Der römische Hauptverkehr führte zunächst über die berühmte Via Claudia Augusta von Verona über den Reschenpass nach Augsburg. Sie war Teil der Eroberungspolitik nördlich der Alpen unter dem römischen Kaiser Augustus (63 v. Chr. bis 14 n. Chr.) und verband Bozen (Pons Drusi) mit Augsburg, der Hauptstadt der Provinz Raetien.<h3> „Via anonyma“</h3>Parallel dazu entstand aber schon im 1. Jh. n. Chr. vermutlich unter Kaiser Claudius, eine neue Straße über den Brennerpass: Nach Germaneneinfällen wurde die Route über den Brenner ab dem späten 2. Jahrhundert zum wichtigen Militärweg, mit Anschluss an das Legionslager in Regensburg (Castra Regina). <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203765_image" /></div> <BR /><BR />Die Straße blieb bis zum Ende des Römischen Reichs in Benutzung und wurde auch instand gehalten. Im Hochmittelalter verfiel sie zusehends, während alternative Wege wie die Höhenstraße über den Ritten mit Halt an der klösterlichen Kommende Lengmoos bevorzugt wurden.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203768_image" /></div> Trotz ihrer langen Nutzungsgeschichte ist kein atiker Name überliefert – die Brennerroute bleibt eine via anonyma. Kaufmann rekonstruiert nun erstmals den Verlauf dieser Straße nahezu lückenlos – mit Hilfe bereits dokumentierter Streckenabschnitte und römischer Meilensteine, historischer Schriftquellen, Flur- und Ortsnamen sowie neuer archäologischer Grabungsbefunde aus dem Eisacktal.<h3> Eine intensiv befahrene Route – früher und heute</h3>Dabei gelang es ihm auch, ein seit Langem bekanntes Rätsel in römischen Karten und Itineraren (Tabula Peutingeriana, Itinerarium Antonini) zu lösen: In den Entfernungsangaben der Raststätten nördlich der Alpen steckte ein systematischer Fehler – mit bis zu 20 Kilometern Abweichung.<BR /><BR /> Kaufmann konnte die Fehlerquelle eliminieren, indem er die Inschriften von vorhandenen und in diversen Museen verstreuten Meilensteinen mit den Angaben der römischen Reisehilfen in ein Beziehungsraster brachte und verorten konnte. Sein Ergebnis: „Damit lässt sich die Route endlich plausibel ablesen: Die Straße verlief fast durchgehend am orografisch linken, östlichen Ufer des Eisack und querte den Fluss erstmals bei Sterzing. Eine Nebenstraße vom Pustertal vereinigte sich dann mit der Brennerroute nördlich von Brixen.“<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203771_image" /></div> Kaufmanns Arbeit zeigt auf, dass die Brennerstraße mit Unterbrechungen bis ins Frühmittelalter intensiv befahren und begangen wurde. Heute ist sie eine der wichtigsten Verkehrsachsen Europas für Handel und Tourismus zwischen der Nord- und Südseite der Alpen.<BR /><BR />„Die Arbeit ist ein wichtiger Teil archäologischer Grundlagenforschung, die das Südtiroler Archäologiemuseum auch neben dem Schwerpunkt ,Mann aus dem Eis‘ weiterhin betreibt und publiziert“, ergänzt Museumsdirektorin Elisabeth Vallazza und kündigt an: „In den kommenden Monaten werden auch noch weitere wissenschaftliche Publikationen zu Ausgrabungen auf Säben und zur Archäologiegeschichte des 20. Jahrhunderts erscheinen.“