Die britische Virus-Variante ist da: Südtirol geht in einen neuen Lockdown. Die südafrikanische Mutation ist da: Mehrere Gemeinden werden Sperrgebiet. Was kommt noch auf uns zu? Wie gefährlich sind die abgeänderten Viren? Werfen sie uns im Kampf gegen die Pandemie weit zurück? s+ gibt Antworten auf aktuelle Fragen. <BR /><BR /><BR />Deutlich mehr Ansteckungen und eine höhere Sterblichkeit: Das ist kurz zusammengefasst, warum in vielen Ländern wegen der britischen und der südafrikanischen Mutationen des Coronavirus die Alarmglocken schrillen. Beides komme auch auf Südtirol zu, ist der Immunologe Prof. Bernd Gänsbacher überzeugt: „Immer wenn eine Virusmutation, die höhere Infektionszahlen zur Folge hat, überhand nimmt, steigt auch der Druck auf die Krankenhäuser“. Zudem habe die britische Variante eine höhere Sterblichkeit. <BR /><BR />Erstmals in einer Laborprobe festgestellt wurde die Mutation bereits im September 2020 in Großbritannien – daher die Bezeichnung „britische Mutation“. Tatsächlich ist die genaue Herkunft bis heute nicht geklärt. Was weiß die Forschung nach einem halben Jahr über die veränderten Erreger?<BR /><BR /><b>Was sind Mutationen?</b><BR />Bei RNA-Viren verändert sich das Erbgut ständig. Sogar in einem Tröpfchen Spucke dürften Tausende verschiedene Virus-Mutanten stecken, die sich genetisch voneinander unterscheiden. Die allermeisten Mutationen haben keinen Effekt oder sind von Nachteil für das Virus. Einige helfen ihm aber auch. In einer Art Wettlauf unter den Varianten setzen sich nämlich jene durch, die dem Virus einen Vorteil verschaffen: Das kann eine beschleunigte Verbreitung sein oder die Fähigkeit, Antikörpern des Wirts (Mensch, Tier) zu entgehen. Der Frankfurter Virologe Martin vergleicht dies mit einem Schlüssel (beim Virus), der sich immer reibungsloser im Schloss (menschlichen Zellen) drehen lässt.<BR /><BR /><b>Warum tragen die Varianten sperrige Bezeichnungen wie B.1.1.7?</b><BR />Die Bezeichnungen aus Buchstaben und Zahlen – zum Beispiel B.1.1.7 für die in Großbritannien entdeckte Mutante – erlaubt es Fachleuten, die Verwandtschaftsverhältnisse in einer Art Corona-Stammbaum nachzuvollziehen. <BR /><BR /><b>Warum sind Varianten derzeit so gefürchtet?</b><BR />In mehreren Ländern steigt die Zahl der Infizierten und damit die Belastung des Gesundheitssystems plötzlich massiv an. Oft mehr durch Zufall fiel auf, dass dabei neue Virus-Varianten im Spiel sind. Alle 3 Varianten – die britische, die südafrikanische und die brasilianische Mutation – scheinen besser übertragbar zu sein.<BR /><BR /><b>Um welche Varianten geht es?</b><BR /><BR />B.1.1.7 – Großbritannien: Die erste Probe, in der diese Variante nachgewiesen wurde, stammt aus dem September 2020. In ersten Schätzungen hieß es, sie verursache 50 bis 70 Prozent mehr Infektionen im Vergleich zu früheren Formen. Mittlerweile ist anhand einer robusteren Datenbasis davon auszugehen, dass der Zuwachs eher bei 22 bis 35 Prozent liege, sagte der Charité-Virologe Christian Drosten kürzlich. Experten sind sich allerdings einig: Auch dieser geringere Prozentsatz kann die Eindämmung der Pandemie massiv erschweren. Der britische Premierminister Boris Johnson hatte kürzlich auch von einer erhöhten Sterblichkeit gesprochen. Die Datenlage wird von vielen Fachleuten aber als zu dünn erachtet. Tatsache ist aber, dass die höheren Ansteckungszahlen zu mehr Intensivpatienten und Todesfällen führen.<BR /><BR />B.1.351 – Südafrika: Diese Variante wurde im Dezember 2020 entdeckt. Vermutet wird, dass sie entstand, weil ein hoher Anteil der Bevölkerung in Südafrika schon eine Corona-Infektion durchgemacht hatte. Drosten erklärte im NDR-Podcast einmal die Infektionslage in Townships, wo Menschen in Armut eng zusammenleben und ein hoher Anteil von ihnen bereits Antikörper aufweist: „Das ist langsam eine Herdenimmunität. Das ist etwas, wo das Virus gegen Antikörper kämpfen muss, wenn es wieder neue Leute infizieren will. Gegen diesen Immundruck würde sich so ein Virus möglicherweise mit so einer Mutation verteidigen.“ Fachleute sprechen von Escape-Mutation (Fluchtmutation).<BR />Erste Daten weisen darauf hin, dass Genesene Antikörper haben, die nicht mehr gegen die Südafrika-Variante funktionieren. Der Körper kann sich aber immer noch zur Wehr setzen, denn Antikörper sind nicht die einzige Waffe des Körpers gegen Viren. Eine zweite Infektion ist daher möglich, sie kann aber milder verlaufen.<BR /><BR />B.1.1.28P.1 – entdeckt in Japan, aus Brasilien kommend: Über diese Variante existieren relativ wenige Daten. Sie ähnelt der südafrikanischen Mutation. Wie bei dieser könnten sich bereits Genesene erneut anstecken. Brasilien gehört zu den am stärksten von der Pandemie betroffenen Ländern. Für die Metropole Manaus ergab eine Studie, dass sich mehr als 70 Prozent der Bevölkerung bis Oktober 2020 infiziert hatten. Seit Mitte Dezember wird dort wieder eine steigende Zahl von Fällen und Krankenhausaufnahmen beobachtet, das Gesundheitssystem ist kollabiert.<BR /><BR /><b>Wirkt die Impfung auch gegen die neuen Varianten?</b><BR />Die Covid-19-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna wirken auch gegen die britische und die südafrikanische Mutation, geht aus Studien des US-Gesundheitsinstituts hervor. Das Robert Koch-Institut (RKI) schreibt im Internet: „Hinweise auf eine verringerte Wirksamkeit der Impfstoffe gibt es bislang nicht.“ Ob die Impfstoffe auch gegen die sogenannte brasilianische Mutation schützen, ist noch nicht belegt. Der Hersteller Moderna hat bereits angekündigt, einen Auffrischungsimpfstoff gegen die Südafrika-Variante zu entwickeln. Auch Pfizer und Biontech halten Anpassungen für möglich, sollte es in Zukunft nötig werden. <BR /><BR /><BR /><b>Wie geht es weiter?</b><BR />Maßnahmen wie der Lockdown dürften die neuen Varianten erst einmal im Zaun halten. Herdenimmunität durch konsequente Impfungen bleiben aber das entscheidende Mittel, um der Pandemie entgegenzutreten. Klar ist: Die drei nun viel beachteten Varianten sind nicht das Ende. „Wir werden auch nächstes Jahr um diese Zeit uns Sorgen machen um bestimmte Virus-Mutanten, die wieder an anderen Stellen Veränderungen haben“, prognostiziert Virologe Drosten.<BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />