Villnöß mit seinen Geislerspitzen gehört zu den beliebtesten Fotomotiven Südtirols und zieht jährlich Besucher aus aller Welt an. Für viele ist das Tal ein Ort der Ruhe, für andere hingegen nur ein kurzer Halt für das perfekte Foto. Doch der zunehmende Touristenandrang bringt Herausforderungen mit sich: Privatsphäre der Anwohner wird gestört, Wege und Felder werden betreten, und der Müll nimmt zu. Gemeinde und Touristiker suchen nach Lösungen, um den Spagat zwischen Gastfreundschaft und dem Schutz der Lebensqualität zu meistern. <BR /><BR />Das Villnößtal mit seinen mächtigen Geislerspitzen zieht Besucher aus aller Welt an – für manche ein Ort zum Verweilen, für andere nur ein Fotostopp auf der Durchreise. Wie das Tal versucht, die Balance zwischen Gastfreundschaft und Schutz seiner Lebensqualität zu finden. <BR /><BR />„Es ist einfach traumhaft.“ Nili, 30 Jahre alt, stammt aus Indien, lebt heute in New York und verbringt mit ihrem Freund eine Woche in Südtirol. Wir treffen sie zu Fuß, nur einen Steinwurf von der Kirche zur Heiligen Magdalena in St. Magdalena, Villnöß, entfernt.<BR /><BR /> An diesem Sonntagvormittag öffnet sich ein beeindruckendes Panorama: sattgrüne Wiesen, Waldhänge und die majestätischen Geislerspitzen im Hintergrund. Was fasziniert sie an diesem Ort? Superlative reihen sich aneinander: „Die unglaubliche Ruhe, die frische Luft, die atemberaubende Landschaft.“ Sie wisse, dass dieses Motiv zu den beliebtesten Foto-Hotspots überhaupt gehört, sagt sie lachend. Doch für sie zählt vor allem eins: „Ich will einfach den Augenblick genießen.“ <BR /><BR />Ein Bild voller Harmonie – doch der große Ansturm auf das Tal hat auch seine Kehrseite. Der Tourismus in Villnöß ist in den letzten Jahren gewachsen und internationaler geworden: 2024 entfielen laut Tourismusgenossenschaft Villnöß 39,44 Prozent der Nächtigungen auf Gäste aus Deutschland, 37,94 Prozent auf italienische Urlauber. Auf Platz drei folgen Touristen aus Asien mit drei Prozent, danach kommen die Niederlande, USA, Österreich, Frankreich, Polen, Spanien und Belgien.<h3> Der Run auf das perfekte Bild</h3>Besonders die stark gestiegene Zahl an Fototouristen – die meisten aus Fernost –, die täglich für kurze Zeit mit organisierten Reisebussen ins Tal kommen und die Fotopunkte entlang der Wege und Wiesen stürmen, sorgt bei Einheimischen für Unmut. <BR /><BR />In den letzten Wochen waren es täglich zwischen zehn und 15 Reisebusse. Immer wieder gibt es Beschwerden: Einige Besucher missachten die Privatsphäre der Anwohner, dringen mit Kameras auf deren Grundstücke vor und übertreten Verbotsschilder.<BR /><BR /> Touristiker und Gemeinde reagierten. Es gibt nun ausgewiesene Fotoflächen, Durchfahrtsverbote auf bestimmten Strecken und Schilder, die darauf hinweisen, die Felder der Bauern nicht zu betreten. Notwendige Maßnahmen. So hat die Gemeinde in diesem Jahr mit Unterstützung der Tourismusgenossenschaft den alten Kirchsteig von St. Magdalena zur Kirche samt neuem Holzzaun ausgebaut – um die Pfade der Besucher besser zu bahnen. <BR /><BR />Michael Messner, Präsident der Tourismusgenossenschaft Villnöß erklärt: „Wir Touristiker arbeiten eng mit der Gemeinde zusammen und wollen, dass es den Leuten im Tal mit dem Tourismus gut geht. Wir haben heuer eine Rangerin angestellt, sie ist in Magdalena vor Ort und erklärt den Leuten, was geht und was nicht. Sie ist eine große Hilfe und auch ein Signal an die Bauern, dass etwas unternommen wird. Auch für uns sind vor allem Bustouristen ein Problem, das wir in den Griff bekommen müssen.“ <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203699_image" /></div> Bereits vor zwei Jahren wurden an allen Parkplätzen Lagepläne mit Verhaltensregeln und markierten Fotopunkten angebracht. Eine Schranke mit Code beschränkt die Zufahrt zur Kirche und zu den angrenzenden Höfen. Seitdem stapfen die Touristen mit Stativen zu Fuß bergauf, entlang der Wiesenhänge, die freien Blick auf die Kirche und die Geisler bieten. Auch an diesem Morgen sind Dutzende unterwegs.<h3> Was sagen die Einheimischen?</h3>Und wie sehen die Villnösser das? Zu Fuß begegnet uns an diesem Sonntagvormittag ein Villnösser Paar. „Ja, es gibt noch ruhige Plätze im Tal“, sagen sie, „aber für die Anrainer in St. Magdalena ist das schon ein Wahnsinn.“ Sie selbst wohnen in St. Peter, doch auch dort sei schon jemand mit gezückter Kamera vor ihrem Wohnzimmerfenster gestanden. Problematisch seien vor allem der viele zurückgelassene Müll, der Verkehr und die gestiegenen Preise. <BR /><BR />Und: Die Fototouristen brächten dem Tal wenig bis nichts. Klar sei aber auch: Der Tourismus bringe Wohlstand. „Die Villnösser wollten den Tourismus, jetzt muss man lernen, damit umzugehen“, sagt ein weiterer Villnösser, der lieber anonym bleiben möchte. Er fordert ausgewiesene Plätze für Camper und mehr Kontrollen. „Es kann nicht sein, dass entlang der Würzjochstraße wild campiert und Müll hinterlassen wird.“ Dennoch: „Villnöß leidet noch nicht an Overtourism“, meint er.<h3> Die vielen Seiten des Fremdenverkehrs</h3>Mehrere Touristen, die an diesem Sonntag in St. Magdalena sind, kommen nur für wenige Stunden, darunter Jessica und Elisa. Die Eltern der beiden stammen aus China, sie leben in Reggio Emilia. Sie lächeln, als sie von ihrem Kurztrip erzählen: „Wir waren am Pragser Wildsee, am Misurina-See und heute hier.“ <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1203702_image" /></div> <BR />Die beiden posieren wie selbstverständlich mit ihrem Hund für ein gemeinsames Foto. Nach nur rund einer Stunde müssen sie weiter, mehr als ein kurzes Innehalten bleibt nicht. Die Frauen düsen in ihrem Kleinwagen talauswärts. Nili indes dürfte noch mit ihrem Freund zu Fuß unterwegs sein, die junge Doktorandin bleibt für ein paar Tage am Fuße der Geisler, bei deren Anblick sie einfach nur glückselig wirkt.