Südtirol lässt derzeit viele alternative Energieressourcen liegen, stellt Sparber fest. Bei Wind- und Wasserkraft gehe noch was, aber die größten Potentiale sieht er in anderen Bereichen. <BR /><BR /><BR /><b>Südtirol will die CO2-Emissionen auf Null herunterfahren? Kann das gehen?</b><BR />Wolfram Sparber: Um das zu erreichen, werden wir auf eine Mischung setzen müssen zwischen mehr Effizienz und erneuerbarer Produktion. Wir müssen also einerseits weniger verbrauchen, und was wir verbrauchen, muss aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Das bedeutet auch, dass in mehreren Bereichen der Energieträger wechseln muss, etwa im Verkehr, dem größten Emittenten.<BR /><BR /><b>Also Strom statt Benzin und Diesel?</b><BR />Sparber: In Zukunft werden Autos, aber auch Busse oder Lkw in der Regel mit Strom fahren, etwas Wasserstoff wird auch dabei sein. Aber das meiste wird E-Mobilität sein. Auch weil ein E-Auto wesentlich effizienter ist im Energieverbrauch, der liegt bei einem Drittel vom herkömmlichen Verbrenner. Nun ist natürlich die Frage, wo kommt der Strom her? Nur wenn er grün ist, haben wir tatsächlich etwas gewonnen. <BR /><BR /><b>Wir werden also jede Menge „erneuerbaren“ Strom brauchen? Wo soll der herkommen? Nur aus der Wasserkraft?</b><BR />Sparber: Ich sehe hier noch sehr viel, ja das größte Potenzial in den Fotovoltaikanlagen. Wir haben das im Institut einmal ausgerechnet: Südtirol verfügt über so viel geeignete Dachflächen – ohne historische Gebäude und schattige Standorte –, dass wir noch 1000 Megawatt Strom zusätzlich produzieren könnten. Da sind andere mögliche Flächen wie beispielsweise Parkplätze oder Agro-Fotovoltaik noch gar nicht eingerechnet. Ein bisschen geht auch noch bei Wind- und Wasserkraft. <BR /><BR /><embed id="dtext86-58694237_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Und bei der Wärme?</b><BR />Sparber: Ein wichtiger Bereich, denn immerhin ist das der zweitgrößte Emittent. Derzeit erzeugen wir die meiste Wärme aus Erdgas, ein wenig auch aus Biomasse über Fernheizwerke. Was wir in Südtirol noch viel zu wenig nutzen, sind Wärmepumpen. Allerdings benötigen auch diese etwas Strom – und damit sind wir wieder bei der grünen Stromproduktion, die wir absolut hochfahren müssen. Schwierig wird es allerdings im Bereich der hohen Temperaturen, wie sie etwa die Industrie beispielsweise für Schmelzprozesse braucht. Da kommen wir mit Wärmepumpen nicht hin, da braucht es Gas. Die einfachste Lösung heißt hier: Biogas. <BR /><BR /><b>Einfach weil...</b><BR />Sparber: ...wir bereits die komplette Infrastruktur für die Verteilung haben, die Investitionen sind überschaubar. Wir können also in Biogas-Anlagen etwa aus Gülle und Mist unser grünes Gas produzieren und in die bestehenden Leitungen einspeisen. Biogas lässt sich auch mit Erdgas mischen, ich brauche keine getrennten Leitungen. Ich kann Biogas auch in Containern speichern – in Form von Flüssiggas (LNG) – und damit beispielsweise Lastwagen tanken. <BR /><BR /><b>Wie viel Potenzial haben wir? Wie viel nutzen wir?</b><BR />Sparber: Laut einer Studie, die allerdings bereits vor 10 Jahren durchgeführt wurde, könnten wir in Südtirol allein aus Gülle und Mist pro Jahr 35 Millionen Kubikmeter Biogas produzieren. Von diesem Potenzial nutzen wir derzeit 20 Prozent, 80 Prozent schenken wir her. <BR /><BR /><b>Man hört oft das Argument, das würde sich in der kleinstrukturierten Südtiroler Landwirtschaft nicht rentieren...</b><BR />Sparber: Das wir so wenig davon nutzen,liegt zum einen an den rechtlichen Rahmenbedingungen, die immer wieder geändert werden: Das ist für Investitionen nicht förderlich. Und ja, natürlich ist die Südtiroler Landwirtschaft kleinstrukturiert und anders als vielleicht in der Po-Ebene, wo sich eine Anlage auch schon für einen Betrieb rentieren kann, muss man hier für eine Anlage 20, 30 oder auch 100 Betriebe zusammenführen und bei jedem einzelnen Gülle und Mist abholen. Aber warum soll das nicht gehen? Wir schaffen das bei der Milch auch, auch für teils kleine Mengen, und das täglich. Gülle muss man nicht täglich holen. <BR /><BR /><b>Bräuchte es hierfür Hilfestellungen seitens des Landes?</b><BR />Sparber: Wir haben in Südtirol in einem anderen Bereich ein Beispiel, wo es gut funktioniert: bei der Klärschlamm/Müllverbrennungsanlage. Wie hier müsste man auch bei den Biogas-Anlagen Endabnehmer, Erzeuger des Rohstoffes und Betreiber an einen Tisch bringen, um zu sehen, wie man das umsetzen kann. PPP-Modelle wären hier sicher eine gute Lösung. Biogas-Anlagen bringen jedenfalls gleich jede Menge Vorteile. So macht es auch aus volkswirtschaftlicher Sicht absolut Sinn, Gas selber zu produzieren, statt es zu importieren. So bliebe das Geld in Südtirol. Es würde die Wiesen entlasten, die nicht mehr überdüngt werden, die Geruchsbelastung reduzieren und die CO2-Emissionen senken. Es hätten also alle etwas davon.<BR /><BR />