Es war ein Meilenstein (nicht nur) für Südtirols Musikszene. <BR /><BR />Es waren die wilden, bewegten Jahre rund um die 68er-Generation. Rebellion und Widerstand gegen althergebrachten Erziehungsmief, gesellschaftliches Korsett und Diktat der Nachkriegsgeneration waren Triebfedern und Eckpfeiler dieser Aufbruchstimmung – auch in Südtirol. Es war eine Zeitenwende, die sich nicht nur durch eine geänderte politische Gesinnung bemerkbar machte, sondern auch durch Optik und Akustik – sprich Outfit und Musik. Und so musste für die Eröffnungsfete des „ICKX 2000“ vom 20. bis 23. Juli 1968 etwas Besonders, dem Zeitgeist Entsprechendes, her.<h3>The Lords: Vom „Starclub“ ins Brixner „ICKX 2000“ </h3><b><BR />Hansjörg „Temlhons“ Thaler</b>, Vorreiter und Visionär, engagierte auf Vermittlung des unvergessenen Konzertmanagers, Eventpromoters und Radiomachers <b>Charly Mazzagg</b> eine deutsche Beatband: The Lords. Die „Deutschen Beatles“, wie sie genannt wurden, befanden sich auf der Rückreise von einer erfolgreichen Italientournee. Die 5 Musiker aus Berlin hatten 4 Jahre zuvor den hochdotierten Nachwuchswettbewerb im Hamburger „Starclub“ auf der Reeperbahn (Große Freiheit 36) gewonnen. <BR /><BR />Dies hatte ihnen Tür und Tor für eine erfolgreiche internationale Karriere geöffnete. Denn der „Starclub“ war damals eine internationale Institution, in der sich alle namhaften Rockgrößen der Szene die Klinke in die Hand gaben. Auch die „richtigen“ Beatles hatten sich dort, fern von Liverpool, ihre ersten Sporen verdient. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="922141_image" /></div> <h3> „Mensch, wir hatten eine schöne Zeit in Brixen“</h3>3 Auftritte absolvierten The Lords, die damals auf dem Höhepunkt ihrer Karriere waren (1965 hatten sie unter anderem mit „Poor Boy“ einen großen Hit) in den Julitagen 1968 in Brixen – Publikum und Medien waren aus dem Häuschen. So fand sich unter anderen ein Fotografen- und Reporterteam der deutschen Pop-Fachzeitschrift „Bravo“ in Brixen ein, um diesem Südtiroler Musikereignis eine ganze Doppelseite zu widmen. Längst gab es nicht genügend Plätze im „ICKX 2000“ oder Eintrittskarten für all jene, die ihre Idole hautnah erleben wollten. Als der Malermeister am Eröffnungstag gegen 18 Uhr die letzten Pinselstriche am Logo des Lokals machte, warteten davor bereits viele Gäste. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="922144_image" /></div> <BR /><BR />„Mensch, wir hatten eine schöne Zeit in Brixen“, schwärmt The-Lords-Bandleader <b>Klaus-Peter „Leo“ Lietz</b> heute noch. „Das Hotel war toll und die Umgebung grandios. Wir fühlten uns sauwohl im Temlhof. Ich erinnere mich noch gerne an Charly Mazzagg, er war sehr rührig und hat viel für uns getan.“<BR /><BR />Auch für eine Südtiroler Formation bot die Eröffnung des „ICKX 2000“ eine Riesenchance, sich einem breiteren Publikum zu präsentieren: Steve’s Group, ein Trio aus Gufidaun. Dieses bestand aus den Rabensteiner-Brüdern <b>Stefan</b> und <b>Klaus</b> sowie aus <b>Sepp Messner</b> vom Windschnurhof. Sie erledigten einen hervorragenden Warm-up-Job für The Lords. Von dieser Formation ist Sepp Messner Windschnur als Liedermacher der heimischen Szene erhalten geblieben. „Das ,ICKX 2000‘ war ein Meilenstein im Südtiroler Musikgeschehen“, so Sepp Messner Windschnur. „Es gab eine tolle Atmosphäre. Das ICKX war damals für viele Bands ein einzigartiger Erfolg.