwert auch ihre Heilung. <h3> „Erhaltungstherapie“ danach sehr wichtig</h3>Ist eine gute häusliche Mundhygiene hergestellt, folgt eine Tiefenreinigung der Zahnfleischtaschen unter Lokalanästhesie. In einigen Fällen sei sogar eine begleitende Antibiotika-Gabe indiziert, erklärt der Zahnarzt. Nach etwa 3 Monaten erfolgt eine Nachkontrolle. <BR /><BR />„Sollten dann noch Restprobleme bestehen, kann der Zahnarzt einen chirurgischen Eingriff vornehmen, der das Ziel hat, bestehende Zahnfleischtaschen zu eliminieren und wenn möglich, das Gewebe zu regenerieren.“ Sehr wichtig ist danach eine „Erhaltungstherapie“: Ist die aktive Parodontitistherapie abgeschlossen, tritt der Patient in den Recall-Zyklus ein. Je nach Risikoprofil kommt er 2- bis 4-mal zur Kontrolle und zur professionellen Zahnreinigung in die Praxis.<BR /><BR />DIE SYMPTOME<BR /><BR />Folgende Veränderungen können Anzeichen einer Erkrankung sein:<BR /><BR />blutendes Zahnfleischgerötetes und geschwollenes Zahnfleisch<BR />bewegliche Zähne <BR />Veränderung der Zahnstellung <BR />Mundgeruch <BR />Rückgang des Zahnfleisches<BR /><BR />Auch bei familiärer Häufung von Parodontitis oder wenn der Partner erkrankt ist, sollten Sie spätestens beim Vorliegen dieser Symptome einen Parodontologen aufsuchen.<BR />