<b>Von Moritz Windegger aus Rom</b><BR /><BR />Während einer der letzten Generalkongregationen, also der Versammlungen aller Kardinäle vor einem Konklave, hatte einer der Teilnehmer an den Beratungen noch das große Medieninteresse hervorgestrichen: Die Anwesenheit so vieler Journalisten sei ein Zeichen dafür, dass das Evangelium seine Kraft in der Welt bewahrt. <BR /><BR />Am gestrigen Vortag des Konklaves laufe ich die vom Petersplatz wegführende Via della Conciliazione ab, und sehe neben einigen Schulklassen vor allem Journalisten. Die Reporterin eines spanischen TV-Senders wird auf den Franziskaner-Habit aufmerksam und bittet mich um ein Statement. Den Einwand, dass ich selber Journalist bin, lässt sie nicht gelten. <BR /><BR />Kurzerhand bietet sie mir neben Spanisch und Englisch auch Italienisch und sogar Deutsch als Interviewsprache an. Ich soll ihr sagen, wie der neue Papst sein soll und wer es meiner Meinung nach werden wird. Beides ignoriere ich, werde aber den Hinweis auf Franz von Assisi und unsere Ordensregel los. Dort steht: „Franziskus verspricht Gehorsam und Ehrerbietung dem Herrn Papst Honorius und seinen rechtmäßigen Nachfolgern“. Ich deute auf die Benediktionsloggia und wage die Prognose, dass wer auch immer dort herabwinken wird, „sowohl Loyalität als auch die Freundschaft der Brüder des hl. Franz erfahren wird“. <h3> Das Job-Profil des neuen Pontifex</h3>Was die Kardinäle bei ihren Versammlungen als Anforderungsprofil an den neuen Papst formulieren und dann mitteilen lassen, kann ein einzelner Mensch eigentlich gar nicht alles leisten: Hirte soll er sein. Volksnah. Und ein Brückenbauer. Er soll der krisengeschüttelten Welt Orientierung geben und etwas vom konkreten Leben der Menschen verstehen. Der neue Papst soll ein geistlicher Anführer sein, der Barmherzigkeit, Synodalität und Hoffnung vermittelt. <BR /><BR />Den Armen soll er genauso seine Aufmerksamkeit schenken wie den vielen Christen in der Welt, die wegen des Glaubens verfolgt werden. Innere Spaltungen der Kirche, der ökumenische Dialog und die Finanzen der Kirche seien ebenso große Herausforderungen. <BR /><BR />Immer wenn sich in Rom niemand mehr auskennt, muss man Taxifahrer fragen. Das wusste ich noch vom letzten Konklave 2013. Also nehme ich ein Taxi. Mein Fahrer ist über die vielen Spekulationen, Analysen und Prognosen zu Inhalten und Namen recht ungehalten: „Was soll das alles bringen? Ist das hier eine Lotterie oder haben wir Konklave“, meint er und attestiert den meisten Rom-Besuchern kein wirkliches Interesse, weder am verstorbenen Papst Franziskus noch am neuen Papst. „Alle, die hier mitreden, wollen nur danach sagen können, dass sie auch mit dabei waren“. Erst wenn der weiße Rauch aufgeht, werden dann auch die Römer nach St. Peter laufen.<h3> Schweizergarde mahnt zu Menschenwürde</h3>Abseits des Trubels, unterhalb des Apostolischen Palastes, hat indessen die Schweizergarde zum Gedenkakt geladen. Am 6. Mai des Jahres 1527 waren bei der Plünderung Roms durch deutsche Landsknechte auch 147 Schweizergardisten gefallen. Jedes Jahr wird ihrer gedacht. Die sonst dabei übliche Vereidigung neuer Gardisten wird heuer auf Herbst verschoben, weil es niemanden gibt, auf den man den Eid ablegen könnte. Aber im Innenhof ihrer Kaserne gedenken sie der Gefallenen von 1527.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1161981_image" /></div> <BR /><BR /> Ihr Kommandant, Oberst Christoph Graf, hält eine kurze Rede und mahnt zur Menschenwürde. Es gäbe keinen Krieg, bei dem nicht auch die Zivilbevölkerung Gräuel erleiden müsste, sagt Graf und verweist ausdrücklich auf die Ukraine. <BR /><BR />Graf ist nicht irgendein Offizier: Als Kommandant der Schweizergarde ist er Teil der „Päpstlichen Familie“. Kaum jemand steht dem Papst näher. Seine Mahnung will der inzwischen 10 Jahre amtierende Oberst Graf nicht nur auf die Kriegsgebiete angewandt wissen: In vielen Grundgesetzen stehe etwas von der Unantastbarkeit der Menschenwürde, aber in der Praxis sehen wir wie bei Abtreibung, Euthanasie oder Menschenhandel das Leben zu Ware degradiert werde. Papst Franziskus sei nicht müde geworden, dafür einzustehen. Das sei ein Auftrag auch nach seinem Tod. Dann legt er einen Kranz nieder und lässt abtreten.<BR /><BR />Wenn Kardinaldekan Giovanni Battista Re (91) heute um 10 Uhr eine Messe zur Wahl des neuen Papstes zelebriert, dann wird er den Geist Gottes als Beistand anrufen. Wen auch immer die Kardinäle danach wählen: Auch der neue Papst wird diesen Beistand dringend brauchen.