Es ist schwer, im Laufe der Evolutionsgeschichte die ersten Worte zu finden. Wer nach dem Ursprung der Sprache sucht, kann sich – anders etwa als bei frühen Werkzeugen – nicht auf prähistorische Funde verlassen. <BR /><BR />Viele Forscher vermuten, Sprache sei eher eine relativ junge Kommunikationsform, die der moderne Mensch vor rund 50.000 bis 100.000 Jahren entwickelt hat, möglicherweise ausgelöst durch eine einzelne genetische Mutation, die zur Sprechfähigkeit geführt hat.<BR /><BR /> Andere Wissenschaftler gehen davon aus, dass schon die gemeinsamen Vorfahren von Mensch und Neandertaler vor rund 500.000 Jahren auf ihre Art sprechen konnten.<BR /><BR />Anders als bei den Menschen fehlt bei ihren nächsten Verwandten im Tierreich – Menschenaffen und Affen – diese Fähigkeit. Aber sie haben ein anderes Talent. <BR /><BR />Ein internationales Forscherteam hat herausgefunden, dass südamerikanische Affen zwischen sehr hohen und sehr tiefen Lauten wechseln können – zwar ähnlich, aber noch viel ausgeprägter als Menschen. Spielt man die Tonaufnahme mit einem Viertel der Originalgeschwindigkeit ab, kann man – mit etwas Fantasie – daraus ein Jodeln der Tiere heraushören. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1210923_image" /></div> <BR />Das Ergebnis der Untersuchung, für die die Wiener und britischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Tierschutzreservat La Senda Verde in Bolivien die Rufe verschiedener Affenarten analysierten, ist in der Zeitschrift „Philosophical Transactions of the Royal Society B“ veröffentlicht worden.<BR /><BR />Demnach – so die Forscher – verfügen sowohl Menschen als auch Affen über ein Paar Stimmlippen im Kehlkopf, die schwingen, um Töne zu erzeugen. Im Unterschied zu Menschen haben Affen aber auf den Stimmlippen ein zusätzliches Membranpaar, das ihnen einen schnellen Wechsel zwischen hohen und tiefen Frequenzen und damit einen weitaus größeren Tonumfang ermöglicht.<BR /><BR />Die Frequenzsprünge der untersuchten Affenarten, darunter der Schwarz-Gold-Brüllaffe (Alouatta caraya), der Büschelkapuzineraffe (Sapajus apella), der Schwarzkappen-Totenkopfaffe (Saimiri boliviensis) und der Peruanische Klammeraffe (Ateles chamek), waren laut den Forschern bis zu fünfmal größer als die Frequenzänderungen, die mit der menschlichen Stimme möglich sind. <BR /><BR />Und: Während Menschen nur höchstens innerhalb einer Oktave jodeln können, sind die untersuchten Neuweltaffen in der Lage, bis zu dreieinhalb musikalische Oktaven zu überschreiten. Sie sind also „Ultra-Jodler“. <BR /><BR />Für ihre Arbeit befestigten die Forscher Sensoren an den Hälsen einiger Affen. So konnten sie sehen, was im Kehlkopf der untersuchten Affen vor sich ging. Auch sezierten die Forscher die Kehlköpfe toter Affen und analysierten die Frequenzen mithilfe von Computermodellen.<BR /><BR /> „Das ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie die Natur die Mittel bereitstellt, um die Lautäußerungen von Tieren zu bereichern, obwohl sie keine Sprache haben“, erklärte der Hauptautor der Studie, Stimmforscher Christian T. Herbst vom Institut für Verhaltens- und Kognitionsbiologie der Universität Wien, der Deutschen Presse-Agentur. <BR /><BR /> Die besten Jodler waren laut Jacob Dunn, Professor für Evolutionsbiologie an der Anglia Ruskin University (ARU) in Cambridge, England, und Senior-Autor der Studie, die Klammeraffen. Sie schafften ihm zufolge sogar Jodler über bis zu vier Oktaven.<h3> Was wollen Affen mit ihrem Jodeln sagen?</h3>Die Fähigkeit, über mehrere Tonlagen wechseln zu können, könnte den Forschern zufolge für die Tiere wegen ihres komplexen Sozialverhaltens, bei dem sie auf verschiedene Weise kommunizieren müssen, wichtig sein. <BR /><BR />„Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich dies entwickelt hat, um das Rufrepertoire der Tiere zu bereichern, und möglicherweise für aufmerksamkeitsstarke Veränderungen, die Diversifizierung der Rufe oder die Identifizierung ihrer selbst verwendet wird“, sagt dazu Wissenschaftler Dunn.<BR /><BR />Bislang haben die Verhaltensforscher nicht entschlüsselt, was die Affen mit ihrem Jodeln kommunizieren. „Das wäre der nächste logische Schritt“, so Herbst.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1210926_image" /></div> <BR />Und der Mensch? Der hat im Zuge der Evolution die „Jodel“-Membranen verloren, und das hat wohl mit der Entwicklung der Sprache zu tun. „Für die Sprache brauchen wir im Hals eine sehr stabile Klangquelle“, so Stimmforscher Herbst zur dpa. Die Membranen hingegen machen den Kehlkopf instabil.<BR /> <a href="https://www.stol.it/artikel/panorama/jodeln-ist-ein-spiel-mit-klangfarben" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Was Jodelkönigin Maria Sulzer über die Stimmakrobatik erzählen kann, lesen Sie hier.</a>