“ Der Liedermacher blieb mit The Lords in Verbindung, und vor einigen Jahren kam es zu einem herzlichen Treffen mit Lord Leo. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="922147_image" /></div> <h3> Inbegriff für gute Livemusik</h3>Und das „ICKX 2000“? Im Laufe der Jahrzehnte wurde das Lokal zum Inbegriff für gute Livemusik. Hier traten unter anderem die Renegades aus Old England auf, die Watussi aus Gröden und Gli Uragani aus dem Veneto. Ebenso Sänger Will Bräutigam, der später als <b>Tom Astor</b> die Countryszene gehörig aufmischte. 10 Jahre lang, bis 1978, waren guter Beat, Rock und Pop angesagt; anschließend wurde das Lokal zu einer Diskothek mit DJ. Später ertönte erneut Livemusik – diesmal aber vorwiegend volkstümliche Musik mit Schwerpunkt Oberkrainer-Sound. Alles, was Rang und Namen in der Branche hatte, schaute vorbei: <b>Slavko Avsenik</b>, <b>Franz Mihelic</b>, die Kasermandln, die Casanovas aus dem Zillertal und viele mehr. Ende der 1980er-Jahre war dann Schluss.<BR /><BR />Nicht so die Freundschaft der Lords mit der Stadt Brixen. Im Juli 2014 traten die Musiker noch einmal in Brixen auf – am Domplatz gaben sie ein Konzert zugunsten des Kiwanis Clubs. Weit über 1000 Leute applaudierten den Musikern „Leo“ Lietz, <b>Bernd Zamulo</b>, <b>„Jupp“ Bauer</b> und <b>Philippe „P. J. M.“ Seminara</b> (Sänger und Gründer <b>Ulrich Günther</b> war 1999 bei einem Konzert in Potsdam auf der Bühne zusammengebrochen und wenige Tage später im Krankenhaus gestorben). The Lords und ihre Musik faszinierten Brixen und die Brixner auch noch nach 5 Jahrzehnten. Für den „Temlhons“, der den gesamten Band-Tross unentgeltlich beherbergte, war dies der letzte beruflich-musikalische Höhepunkt. Der bunte Vorhang auf der Bühne seines bewegten Lebens schloss sich nämlich ein Jahr später für immer. <BR /><BR />Heute ist das „ICKX 2000“ Brixner Geschichte. Das Hotel Temlhof und die Hofstelle sind einem schmucken Mehrfamilienhaus gewichen. Was bleibt, ist dankbare, wehmütige Erinnerung an die bewegten, aufwühlenden 68er-Jahre, an eine schöne, sorglose, unvergessliche Zeit.<h3>„Deutsche Beatles“ auf Abschiedstournee</h3>The Lords stehen immer noch auf der Bühne. Auch wenn sich personell einiges getan hat. 2018 verabschiedete sich Bernd Zamulo, neben Leo Lietz das prägende Gesicht der Lords, aus gesundheitlichen Gründen von der Rockbühne; seine Nachfolge trat <b>Roger Schüller</b> an. <BR /><BR />Das musikalische Repertoire der Band hat nie zur Disposition gestanden. Kein Konzert, kein Gig ohne Songs wie „Poor Boy“, „Shakin' All Over“, „Greensleeves“, „Gloryland“ oder „Fire“. Hinzu kamen neue Songs wie „Everytime I Fall“, „If You Ain’t Got Love“ oder „What Are We Waiting For“. Aktuell sind The Lords auf ihrer Abschiedstournee und spielen aller Voraussicht nach ihr letztes Konzert am 16. September bei Circus Krone Bau in München.<h3> Zum Autor</h3><div class="img-embed"><embed id="922150_image" /></div> <BR />Der Brixner Reinhard Prentki, als Tellerwäscher im „ICKX 2000“ (Sommerjob) ganz nah bei den Stars, pflegt seit Jahrzehnten eine wunderbare Freundschaft mit The Lords und ist längst Ehrenmitglied der Band. <BR />