Brüssel wies die Vorwürfe zurück. „Die EU hält sich an ihre Zusagen“, sagte ein Sprecher der EU-Kommission. So seien 120 Millionen Euro zur Unterstützung der Regierung und der libyschen Bevölkerung in verschiedensten Bereichen bereitgestellt worden. Weitere 200 Millionen Euro stünden zum Großteil für Flüchtlingsprojekte in Libyen bereit.Libyen war im vergangenen Jahr Hauptdurchgangsland für Flüchtlinge auf dem Weg über das Mittelmeer nach Italien. In dem EU-Land kam im vergangenen Jahr die Rekordzahl von 181.000 Flüchtlingen an – 90 Prozent von ihnen reisten über Libyen.Seit Ende Oktober unterstützt die EU das Bürgerkriegsland Libyen deshalb durch Ausbildung beim Wiederaufbau seiner Küstenwache. Ein erster Lehrgang mit rund 90 Rekruten wurde im Februar abgeschlossen. Weitere Lehrgänge mit 41 Teilnehmern begannen laut Kommission auf Kreta und in Malta.Der libysche Ministerpräsident bezeichnete die Lage in der Flüchtlingsfrage als „dramatisch“. „Wir gehen von Tausenden aus, die sich allein in diesen Tagen auf den Weg machen“, sagte Sarraj. „Das Wetter und das ruhige Meer werden für einen massiven Zustrom sorgen.“Tatsächlich liegen die Ankunftszahlen in Italien schon jetzt über dem Vorjahresniveau. Zwischen Jänner und März kamen dort laut UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR mehr als 24.200 Flüchtlinge an. Im gleichen Zeitraum des Rekordjahres 2016 waren es knapp 19.000 gewesen.Nach jahrelangen Kämpfen zwischen bewaffneten Milizen gibt es in Libyen seit März vergangenen Jahres unter Sarraj eine von der UNO unterstützte Regierung der nationalen Einheit. Ihr ist es aber bisher nicht gelungen, die Kontrolle über weite Teile des Landes zu erlangen.Sarraj räumte ein, dass es „viele Menschenrechtsverletzungen“ bei Flüchtlingen in Libyen gebe. Er verwies darauf, dass „Libyen gerade sowohl politisch als auch wirtschaftlich eine große Krise erlebt“. Seine Regierung akzeptiere „keine Menschenrechtsunterdrückung“. Sie brauche aber internationale Hilfe, um die Lage der Migranten verbessern zu können.apa/afp