<b>von Johannes Vötter</b><BR /><BR />Ob irritierendes Gebaren am Arbeitsplatz oder Beziehungskiller in den eigenen vier Wänden: Seit Smartphones untrennbarer Teil des Alltags sind, beschäftigen sich Soziologen und Psychologen zunehmend mit den Verhaltensauffälligkeiten, die dieses „smarte“ Leben mit sich bringt.<BR /><BR />Gleich mehrere Studien beleuchten die Ursachen und Folgen von „Phubbing“ <I>(siehe Infokasten unten)</I> und artverwandten Phänomen. Bereits 2019 – also noch vor Corona – etwa belegte eine US-Studie, wie sehr dieses Verhalten z.B. die Arbeitsqualität negativ beeinflussen oder das Vertrauen in Vorgesetzte untergraben kann. Parallel dazu zeigten türkische Forscher einen möglichen Zusammenhang zwischen neurotischem Verhalten und der „Phubbing“-Anfälligkeit auf.<BR /><BR />Wirklich aufhorchen aber ließen in weiterer Folge (2022) zwei chinesische Studien: Darin wurde einerseits festgestellt, dass besorgte und ängstliche Jugendliche das „Phubbing“ als elterliches Zeichen für Desinteresse und Ablehnung interpretierten. Andererseits wurde erstmals der Zusammenhang mit sozialen Ängsten und sogar Depressionssymptomen verortet. <BR /><BR />So seien Kinder „phubbender“ Eltern selbst anfälliger für Suchtverhalten am Smartphone. Das reiche vom ständigen Konsum von „Memes“ <I>(Kurzvideos)</I> auf TikTok & Co bis hin zu größerer Cybermobbing-<?Uni SchriftWeite="96ru"> Gefahr. Vor allem deutsche Medien griffen<?_Uni> dieses Thema zuletzt erneut auf, zumal der australische Autor Yeslam Al-Saggaf mit seinem Buch <I>„Die Psychologie des Phubbing – Ursachen und Auswirkungen der Smartphone-Nutzung in Gesprächssituationen“ (Springer, 2023, dt. Übersetzung)</I> hier dem Feuilleton Zündstoff lieferte.<BR /><BR /><h3> Schützende Barrieren & gemeinsame Gegenmaßnahmen</h3>Doch bei aller grauen Forscher-Theorie stellt sich mit Blick aufs menschliche Verhalten – ob Kinder, Jugendliche, Erwachsene oder Senioren – die fast rhetorische Frage: Ist „Phubbing“ nicht längst Teil des modernen Alltags? <BR /><BR />Das zeigt sich auch in der Anfrage beim Sozialpädagogen Manuel Oberkalmsteiner vom Forum Prävention: „Stimmt, das lässt sich vielerorts beobachten – ob an der Bushaltestelle oder im Urlaub am Strand.“ Doch nicht immer sei dies Suchtverhalten, wie er mehr Differenzierung anmahnt: „Viele Menschen nutzen ihr Smartphone, um einen Schutzwall um sich herum aufzubauen – meist aus einer bestimmten Unsicherheit heraus. Sie wollen sich also abschotten oder bestimmte Situationen bzw. verbale Übergriffe vermeiden. Das zeigen auch viele Gespräche in unserer Arbeit z.B. mit Schulklassen. Da erzählen viele, dass sie das Handy nutzen, um sich in unangenehmen Situationen zurückzuziehen oder auch wenn sie einfach keinen ‚Bock‘ auf Gespräche haben.“ Ältere Generationen nutzten für dieses gesellschaftliche Ausklinken eher ein Buch oder hörten mit Kopfhörer Musik, heute sei das Smartphone das zentrale Medium.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1069635_image" /></div> <BR /><BR />Aus diesem Grund sieht Oberkalmsteiner das Suchtpotenzial auch nicht besorgniserregend, zumal sich die vorliegenden Studien diesbezüglich uneinig seien: „Die Erkenntnisse daraus haben alle et<?TrVer> was für sich, denn tatsächlich arbeiten Apps wie TikTok oder andere soziale Medien mit suchtmachenden Methoden. Aber ähnlich wie bei Onlinespielen ist der persönliche Umgang entscheidend.“<BR /><BR />Wenn jemand jedoch – etwa in einer Familie oder mit Freunden – während eines Gespräches dem Reiz des Handys partout nicht widerstehen könne, dann gelte es, <?Uni SchriftWeite="96ru"> dem dahintersteckenden „Warum“<?_Uni> auf den Grund zu gehen, so der Experte: „Und je mehr man sich das als Ausweg antrainiert, umso schwieriger wird es, davon wieder wegzukommen.“ <BR />Daher plädiert Oberkalmsteiner für ganz bewusste Maßnahmen, die Eltern mit ihren Kindern oder auch Freunde gemeinsam vereinbaren könnten: „Wichtig ist, den eigenen Medienkonsum genau zu beobachten.<BR /><BR />Dann kann man bestimmte Maßnahmen – wie eine bewusste Medienzeit – ergreifen, die für die eigenen Kinder Vorbild sind. Etwa, dass beim Essen das Handy weggelegt wird. Ähnliches lässt sich auch im Freundeskreis machen – etwa: Wer zuerst das Handy zückt, muss eine Runde zahlen. Oder man spricht am Arbeitsplatz ganz offen darüber, wenn die Handy-Nutzung währende eines Gesprächs stört.“ Nur so können sich, wie Oberkalmsteiner abschließend befindet, an<?TrVer> stelle von Phänomenen wie „Phubbing“ angemessene soziale <?Uni SchriftWeite="97ru"> Verhaltensweisen entwickeln: „Die<?_Uni> digitale Gesellschaft ist mitten im Umbruch, und es wird sich herausstellen, welche Verhaltensweisen wirklich problematisch sind und welche zur sozialen Norm werden.“<BR /><BR /><embed id="dtext86-66431171_listbox" />