„Weil die Gemeinschafts- oder Treibjagden in Südtirol nicht üblich sind, zählt das Wildverblasen zu den wichtigsten Aufgaben der Jagdhornbläser“, sagt Landesobmann Andreas Pircher.<BR /><BR />„Zu diesem Zweck spielen die Bläser der Wildart entsprechende Totsignale: Damit bringen sie vor dem erlegten Wild Respekt und Dankbarkeit, es schießen zu dürfen, zum Ausdruck“, sagt der 45-jährige Naturnser. Zu den Signalen zählen der Rot- und Rehwildtot sowie der Gams- und Steinwildtot. Auch für das Nieder- und Schwarzwild gibt es eigene Totsignale. Die Jagdhornbläserschaft im Land spielt aber nicht „nur“ Totsignale: In ihrem Repertoire ist von Märschen bis zum letzten Halali für einen Verstorbenen alles dabei. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="911566_image" /></div> <BR /><BR />Die Bläser gestalten unter anderem auch Versammlungen und Feste, aber auch Gottesdienste und Gratulationsfeiern, um nur einige Beispiele zu nennen. Sogar bei adventlichen Veranstaltungen sind sie dabei. <BR /><BR />Warum ist das Jagdhornblasen in Südtirol, im Gegensatz zu anderen Ländern, eine noch sehr junge Tradition? Denn die erste Gruppe ist vor nicht einmal 60 Jahren entstanden. Obmann Andreas Pircher weiß den Grund dafür: „Die Südtiroler Jagdtradition ist in Sachen geografischer Lage und Mentalität ausgesprochen österreichischer Prägung. Einige Besonderheiten heben Südtirol jedoch von anderen deutschsprachigen Gebieten ab. Da es in Südtirol einen freien Bauernstand gab, war die Jagd auch dem gewöhnlichen Manne zugänglich.“ Das habe dazu geführt, dass ausgesprochen höfische Praktiken in Südtirol kaum aufgekommen seien. <h3> Blick über die Grenzen Südtirols</h3>„Von einer jagdmusikalischen Tradition ist deshalb kaum etwas vorhanden“, weiß der Jagdhornbläser-Chef. Nur vereinzelt lassen sich in der Südtiroler Kunst Nachweise finden, in denen Jagdhornbläser abgebildet sind. Erst als die Jäger den Blick über die Landesgrenzen hinaus geöffnet haben, eben vor einigen Jahrzehnten, kam immer mehr der Wunsch auf, das Jagdhornblasen in Südtirol zu pflegen. <BR /><BR />„Die Anfänge dieser Brauchtumspflege sind in den 1960er Jahren zu finden, beispielgebend waren Bayern und Österreich“, blickt Obmann Pircher zurück. „Dass heute so viele Jagdhornbläsergruppen im Land aktiv sind, verdanken wir aber auch der Tradition der Blasmusik. Denn in Südtirol gibt es 209 Musikkapellen.“ Die gut ausgebildeten Bläser hätten überhaupt keine Schwierigkeiten, die relativ einfache Jagdmusik auf den Naturhörnern zu spielen. <BR /><BR />Muss man eigentlich Jäger sein, um Jagdhornbläser werden zu können? „Nein, man muss nicht zwingend Jäger sein, um Teil einer Jagdhornbläsergruppe werden zu können, die meisten Bläser und Bläserinnen sind es aber“, weiß der Landesobmann. Das Waidwerk steht aber immer ganz im Mittelpunkt: „Jagd ist Kultur und Tradition. Das müssen wir Bläser beispielsweise bei jeder Gelegenheit mit unserer Jagdmusik zum Ausdruck bringen“, sagt er. <BR /><BR />Besonders freut es Pircher, der fleißig die Werbetrommel rührt, um Nachwuchs für das Jagdhornblasen zu rekrutieren, dass immer mehr Frauen im Boot sitzen: „Aktuell haben wir 20 Bläserinnen“, betont er. