In Volksliedern besungen, präsent in Volks- und Aberglauben, in Sprichwörtern und Redewendungen, gern bedichtet: Für die einen ist der Kuckuck (Cuculus canorus, zu Deutsch: der Klangreiche) ein „Herold des Frühlings“, ein Lebenskünstler, für die anderen „eine höchst problematische Natur“, ein Eierdieb. <BR /><BR />Für die Wissenschaft ist der Kuckuck ein „Brutparasit“. Das heißt, er gehört zu jenen Tierarten, die ihr Gelege nicht selbst bebrüten, sondern von Ersatzeltern (Wirten) ausbrüten lassen. Kuckucksküken schlüpfen sehr früh und werfen bald darauf ihre noch in den Eiern befindlichen „Geschwister“ aus dem Nest. <BR /><BR />Anschließend lassen sie sich als „Einzelkind“ von ihren Pflegeeltern – die gegen Ende der Fütterungsperiode um ein Vielfaches kleiner sein können – mit Nahrung versorgen. Die Fütterung mit Insekten, vor allem mit Schmetterlingsraupen lässt die Jungkuckucke schnell heranwachsen. Sie verlassen nach zwei Wochen das Nest und sind nach drei bis vier Wochen schon selbständig.<BR /><BR />Von den weltweit 130 Kuckucksarten legen knapp 60 ihre Eier ausschließlich in fremde Nester, darunter auch der Europäische Kuckuck. Dabei haben die Tiere im Laufe der Evolution besondere Strategien entwickelt, um die eigentlichen Nestbesitzer zu täuschen. Bei Kuckuckseiern beispielsweise herrscht eine erstaunliche Vielfalt in Größe, Farbe und Musterung – sie können gesprenkelt, bräunlich, gelblich oder gar blau sein. <BR /><BR />Diese perfekte Eiermimikry entstand, indem sich die fliegenden Parasiten im Lauf der Zeit auf bestimmte Wirtsvögel spezialisieren. Diese Eigenschaften werden allein durch die Gene des Weibchens bestimmt, egal mit welchem Männchen es zur Paarung kommt. Ist der Jungvogel erfolgreich geschlüpft, wird er im frühen Nestlingsalter auf Aussehen und Laute des Wirtsvogels geprägt und sucht sich diese erneut für seine Nachkommen aus.<BR /><BR />Aber genau diese „Spezialisierung“ kann dem Kuckuck jetzt zum Verhängnis werden. Denn um die Eier auszutauschen, muss er rechtzeitig zur Brutzeit bestimmter Vogelarten vor Ort sein. Doch manchmal verpasst der Kuckuck den richtigen Zeitpunkt. Ausschlaggebend für die „Verspätung“ ist der Klimawandel und die damit verbundenen höheren Frühlingstemperaturen in den Winterquartieren der Vögel. <BR /><BR />Arten wie das Rotkehlchen, die die kalte Jahreszeit normalerweise im Mittelmeerraum verbringen, kommen früher in Mitteleuropa an und beginnen hier früher mit dem Brutgeschäft. Als Spätankömmling aus dem weiter entfernten Afrika findet der Kuckuck dann bei seinem Eintreffen kein Nest mehr, in das er sein Ei legen kann. Er muss nun auf die Zweitbrut warten.<BR /><BR />Doch der Kuckuck scheint sich anzupassen. Nach Angaben der Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich gibt es Hinweise darauf, dass die Vogelart früher als noch vor 20 Jahren in West- und Mitteleuropa eintrifft. BirdLife zufolge hat der Kuckuck zehn Tage „aufgeholt“.<h3> Ausgeklügelte Strategie zur Ablenkung</h3>Beim Austausch der Eier wenden die Kuckucks-Paare ebenfalls besondere Tricks an. Forscher der Universität Cambridge haben herausgefunden, dass das Kuckucksweibchen den Nestbesitzer mit einem Ruf ablenkt, der dem eines Sperbers gleicht. Der Sperber ist ein natürlicher Feind der häufigsten Wirtsvogelarten, die Kuckuckseier ausbrüten. Während der Nestbesitzer durch den vermeintlich drohenden Vogel-Ruf abgelenkt ist, versteckt die Kuckucks-Dame ruck-zuck ihr Ei im fremden Nest. <BR /><BR />Der Kuckuck ist übrigens nicht der einzige Brutparasit in der Tierwelt. Andere Vogelarten wie der Braunkopf-Kuhstärling in Nordamerika oder der Honiganzeiger in Afrika legen ebenfalls ihre Eier in fremde Nester, ebenso Insekten (Kuckucksbienen, Goldwespen, Leuchtkäfer der Gattung Phengodes) und Fische (etwa der Kuckuckswels in Afrika). <BR /><BR />Unter Säugetieren ist Brutparasitismus sehr selten, aber es gibt Hinweise darauf, dass bestimmte Fledermausarten gelegentlich ihre Jungen in fremden Kolonien „abgeben“.