Das Um und Auf sei, über die Risikofaktoren für die koronare Herzerkrankung Bescheid zu wissen und dort bei der Vorbeugung anzusetzen, sagt der Facharzt. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="942988_image" /></div> <BR /><BR /><b>Dr. Erckert, wie groß ist das Risiko, einen Herzstillstand zu erleiden?</b><BR />Dr. Martin Erckert: In den Industrienationen ist für 75 bis 80 Prozent der Fälle von plötzlichem Herztod die koronare Herzerkrankung verantwortlich, also die Arteriosklerose von Herzkranzgefäßen. Nummerisch betrachtet ist das Risiko für einen plötzlichen Herztod in der Allgemeinbevölkerung Gott sei Dank relativ gering. Man spricht von 5 Fällen auf 10.000 bei den 50- bis 60-Jährigen. Stark erhöht ist es jedoch bei den Hochrisikogruppen, die aber auf die Gesamtbevölkerung gerechnet nicht so viele sind. Dazu zählt zum Beispiel jemand, der bereits einen Herzinfarkt überlebt hat oder dessen Herz nur mehr über eine geringe Pumpleistung verfügt, also eine „Herzschwäche“ besteht. Diese Patienten kennen wir Kardiologen aber relativ gut, weil sie eben schon mal oder schon länger Probleme haben und deshalb von uns kontrolliert und behandelt werden. <BR /><BR /><b>Wieso sollte die Herzgesundheit dann trotzdem jeden von uns angehen?</b><BR />Dr. Erckert: Weil eine koronare Herzerkrankung sich sehr langsam, oft über Jahrzehnte, entwickelt und in dieser Zeit auch meist keine Symptome auftreten. Wenn Beschwerden auftreten, dann ist das Herzkranzgefäß bereits im allgemeinen hochgradig verengt oder eine Ablagerung im Gefäß, eine sogenannte Plaque, bricht plötzlich auf und verstopft das Gefäß. Wenn man dem vorbeugen will, muss man also schon sehr viel früher ansetzen – und zwar bei den Risikofaktoren. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="942991_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><b>Welche wären das?</b><BR />Dr. Erckert: Es gibt nicht beeinflussbare Risikofaktoren, wie das Alter – das Risiko nimmt mit dem Alter zu – und das Geschlecht – Frauen sind aufgrund ihrer Hormone besser vor Herzkrankheiten geschützt als Männer, allerdings nur bis zu den Wechseljahren. Sehr wichtig sind aber die beeinflussbaren Risikofaktoren. Das sind Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes, Rauchen, Alkohol, Stress, Fehlernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel. Wenn man diese Risikofaktoren meidet oder sie behandelt, dann kann man Herzerkrankungen schon sehr gut vorbeugen. Je früher man ansetzt, umso besser. Einen Eindruck vom eigenen Herzinfarkt-Risiko gibt der Test der deutschen Herzstiftung, der online durchgeführt werden kann: https://herzstiftung.de/risiko<BR /><BR /><b>Wie beurteilen Sie die Situation in Südtirol: Leben wir herzgesund?</b><BR />Dr. Erckert: Positiv ist, dass der Durchschnittssüdtiroler relativ sportlich ist, auf der anderen Seite nimmt aber gerade bei den Kindern und Jugendlichen das Übergewicht zu. Auch was den Zigarettenkonsum angeht, gibt es noch viel Verbesserungspotenzial. Bei uns zirkulieren auch andere Drogen, wie man bei Abwasseruntersuchungen immer wieder feststellt, und auch diese können zu Herzinfarkten führen.<BR /><BR /><b>Welche Bedeutung hat die Ernährung?</b><BR />Dr. Erckert: Gesunde Ernährung ist eine Basis, mit der man schon sehr viel Gutes bewirken kann – vor allem, wenn man noch keine bekannten Herz- oder Gefäßerkrankungen hat. Gesunde Ernährung bedeutet dabei mediterrane Ernährung, also mehr Ballaststoffe durch Vollkornprodukte, mehr Obst, Gemüse und Fisch, weniger tierische Fette und Eiweiße. Auch eine salzarme Ernährung – also unter 5 Gramm am Tag – schützt das Herz und beugt hohem Blutdruck vor. Wenn jemand schon Vorerkrankungen am Herzen oder an den Gefäßen hat, dann reicht die Ernährung aber nicht aus, sondern es braucht in der Regel auch Medikamente, die aber regelmäßig und langfristig eingenommen werden müssen. <BR /><BR /><embed id="dtext86-61363576_quote" /><BR /><BR /><b><BR />Wenn ich jahre- oder jahrzehntelang ungesund gelebt habe: Ist es irgendwann auch zu spät für ein gesundes Leben?