Auch Briefmarkensammler leiden unter der derzeitigen Situation – nicht nur wegen Covid-19. Aufgrund der Digitalisierung werden weniger Briefe verschickt, und auch das Interesse daran, die kleinen, quadratischen Kunstwerke zu sammeln, schwindet.<BR /><BR /><i>von Lisa Maria Kerschbaumer</i><BR /><BR /><b>Wie hat sich der Sammler-Markt in den vergangenen Jahren verändert?</b><BR />Rufin Schullian: Ich würde sagen, dass sich in den letzten Jahren das reine Briefmarkensammeln zu einem allgemeineren Sammeln hin verschoben hat. Der sogenannte Briefmarkensammler sammelt mittlerweile ja auch Briefe und Karten mit Sonderstempeln oder Postsendungen aus der Vormarkenzeit. Aber auch das Sammeln von alten Ansichtskarten ist sehr beliebt geworden. Durch die Digitalisierung hat der Postverkehr sehr stark abgenommen. Vieles kann heute mittels E-Mail oder WhatsApp verschickt werden. Wenn ich daran denke, dass in den 70er und 80er Jahren bei Urlauben und Ausflügen einige fast täglich Kartengrüße nach Hause geschickt haben… Die Sammler werden weniger, und weniger neue Sammler kommen nach. Ich muss aber sagen, dass wir einige neue Sammler gar nicht kennen, denn der „Tausch“ findet heute sehr oft auch online statt. So gibt es Plattformen wie Ebay oder Delcampe, wo Sammler kaufen und verkaufen können. Auch die Auktionshäuser stellen Kataloge online und es wird weltweit mitgesteigert. Die Zahl dieser Sammler ist nicht zu unterschätzen!<BR /><BR /><BR /><b>Was bedeutet diese Veränderung für den Wert der Briefmarken – kann er durch mehr oder weniger Nachfrage sinken bzw. steigen?</b><BR />Schullian: Der Wert der Briefmarke hat natürlich mit der Nachfrage zu tun. In den vergangenen Jahren ist der Wert von vielen Briefmarken deutlich gesunken. Sammlerstücke, die „jeder hat“ sind schwierig geworden zu veräußern. Raritäten werden aber immer noch zu hohen Preisen gekauft. Die weniger gewordenen Sammler suchen sich deshalb seltenere Stücke oder besondere Sammelgebiete aus. Briefmarkensammeln als Hobby soll vor allem Spaß machen. Wie bei anderen Hobbys kostet es je nach Sammlerintensität auch Geld. Das Briefmarkensammeln als Geldanlage kann ich allerdings nicht empfehlen.<BR /><BR /><b>Seit der Jahrtausendwende wurden im Verhältnis zu den Jahrzehnten zuvor nur mehr wenige Briefe verschickt – sind die Briefmarken der letzten 20 Jahre deshalb wieder mehr wert?</b><BR />Schullian: Ja, es stimmt, dass von den Briefmarkenausgaben weniger gedruckt werden. Die Auflage der Briefmarken orientiert sich nach Gebrauch, aber immer auch an der Zahl der Sammler. So druckt die Post normalerweise genug Briefmarken, um ihre Sammler zu versorgen. Wenn wir in die letzten Jahrzehnte zurückschauen, dann sind die seltenen Stücke meist aus Zufälligkeiten entstanden.<BR /><BR /><b>Wie sieht die Sammler-Situation in Südtirol aus?</b><BR />Schullian: In Südtirol wird sehr viel gesammelt. Es gibt den kleinen Sammler, der ohne Einsatz von Geld die Briefmarken der noch verbliebenen Post sammelt. Weiters gibt es den Sammler, der über ein Abo oder bei der Post sich die Neuheiten besorgt. Aber wir haben auch Spitzensammler, die sich über Auktionen oder Tauschbörsen teure Sammlerstücke für ihre Sammlung besorgen und diese bei internationalen Ausstellungen zeigen.<BR /><BR /><b>Wie groß ist das Interesse bei der jüngeren Generation?</b><BR />Schullian: Wir haben zurzeit wenige junge Sammler. Es ist in den Jahren immer schwieriger geworden, junge Sammler für das „Briefmarken-Sammeln“ längerfristig zu begeistern. Ein Problem ist sicher, dass im normalen Haushalt keine Post mit Briefmarken mehr ankommt. Früher haben sich die Kinder von diesen begeistert und deshalb zu sammeln und tauschen begonnen. Als Verein bekommen wir sehr oft Briefmarken geschenkt, mit denen wir unsere jungen Sammler unterstützen können. Aktuell sind bei unseren jungen Sammlern vor allem Briefmarken zu bestimmten Themen wie Blumen, Tiere oder Sport sehr hoch im Trend.<BR /><BR /><b>Welche Rolle nimmt „EppanPhil“ in der Südtiroler Briefmarkensammler-Szene ein?</b><BR />Schullian: Mit der EppanPhil haben wir ein größeres Treffen geschaffen, bei dem die Südtiroler Sammler Sammlerstücke kaufen und verkaufen können aber sich auch über ihre Erfahrungen austauschen können. Die Sammlerbörse ist auch für Interessierte und Neueinsteiger um einen Überblick zu bekommen oder um Informationen zum Sammeln mitzunehmen, sehr interessant. Sehr oft kommen auch Erben, die sich zum Veräußern einer Sammlung informieren wollen. Als Südtiroler Philatelisten Jugend sind wir ständig auf der Suche nach neuen jungen Mitgliedern, aber auch ältere Sammler sind bei uns willkommen.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="602822_image" /></div>