Freitag, 15. September 2023

Covi: „Es geht um das eigene Leben“

Auch wer ganz unten angekommen ist, kann wieder aufstehen. Das zeigt die Geschichte der 38-Jährigen Elisabeth Covi, deren Leben sich nach einem Therapie-Aufenthalt wieder zum Guten wendete.

Elisabeth Covi. - Foto: © sabes

Die Vergangenheit war für Elisabeth Covi nicht einfach, aber sie sieht ihre Zukunft klar vor sich. Mit ihrem Partner lebt sie schon seit geraumer Zeit zusammen und bezeichnet sich selbst als tierliebende Person. Sie arbeitet als Sekretärin und betreibt viel Sport, bis vor einem Jahr spielte sie intensiv Badminton.

„Ich hatte immer schon mit meinen Höhen und Tiefen zu kämpfen“

Eines Tages erkennt sie, dass sie es nicht mehr schafft, die düsteren Phasen häufen sich. Sie versucht die Situation herunterzuspielen, versteckt und ignoriert es, so gut es geht – vor sich selbst und den anderen. Bis sie eines Tages merkt, dass sie von dieser Dunkelheit beinahe verschluckt wird – aber nur beinahe.

„Ich hatte immer schon mit meinen Höhen und Tiefen zu kämpfen. Dieses Problem trage ich schon seit fast 20 Jahren mit mir herum. Ich habe natürliche Medikamente ausprobiert, um wieder schlafen zu können und ruhiger zu werden, es half aber alles nicht. Schließlich war ich so sehr am Ende, dass ich mir sagte: Entweder du tust etwas oder sonst ist es aus mit dir“, erklärt Covi.

„Ich habe eingesehen, dass es mir nicht gut geht“

Man kann Elisabeth Covis Augen sehen, dass sie die Kraft und den Willen hat, für sich zu kämpfen, aber auch, dass sie sich eingestehen kann, Hilfe zu brauchen – was nicht einfach für sie war. Irgendwann habe sie eingesehen, dass sie ein Recht dazu habe, schwach sein zu dürfen, obwohl Schwäche in unserer Gesellschaft oft nicht anerkannt werde.

„Ich habe schlussendlich akzeptiert, dass es mir nicht gut geht. Es war alles so kompliziert, ich hatte schon lange das Gefühl, dass etwas mit mir nicht stimmt. Ich begann zu zittern, wurde vergesslich, habe mich im Haus eingesperrt, obwohl ich eigentlich aktiv und sportlich bin. Ich war launisch, hatte mir angewöhnt zu viel zu trinken und litt an Schlaflosigkeit. Ich bin beim schönsten Wetter schon um 3 Uhr ins Bett gegangen und habe eine Schlaftablette genommen, um den Tag so schnell wie möglich rumzubringen. Es war schrecklich. Ich bereue jetzt, dass ich so lange gewartet habe. Hätte ich mir früher Hilfe geholt, hätte ich eine bessere Lebensqualität gehabt“, erzählt die 38-Jährige.

„Nach 5 Wochen ist festgestellt worden, dass ich eine instabile Persönlichkeitsstörung habe“


Elisabeth Covi sucht das Zentrum für stationäre Psychotherapie Bad Bachgart auf, einer Einrichtung des Südtiroler Sanitätsbetriebes für Menschen mit verschiedenen psychischen Störungen: „Meine Psychologin vom Krankenhaus Meran empfahl mir, nach Bad Bachgart zu gehen und damit hat sich für mich sehr viel verändert. Vorher war ich etwas untergewichtig, trank zu viel und hatte eine leichte Zwangsstörung, wie häufiges Händewaschen. Erst nach 5 Wochen in Bad Bachgart ist festgestellt worden, dass ich eine instabile Persönlichkeitsstörung habe.“

Diese Erkenntnis war für Covi der erste Schritt auf dem langen Weg zur Heilung: „Ich hatte Schuldgefühle, weil mein Umfeld mich so hatte aushalten müssen. Ich fühlte mich ständig angegriffen und hatte viel Wut in mir. Ich war sehr aufbrausend und hatte das Gefühl, mich ständig verteidigen zu müssen“, erzählt sie. „Mein Partner, meine Familie und Freunde haben das alles ertragen müssen und es tut mir für sie leid.

Ich habe meine Arbeit gekündigt und den Stress aus meinem Alltag genommen. Ich schlafe jetzt viel besser. Ich wache zwar noch oft auf, aber ich schaffe es mittlerweile 4 Stunden durchzuschlafen. 2 Tage vor Bad Bachgart habe ich meinen letzten Schluck Alkohol getrunken, also genau vor einem Jahr. Das ist das Fundament für meine psychische Stabilität.“

Für das eigene Wohl kämpfen

„Ich war 2 Mal für 9 ,5 Wochen in Bad Bachgart, einmal von September bis November 2022 und einmal von März bis Mai 2023. Meine Psychologin war mit großem Engagement und ihrem ganzen Herzen dabei, wofür ich ihr unendlich dankbar bin, aber man muss selbst dazu bereit sein, sich zu helfen.“

Es braucht Mut, sich Hilfe zu suchen

Elisabeth Covi fühlt sich heute freier als früher: „Vor einem Jahr hätte ich mir nicht mal vorstellen können zum Psychologen zu gehen und jetzt habe ich sogar eine eigene Selbsthilfegruppe gegründet. Psychische Erkrankungen sind von der Gesellschaft noch nicht immer akzeptiert. Man bekommt oft zu hören 'reiß dich doch zusammen', aber das ist zu wenig. Viele Menschen mit ähnlichen Problemen haben Angst davor, damit offen umzugehen. Sie schämen sich und haben das Gefühl, gescheitert zu sein. Man sollte sich aber Hilfe holen, denn es geht ja um das eigene Leben,“ erklärt sie.

„Es kostet viel Überwindung die Reaktionen der anderen auszuhalten. Einige gehen einem sogar aus dem Weg, wenn sie erfahren, dass man Probleme hat - so ist unsere Gesellschaft leider noch. Deshalb gehört viel Mut dazu, sich zu sagen „es geht mir nicht gut“ anstatt alles auszuhalten und sich zu verschließen.“

Und Covi verrät das Wichtigste, das sie in diesem letzten Jahr, das für sie tiefgreifende Veränderungen gebracht hat, gelernt hat: „Ich werde nie wieder jemanden verurteilen. Es gibt unglaublich schlimme Ereignisse, die manchen Menschen in ihrem Leben widerfahren sind. Bevor man jemanden anprangert, muss man sich fragen, was hat dieser Menschen durchmachen müssen, dass er so geworden ist.“

stol

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