<b>Von Albert A. Feldkircher</b><BR /><BR />Zugrunde liegen unterschiedliche Rollenverständnisse sowie die Auswirkungen des Wertewandels auf Paarbeziehungen und Familie. Noch vor 50 Jahren galt die traditionelle Ehe als Standard für Paare: Geld verdienende Väter und Kinder erziehende Mütter. Innerhalb der heutigen Gesellschaft existieren unterschiedliche Ehemodelle nebeneinander, mitunter ganz unterschiedliche Ehekulturen. <BR /><BR />Während etwa – aber nicht nur – in Zuwandererfamilien noch ein patriarchalisches Familienbild vorherrscht, hat sich in unserem Kulturkreis ein partnerschaftliches Rollenverständnis bei Paaren etabliert. Und somit eine Beziehungsform, die eine Herausforderung an unsere gesamte Kommunikationsfähigkeit stellt. <h3> Im Einklang trotz Zeitdruck</h3>In der patriarchalisch geprägten Ehe waren die Rollen klar verteilt, die Aufgabenteilung stand nicht zur Diskussion. Zudem war das gesellschaftliche Umfeld klar strukturiert: strikte Ladenöffnungs- und Arbeitszeiten, eine starre Feiertagsordnung. Heute können wir de facto – teilweise auch von zu Hause aus – rund um die Uhr an Projekten arbeiten, einkaufen, im Internet surfen, Post versenden und vieles mehr. Und was früher „richtig“ war und zur jeweiligen Rolle gehörte, ist nunmehr in partnerschaftlich geführten Ehen bzw. Beziehungen eine Aufgabe individueller Gestaltung: Dabei geht es darum, das eigene Zeitmanagement zwischen Arbeit und Freizeit zu finden, Bildung und Weiterbildung zu organisieren, zwischen Konsum und Verzicht zu wählen, sich für eine weltanschauliche oder religiöse Ausrichtung zu entscheiden.<BR /><BR />Wir können überdies selbst wählen zwischen einer Lebensform als Single, einer Ehe mit oder ohne Kinder, einer Lebensgemeinschaft und/oder einer gleichgeschlechtlichen Beziehung, einer Fernbeziehung … Dem gemein ist das Bedürfnis, stimmig zu leben gemäß den eigenen Bedürfnissen, aber in Einklang mit der Umgebung und seinen Bezugssystemen.<BR /><BR />Und wenn ich von Beziehung auf Augenhöhe spreche, meine ich symmetrische Beziehungen. Sie streben nach Gleichheit, jeder der Partner verfolgt eigene berufliche Ziele und beteiligt sich ebenso an der Familien- und Hausarbeit. Aber ebenso von komplementären Formen, wenn ein Partner vorwiegend für Arbeit und Erwerb zuständig ist, während der/die andere sich beruflich einschränkt und die Hauptverantwortung für Kinderbetreuung, Familie und Hausarbeit übernimmt sowie dem anderen Teil den Rücken frei hält. <BR /><BR />Als „Doppelkarriere-Paare“ bezeichnet man hingegen all jene, die hoch qualifiziert sind und jeweils eine Berufslaufbahn verfolgen, ohne auf Kinder und ein befriedigendes Familienleben verzichten zu wollen. Sie sehen ihre Berufsarbeit in hohem Maße als sinnstiftenden Bestandteil ihrer persönlichen Identität.<h3> Die Ressource Zeit</h3>Gemeinsam haben dabei alle, dass die Ressource Zeit knapp ist. Das ist jedenfalls der sachliche Aspekt. <BR /><BR />Kritischer ist der emotionale: die Bewertung der Prioritäten. Hier kollidieren auch manche Vorstellungen. Etwa wenn der/die eine nicht versteht, dass dem/der anderen neben Familie und Partnerschaft auch die außerhäusliche, berufliche Tätigkeit etwas bedeutet. Dann entsteht der Eindruck, die Familie stehe an zweiter Stelle oder der/die Berufstätige fühlt sich nicht wertgeschätzt in seinen Bemühungen, für den Unterhalt der Familie und für einen guten Lebensstandard zu sorgen. Und man muss sich fragen: Liegt das an den patriarchalen Wurzeln? Die Probleme jedenfalls entstehen an den Schnittstellen:<BR />>in Beruf und Familie,<BR />>im Ausgleich der Partner,<BR />>im Umgangs mit Ressourcen,<BR />>bei Aushandlungsprozessen.<BR /><BR />Das passiert etwa, wenn die gemeinsam vereinbarte Berufszeit ständig einseitig überdehnt wird, sodass der/die andere zum Kompensieren gezwungen ist. Dann entzündet sich ein Streit an der Frage der Zuständigkeit und Verlässlichkeit. Und die Eigendynamik der Arbeit führt oft dazu, dass Familienzeit als Rest-Zeit definiert wird. So kann ein Defizit von Intimitäts- und Familienzeit zur Entfremdung der Partner und ihrer Lebenswelten führen. <BR /><BR />Wenn Paare an diese Schwelle sto<?TrVer> ßen, besteht akute Gefahr für ihre Beziehung. Die Spannungen las<?TrVer> sen das Gefühl aufkommen, zu kurz zu kommen, gekränkt oder missachtet zu sein. Dann steht der Wert der Beziehung in Frage.<BR /><BR /><h3> Reden Sie miteinander!</h3>Denn eine partnerschaftliche Ehe bzw. Beziehung lebt von der Kommunikation auf Augenhöhe und der Erkenntnis, dass die Lösung im sorgfältigen Umgang mit der Zeit liegt. Eine funktionierende Organisation des Alltags in Beruf und Familie setzt nämlich voraus, dass Familien- oder Paar-Zeit als existenzielle und sinnstiftende Zeit angesehen wird. <BR /><BR />So lässt sich etwa ein festes Kontingent an Familien-Zeit und der jeweilige Anteil an der Hausarbeit definieren und garantieren, was wiederum mehr Freiraum für die jeweilige persönliche/berufliche Entfaltung schafft, ohne dabei Arbeit und Karriere nachteilig einschränken zu müssen. Schließlich geht es um einen gemeinsamen Lebensentwurf.<BR /><BR /><BR /><b>Zum Autor:</b><BR /><i><Fett_DinPro>Albert A. Feldkircher</Fett_DinPro> (*1947, aus Egg/Bregenzerwald) ist Trainer, Coach und Berater in der Erwachsenenbildung – und auch in Südtirol tätig. Schwerpunkt dabei ist unter anderem die Männerberatung.</i>