Frech und ausgelassen präsentiert sich die junge Truppe des Regisseurs Alex Balga bereits im ersten Bild dem erwartungsvollen Publikum des Bozner Stadttheaters. Die Blumenkinder stürmen von der Bühne in den Zuschauerraum, lächeln ihr auffordernd programmatisches „Frieden und Freude Lächeln“ und versuchen Räucherstäbchen schwingend und Protestplakate entrollend den ehrwürdigen großen Saal mit Glück und Liebe aufzuheizen.Hoffnung auf ein Zeitalter des UmdenkensDas Erfolgsmusical, das von 1968 bis 1972 über 1.742 Vorstellungen am New Yorker Broadway lief, fängt das ungeheuerliche Lebensgefühl einer ganzen Generation von Jugendlichen ein, die gegen den Status quo rebellierten, mit Blumen Kanonen verstopften, mit freier Liebe den Mief des konservativen Vorstadt-Amerikas abschüttelten und sich in eine neue, offene, Tabu-lose Gemeinschaft hineinträumten. Das Zeitalter des Wassermanns, „The Age of Aquarius“, war angebrochen.Mitreißende Rhythmen, präzise ChoreographieSchnell, temperamentvoll und sicher präsentiert sich die tribe unter ihrem smarten Dance Captain Romeo Salazar in der energischen und mitreißenden Choreographie von Natalie Holtom. Frei nach alten Indianertänzen und dem dumpfen Rhythmus afrikanischer Trommeln powert das Ensemble über die Bühne, Haare und Köpfe fliegen, Beine hämmern fast im Marsch über die Bretter, einer befreienden Kinderjagd manchmal näher als einem sinnlich –vernebeltem Hippieabenteuer. Die Kraft der Tänzer ist ansteckend, ihr Enthusiasmus ebenfalls.Vier junge Männer auf der Suche nach der eigenen FreiheitDie vier männlichen Hauptdarsteller Dirk Johnston als vergeistigter Claude, der Bozner Hannes Staffler als selbstverliebter kraftvoller Berger, OJ Lynch als kämpferischer Ghettoschwarzer Hud und Thomas Hohler als experimentierfreudiger Woof machen ihre Sache durchwegs gut. Sie überzeugen durch die Kraft ihrer Körperlichkeit, vermögen allerdings ihrer Stimme nicht immer den selben starken Ausdruck zu verleihen. Die Akustik unterstützt die Sänger nicht überall, oft kommen sie nicht gegen die Lautstärke der Band an, kämpfen sich nur mühevoll wieder in den Vordergrund.Die humorvollen und direkten Ansprachen an das Publikum und die freudige Interaktion der Schauspieltruppe untereinander transportieren das naiv-rebellische Gefühl der Hippie Generation manchmal besser als das etwas plakative Bühnenbild mit den obligatorischen zerbeulten und bemalten Autos oder die ostentative Haschischzigarette, die angezündet, weitergereicht und ausgelöscht wird.Die eigentliche Struktur der Handlung, die bereits von den beiden Autoren Gerome Ragni und James Rado zum „Happening“ und „heidnischen Ritual“ verzerrt wurde, bleibt etwas im Hintergrund. Die individuelle Befindlichkeit, der Vietnamkrieg, die Rassenproblematik werden angesprochen, dann aber in schönster Musical-Manier rasch heiter an die Wand getanzt.Es bleiben die streitbaren Plakate auf den Rängen, der penetrante Geruch von Räucherstäbchen in der Nase und das gute Gefühl purer Lebensfreude, vom temperamentvollen Volk auf der Bühne mitten ins Publikum katapultiert. Jutta Telser