Wenn Klaus Gerosa über Projekte der „Stillen Hilfe“ einen Vortrag hielt, kam er manchmal mit Tausenden gespendeten D-Mark in Münzen und kleinen Scheinen nach Hause. Die Solidarität der Menschen hat ihn damals sehr beeindruckt, wie er erzählt.<BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><b>Herr Gerosa, erinnern sie sich noch an die Kindergarteneröffnung in Eggen 1986?</b><BR />Klaus Gerosa: Damals war Gerhard Bletschacher als Erster Vorstand anwesend, wobei diese Art von Eröffnungen ähnlich abliefen. Es sprachen meist Landesrat Alois Zelger, dann der jeweilige Bürgermeister, dann Herr Bletschacher wie üblich einige Worte, wobei er meist mit einem Bus mit voller Besetzung von Mitgliedern der „Stillen Hilfe“ anreiste. Bletschacher kann sich sehr gut daran erinnern, in Deutschnofen waren damals mindestens 70 bis 90 Südtiroler dabei.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="642365_image" /></div> <BR /><b><BR />Im Raum Bozen unterstützte die Stille Hilfe weitere Kindergartenprojekte – in Steinegg, Lengstein, Mölten, Deutschnofen und in Tiers. Wie hat es der Verein geschafft, landesweit über 70 Projekte umzusetzen?</b><BR />Gerosa: Nach der Erinnerung von Herrn Bletschacher waren diese Finanzierungen Gemeinschaftsaktionen unterschiedlicher Allianzen, die er und einige Helfer jeweils zusammengeführt haben: die Spenden eines solchen Gemeinschaftswerks waren im Schnitt jeweils 100.000 bis 120.000 D-Mark (50.000 bis 60.000 Euro). <BR /><BR /><embed id="dtext86-48968643_quote" /><BR /><BR />Zuerst kam die Basis von der „Stillen Hilfe“, die damals um die 20.000 bis 30.000 Mitglieder hatte, dann kamen einige Gelder vom Land Südtirol, zudem von der Gemeinde, von kirchlichen Gruppen oder der Diözese und so fort. Allein der erste Kindergarten in St. Felix war weitgehend von der Stillen Hilfe finanziert.<BR /><BR /><b>In Ihrem Buch „Das karge Leben“ beschrieben Sie das harte Los der Südtiroler Bergbauern. Haben auch ihre Filme im Bayerischen Fernsehen dazu beigetragen, dass viele Bundesbürger von 1963 bis 2000 so viel gespendet haben?</b><BR />Gerosa: Zuerst schrieb ich einen Artikel, dann machte ich dazu einige Filme, parallel kam das Buch, dazu eine Video-Verkaufsaktion und viele Vorträge in Deutschland. Die Filme im Bayerischen Fernsehen allerdings brachten sehr viele Sympathien für Südtirol, viele Anfragen und auch viel Geld zusammen. Da ich als freier Fernseh-Journalist im Bayerischen Fernsehen bekannt war, haben damals die Redaktionen wochenlang die Anrufenden bedient, Adressen vermittelt, Konten bekanntgeben. Herr Bletschacher saß wochenlang im Vereinsbüro im Keller seines Hauses in München und hat nachts die einlaufenden Spenden gebucht und Spendenquittungen herausgeschrieben. Und wenn ich einen Vortrag im Saal hatte, kam ich manchmal mit Tausenden von D-Mark in Münzen und kleinen Scheinen nach Hause. Die Filme mit beeindruckenden Bildern und Aussagen, auch die Bestätigungen dazu von Augenzeugen, haben überzeugt. Die Solidarität der Menschen hat mich damals sehr beeindruckt!<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="642368_image" /></div> <BR /><BR /><b>Wie hat sich Südtirol seit der Gründung der „Stillen Hilfe“ im fernen Jahr 1963 entwickelt?</b><BR />Gerosa: Gerhard Bletschacher sagt dazu: Phänomenal! Er erinnert sich daran, wie arm damals die Südtiroler Bergbauern waren – und dass es aber notwendig war, sie als Bewahrer unserer alpinen Natur und Kultur zum Bleiben zu bewegen, eine Abwanderung zu Billigarbeitsplätzen im Tal hinzunehmen mit Inkaufnahme eines Verlusts von Südtiroler Charakteren, Kultur und Landschaften. Ich denke, dass Südtirol heute wirtschaftlich eine stabile Größe geworden ist, und es könnte als europäische Region sogar Hilfe für eine schwächere Region zu deren Aufbau leisten. Da gibt es aktuell und nach Überwindung der Pandemie sogar in der regionalen Nachbarschaft einige Möglichkeiten, beispielsweise in Berggebieten der Lombardei.<BR /><BR /><BR /><BR />