<b>Von Vera Kammerer</b><BR /><BR />In einer guten Partnerschaft wird aus dem ICH und DU ein WIR – ohne dass das ICH verloren geht.“ <BR /><BR />Was zunächst klingt wie ein kluger Kalenderspruch, ist in Wahrheit eine der größten Herausforderungen in langjährigen Beziehungen. Es ist ein Balanceakt zwischen der eigenen Persönlichkeitsentfaltung und der Bewahrung des starken Wir-Gefühls. <BR /><BR />Viele Menschen haben, bewusst oder unbewusst, die Vorstellung, dass in einer Beziehung alles miteinander geteilt und möglichst viel Zeit miteinander verbracht werden sollte. Doch eine solche Verschmelzung kann auf Dauer auch erdrückend wirken. Nähe kann nur entstehen, wenn es auch ein gesundes Maß an Distanz gibt. Denn nur wer seine eigenen Freiräume lebt, kann auch immer wieder etwas Neues in die Beziehung einbringen.<h3> Das Bild der drei Kreise</h3>Studien zeigen, dass Paare, die sowohl gemeinsame als auch getrennte Aktivitäten pflegen, langfristig zufriedener sind. Diese Balance reduziert Konflikte und stärkt das Gefühl von Eigenständigkeit, was entscheidende Faktoren für langfristiges Beziehungsglück sind. Das Bild der drei Kreise veranschaulicht dieses Prinzip besonders gut. Zwei Kreise stehen dabei für die beiden einzelnen Persönlichkeiten, und dazwischen gibt es einen überlappenden Beziehungskreis. Dieser gemeinsame Bereich steht für das, was die beiden Partner miteinander teilen: Werte, Rituale, Sexualität, gemeinsame Erlebnisse und Ziele. <BR /><BR />Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die Kreise mit der Zeit verändern. Wichtig ist aber, dass sich dieser gemeinsame Raum nicht zu sehr verkleinert. Wenn beide Partner nur noch für sich leben und kaum noch Berührungspunkte haben, entsteht eine emotionale Distanz, die leise und unbemerkt zu einer Entfremdung führen kann. Das Risiko besteht vor allem dann, wenn Individualität als Rückzug verstanden wird, oder wenn Freiräume genutzt werden, um Konflikten oder Nähe aus dem Weg zu gehen. Dann kann aus gesundem Freiraum schnell ein gleichgültiges Nebeneinander werden.<BR /><BR />Psychologen sprechen in diesem Zusammenhang vom sogenannten Autonomie-Verbundenheits-Dilemma. Jeder Mensch hat ein Grundbedürfnis nach Nähe und Zugehörigkeit, aber auch nach Freiheit und Selbstbestimmung. Wenn dieses Wechselspiel nicht als Problem, sondern als Motor für gemeinsames Wachstum verstanden wird, kann dies die Partnerschaft auf ein neues Level bringen. Es geht nicht darum, sich entweder zu binden oder frei zu sein, sondern eine dynamische Beziehungskultur zu entwickeln, die beides ermöglicht.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1191531_image" /></div>