</b><BR />Dr. Erckert: Auf keinen Fall. Und das ist die gute Nachricht: Es ist nie zu spät, mit einer gesunden Ernährung und mehr Bewegung anzufangen. Was die Bewegung angeht, spricht man von täglich 30 Minuten. Ich empfehle zum Beispiel einen Schrittzähler. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass einem damit bewusst wird, wie wenig Schritte man oft an einem normalen Arbeitstag macht. Meine Empfehlung: Mindestens 8000, am besten 10.000 bis 15.000 Schritte am Tag gehen. Gerade im Alter hat Bewegung noch weitere positive Effekte, weil die Muskelmasse und die Koordination nachlassen und hier regelmäßige Bewegung gegensteuert. Wer mit Bewegung früher, regelmäßig und etwas intensiver beginnt, profitiert natürlich mehr. <BR /><BR /><b>Kann man es mit dem Sport auch übertreiben?</b><BR />Dr. Erckert: Diese Frage wird oft gestellt. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass bereits mit relativ wenig Bewegung das Herz-Kreislauf-Risiko stark sinkt, aber wenn man beginnt, extrem zu sporteln, dann steigt das Risiko wieder etwas an. Ich weiß, dass sportmedizinische Untersuchungen häufig, auch von Sportlern, kritisiert werden, weil sie eben nicht jedes Herzproblem vorhersagen können. Aber man muss auch sagen, dass diese Visite eine der wenigen Vorsorgeuntersuchungen ist, die geblieben ist. Früher gab es für die Männer die Untersuchung bei der Musterung, und es gab auch Schuluntersuchungen. Bei der sportmedizinischen Untersuchung werden auch einige Sportler mit Herzproblemen rechtzeitig „herausgefischt“. Deshalb sind und bleiben sie wichtig. Vor allem auch, weil viele mit dem Sport erst im höheren Alter beginnen, wo das Risiko ohnehin schon höher ist.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="942994_image" /></div> <BR /><BR /><b>Wenn ich keinerlei Probleme mit meinem Herzen habe, sollte ich trotzdem irgendwann vorsorglich zum Kardiologen?</b><BR />Dr. Erckert: Es muss nicht gleich der Kardiologe sein. Ein kurzes Screening auf Risikofaktoren kann auch der Allgemeinmediziner machen, also Blutdruck und Bauchumfang messen, Blutproben machen. Dazu rate ich Männern ab 35 Jahren, Frauen etwas später, weil ihre Gefäße – wie schon erwähnt – hormonell bedingt länger geschützt sind. Zum Kardiologen sollen jene gehen, die Begleiterkrankungen haben, also Diabetiker oder Nierenkranke, Patienten mit Gefäßproblemen oder hohem familiären Risiko. Aber diese Patienten werden eh meist vom Hausarzt zu uns geschickt, weil man hier genauer hinschauen muss. <BR /><BR /><b>Wie wichtig ist es, selbst Erste Hilfe leisten zu können, also die Herzdruckmassage zu beherrschen?</b><BR />Dr. Erckert: Das ist sehr wichtig, wie sich immer wieder zeigt. Auch wenn viele Angst davor haben, etwas falsch zu machen: Allein mit einer Herzdruckmassage kann man sehr viel bewirken, viel schlimmer ist, wenn man nichts tut. Denn bei einem Herzstillstand zählt wirklich jede Minute. <BR /><BR /><b>Das sollte man aber schon lernen oder?</b><BR />Dr. Erckert: Ja, das Weiße oder Rote Kreuz bieten immer wieder Kurse an, wo man das lernen kann. Wer in seinem Umfeld jemanden hat, der schon mal einen Herzinfarkt hatte, für den ist ein solcher Kurs – in meinen Augen – obligatorisch. <BR /><BR /><b>Woran erkennt man eine Herzerkrankung?</b><BR />Dr. Erckert: Ein Alarmsignal ist ein Druck oder ein brennender Schmerz im Brustkorb. Natürlich ist das nicht bei allen so, bei Frauen sind die Symptome oft anders, die Schmerzen strahlen zum Beispiel in den Nacken oder den Hals aus. Treten die Beschwerden bei Belastung auf, ist es ein Warnzeichen, treten sie in Ruhe auf, dann ist sofort die Notrufnummer 112 anzurufen. Weitere Alarmzeichen sind Atembeschwerden, wenn ein hoher Blutdruck schnell stark absinkt, komisches Herzklopfen oder kurzzeitige Bewusstlosigkeit. <BR /><BR />