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="911569_image" /></div> <BR /><BR /> Das Jagdhornblasen verbindet aber auch die Generationen und schweißt sie zusammen: Südtirols jüngster Jagdhornbläser ist der 16-jährige Lukas Kofler von der Kastelbell-Tscharser Gruppe „Spielegg“. Und der älteste Bläser heißt Wilhelm Tröbinger. Er feiert am heutigen Samstag seinen 85. Geburtstag und denkt noch nicht daran, seiner Lananer Gruppe den Rücken zu kehren.<h3> Etabliertes Parforcehorn</h3>Zu den Instrumenten: In den 1960er Jahren, als die Kunst des<BR />Jagdhornblasens in Form von organisierten Gruppen in Südtirol Fuß fasste, wurde hauptsächlich das Fürst-Pless-Horn gespielt. „Dank der geleisteten Überzeugungsarbeit der 1993 gegründeten Vereinigung der Südtiroler Jagdhornbläser und in Zusammenarbeit mit Professor Hansjörg Angerer vom Mozarteum in Salzburg hat sich das Parforcehorn, ein etwa 130 Zentimeter langes, reines Naturhorn, fast in allen unseren Gruppen etabliert“, berichtet Pircher, der dritte Obmann der Vereinigung – nach Robert Mair († 2011) und Gebhard Eisenstecken. <BR /><BR />Seminare und Schulungen sowie ausgesuchtes Notenmaterial wurden dafür organisiert bzw. zur Verfügung gestellt. Die Vereinigung stand und steht ihren Mitgliedsgruppen jederzeit mit Rat und Tat fachlich zur Seite. <BR /><BR />„In einigen wenigen Gruppen findet heute noch das Fürst-Pless-Horn seine Anwendung, wird aber auch durch seine Größe weiterhin nur als Signalhorn oder Taschenhorn verwendet, mit welchem Bläser auch alleine spontan erlegtes Wild verblasen können“, fügt der Landeschef hinzu. Andreas Pircher erwähnt aber auch, dass für den musikalischen Part in der Vereinigung Landeshornmeister Josef „Sepp“ Pircher verantwortlich zeichnet.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="911572_image" /></div> <BR /><BR /> Sein Vorgänger und erster Landeshornmeister war Pio Pescoller. Abschließend findet Obmann Pircher klare Worte: „Die Jagdmusik, das Jagdhornblasen, braucht einfach mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit“, meint der 45-Jährige. „Es ist wichtig, dass wir Jagdhornbläser die Jagd würdig vertreten. Das ist unsere Aufgabe, die wir auch bestmöglich erfüllen.“<BR /><BR />Die Jagdmusik sei auch sehr vielfältig. „Denn es muss nicht immer der ,Tiroler Jägergruß„ sein, es gibt auch andere Stücke, auch modernere, die man mit dem Jagdhorn toll zum Ausdruck bringen kann.“ Mit der Tradition dürfe aber nicht gebrochen werden, mahnt der Landesobmann. Man solle sich öffnen, dürfe aber die Wurzeln niemals vergessen.<BR />Und Landesobmann Andreas Pircher fügt hinzu: „Unser großes Ziel bleibt ohne Zweifel, dass unser Jagdhornblasen als immaterielles Unesco-Weltkulturerbe anerkannt wird.“ <BR /><BR /><BR />HINTERGRUND<BR /><BR />Am 5. Februar 1993 fand die Gründungsversammlung der Vereinigung der Südtiroler Jagdhornbläser statt. Damals gehörten 18 Gruppen dazu, heute sind es 26. <BR />Mitglied sind derzeit die Jagdhornbläsergruppen Dorf Tirol, Taisten, Eppan, Lüsen, Antholz, St. Pankraz, Lana, Naturns, Schenna, Ritten, Aldein, Schnals, Jenesien, Tisens, Schlanders, St. Andrä/Afers, Mölten, Vöran, Graun, Latsch, Kastelbell-Tschars, Mals, Gadertal-Ladinia, Matsch, Ratschings und Luttach. <BR />Zur Jubiläumsfeier am 2. Juli sind alle Interessierten eingeladen. Um 11 Uhr wird die Bergmesse am Salzla nahe der Taistner Alm im Pustertal beginnen.<BR />