Die häufigste Hernienform ist der Leistenbruch, die sogenannte Leistenhernie, erklärt Dr. Johannes Wagner, Facharzt für Allgemein- und Gefäßchirurgie. Er war bis Juni 2023 leitender Oberarzt der Viszeralchirurgie und Sektionsleiter Gefäßchirurg des Klinikums Landsberg am Lech in Deutschland und ist nun in der Marienklinik in Bozen tätig.<BR /><BR />Bei einer Leistenhernie (Hernia inguinalis) entsteht im Bereich der Leiste eine Lücke in der Bauchwand. Durch diese Lücke – Bruchpforte genannt – schieben sich Teile der Eingeweide (Bruchinhalt), zum Beispiel des Darms, hindurch, wobei diese aber noch vom Bauchfell eingeschlossen werden. Die Ausstülpung nennt der Mediziner aufgrund seines Aussehens „Bruchsack“. <h3> Männer häufiger betroffen als Frauen</h3>Männer sind deutlich häufiger von Leistenbrüchen betroffen als Frauen: „Einer von 4 Männern und eine von 50 Frauen erleiden im Laufe ihres Lebens einen Leistenbruch“, erklärt Dr. Wagner. „Das liegt daran, dass die Leistengegend bei Männern von Geburt an eine natürliche Schwachstelle darstellt.“ <BR /><BR />Die Hoden entstehen nämlich bei männlichen Kindern im Mutterleib zunächst in der Bauchhöhle. Zwischen der 28. und 33. Schwangerschaftswoche wandern sie nach unten in den Hodensack. „Dabei formen sie einen präformierten Weg durch die Bauchdecke, der sich nicht immer komplett verschließt. Man spricht von einem offenen Processus vaginalis“, erklärt der Facharzt. <BR /><BR /><embed id="dtext86-63433796_quote" /><BR /><BR />An dieser angeborenen Schwachstelle können im weiteren Verlauf des Lebens Brüche auftreten. Neben einem unvollkommenen Verschluss der Bauchdecke in der Kindheit können auch eine Bindegewebeschwäche, das Heben starker Lasten, heftiges und langanhaltendes Husten oder frühere Bauch-Operationen ursächlich für eine Hernie sein. Die Schwachstellen in der Bauchwand können also angeboren oder erworben sein. Außerdem können sie auch an anderen Stellen der Bauchwand auftreten und dort zu Brüchen führen (siehe Hernienarten). <h3> Brüche bilden sich nicht von alleine zurück</h3>Die ersten Symptome eines Bruches der Bauchwand sind ein leichtes Ziehen oder Druckgefühl, also anfangs nicht von den Symptomen einer Verstopfung oder unspezifischer Magen-Darmbeschwerden zu unterscheiden. Mitunter auch nicht von einer Leistenzerrung oder einer Hüftarthrose. „Einzig der charakteristische ziehende, teils brennende Schmerz, vor allem nach dem Husten oder Pressen weist den diagnostisch korrekten Weg. Ebenso die sich entwickelnden sicht- und tastbaren Vorwölbungen“, erklärt Dr. Wagner.<BR /><BR />Der Arzt kann Brüche der Bauchwand meist allein durch eine körperliche Untersuchung feststellen. Gelegentlich wird für eine zusätzliche Abklärung eine Ultraschall- oder Kernspin-Untersuchung vorgenommen. „Brüche bilden sich nicht von alleine zurück, sondern haben die Tendenz, an Größe zuzunehmen“, erklärt Dr. Wagner. Prinzipiell besteht die Gefahr, dass sich Darmschlingen im Bruchsack einklemmen. Dieses Risiko ist bei Männern und bei größeren Bruchpforten geringer, erklärt der Facharzt.<h3> Wann dringend operiert werden muss</h3> Das hängt damit zusammen, dass Darm, der sich in einer kleinen Bruchpforte verfängt, schneller eingeklemmt werden kann als bei einem recht großen Loch. Insgesamt sei aber das Inkarzerationsrisiko („Einklemmrisiko“) gering. Der Grund, einen Bruch zu operieren, sind beinahe immer die anhaltenden Schmerzen und Vorwölbungen, erklärt der Arzt. <BR /><BR />Werden Darmschlingen eingeklemmt, kann dies im schlimmsten Fall zum Absterben des Darms führen. Dies geht mit starken Schmerzen und häufig Erbrechen einher. Dann ist eine dringende Operation erforderlich. Prinzipiell ist aber nicht jeder Bruch operationspflichtig, eine Abklärung aber notwendig.<BR /><BR />Operiert wird heute mit einfachen und schonenden Operationsverfahren – entweder minimal-invasiv (endoskopisch), das heißt über die „Schlüsselloch-Technik“ oder offen chirurgisch. Oft kann der Eingriff auch ambulant durchgeführt und der Patient am selben Tag oder am nächsten Tag wieder nach Hause gehen. Fast immer kommen zur Bauchwandverstärkung Netze zum Einsatz, um die Bruchlücken stabil zu verschließen.<BR />