Davon erzählt der Dokumentarfilm „Pustertaler Sprinzen – Traditionell, lokal, geschützt“, der am Donnerstag in Brixen gezeigt wird. <BR /><BR />Der Reihe nach. Aufzeichnungen zeigen, dass es die bunt gefärbte und optisch attraktive Rinderrasse bereits vor über 2 Jahrhunderten nördlich und südlich des Alpenhauptkammes gab. Besonders im Pustertal fühlten sich die robusten Sprinzen wohl. Vermutlich war die Rasse durch Einkreuzung von Eringer- und Tuxer-Rind in bodenständige Rinder des Pustertals entstanden. Schnell war die Rasse vor allem aufgrund ihrer hervorragenden Fleisch- und Milchleistung begehrt. Die „Wunderkühe“ waren über 700 Kilo schwer und gaben 20 Liter Milch am Tag.<BR /><BR />Der gute Ruf der Sprinzen gelangte bis nach Wien, wo sie auf den dortigen Abmelkbetrieben gerne für die Milch- und Fleischerzeugung gehalten wurde. Die „Pustertaler“ galten als die beste Rinderrasse der Monarchie. Eine Aufzeichnung, die im Tiergarten des Wiener Schlosses Schönbrunn entdeckt wurde, lautete: „Die Milch für Könige und Prinzen kommt von Pustertaler Sprinzen.“ <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1038078_image" /></div> <BR />Das erste Foto einer Pustertaler Kuh stammt aus dem Jahr 1857. Damals wurden anlässlich einer Landwirtschaftsausstellung in Wien die schönsten Kühe der Habsburger Monarchie fotografiert. Auf der Wiener Weltausstellung im Jahr 1873 wurde die Rasse dann erstmals einer breiten Öffentlichkeit präsentiert – und von da an wurden sie als „Wiener Rinder“ bezeichnet. <h3> Beliebtheit wird Sprinzen fast zum Verhängnis</h3>Pustertaler Sprinzen waren ein Exportschlager. „Für eine Sprinze konnte man 2 Pinzgauer Kühe kaufen“, erklärt Barbara Tötsch, Obfrau der Südtiroler Züchter der Rasse Pustertaler Sprinzen und Mitglied des Südtiroler Züchterausschusses, die auch in der Doku „Pustertaler Sprinzen – Traditionell, lokal, geschützt“ zu sehen sein wird. Die große Nachfrage aus Wien wurde der Rasse allerdings zum Verhängnis. Denn die besten Tiere wurden über Jahrzehnte hinweg in die Kaiserstadt verkauft, dadurch wurde auch das beste Zuchtmaterial aus den Händen zu geben. <BR /><BR />Das züchterische Engagement ließ in Tirol mehr und mehr nach, und damit ging der genetische Pool allmählich verloren. Die entstandenen Lücken wurden zuerst mit Grauvieh und Pinzgauern, später verstärkt mit Simmentalern aufgefüllt. Nach dem Ersten Weltkrieg und der Annexion Südtirols durch Italien verloren die Pustertaler Züchter ihren Haupthandelspartner.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1038081_image" /></div> <BR />„Nach der faschistischen Machtergreifung wurde die Zucht der Sprinzen zwar nicht ausdrücklich verboten, doch es wurden ertragreichere Rassen wie Braunvieh und Pinzgauer begünstigt“, schildert Obfrau Tötsch. Nur in abgelegenen Gebieten hielten eine Handvoll Züchter hartnäckig an der Rasse fest, versteckten die Tiere im Sommer auf den Hochalmen, im Winter manchmal sogar in den Kellern der Höfe. Zum Vergleich: Um 1910 soll es noch um die 10.000 Tiere gegeben haben, 1963 betrug der Bestand dann nur noch wenige 100 Tiere.<BR /><BR />Beinahe das endgültige Aus der Rasse besiegelte allerdings ein Tierzuchtgesetz aus dem Jahr 1963. „Durch dieses wurde eine Rassenreinzucht von einer amtlich anerkannten Herdebuchzucht abhängig gemacht“, so Tötsch. „Das heißt, gezüchtet werden durfte nur noch mit gekörten Stieren, aber für die Sprinzen gab es kein Herdebuch. Und so gab es einige Kühe, aber – offiziell – keine Stiere. So wurden die Kühe mit Pinzgauern belegt.“ Viele Bauern verkauften ihre Sprinzen, nur noch ganz wenige passionierte, vor allem ältere Züchter hielten an der Rasse fest. <BR /><BR />„Die Rettung der Rasse erfolgte in den 1980er-Jahren auf europäischer Ebene“, erklärt die Züchterobfrau. „Der Gedanke zur Erhaltung genetischer Varianten und alter Haustierrassen fasste Fuß. Es wurde die Förderung der Landrassen forciert, und ab 1994 fielen auch die Sprinzen unter diese Förderung.“ <BR /><BR />Also machte man sich auf die Suche nach Sprinzen-Stieren … und fand tatsächlich 4 Exemplare. Von diesen 4 Pustertaler Bullen wurde ein Spermadepot angelegt, so Tötsch. Auf diesen 4 Stieren sowie den etwa 80 gefundenen Kühen (Bestand bei der Landesschau am 6. Juni 1994) basiert die gesamte heutige Südtiroler Sprinzen-Population. 1995 erlangte die Rasse wieder ihre amtliche Anerkennung.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1038084_image" /></div> <BR /> „Aktuell zählen wir in Südtirol 185 Sprinzen-Züchter mit 1095 Tieren“, freut sich Tötsch. Sprinzen leben übrigens auch im Innsbrucker Alpenzoo und im Tiergarten in Schönbrunn. <BR /><BR />Barbara Tötsch selbst züchtet seit 1998 auf dem Bichlerhof in Tesselberg, oberhalb von Gais, Pustertaler Sprinzen. Als die gelernte Hotelfachfrau aus St. Jakob in Pfitsch 1996 den Hof geerbt hatte, stand für sie schnell fest, diese Rasse zu züchten. „Ich hatte in der Gastronomie ein Schlüsselerlebnis“, erzählt sie, „nämlich als ich an einem in Vakuum verpackten Fleisch roch...“<h3> Erhaltung deslebenden Kulturgutes</h3>Die ersten beiden Tiere, eine Kuh samt Kalb, kaufte sie einem Bauern ab, der gerade dabei war, seinen Hof in Reischach aufzulassen. „Die robuste, geländegängige Rasse faszinierte mich, und wenige Jahre später war ich schon Fachfrau und Ansprechpartnerin für alle an Sprinzen Interessierten.“ Der Bichlerhof ist nunmehr auch ein anerkannter ARCHE-Hof der ARCHE-Austria. ARCHE-Höfe sind einzigartig andere Höfe: Sie sind eine Zucht- und Präsentationsstätte von alten und in ihrem Bestand gefährdeten Nutztierrassen. Kein Haustierzoo, kein Hobbybauernhof. Hier gehr es darum zu zeigen, dass mit alten Rassen auch wirtschaftlich gearbeitet werden kann. „Ich habe die Notwendigkeit der Erhaltung des lebenden Kulturgutes erkannt“, so Tötsch.<BR /><BR />Südtirols Landwirtschaft, die sich Jahrzehnte lang auf Milchproduktion fokussierte, findet immer mehr Gefallen an den Pustertaler Sprinzen. „Durch den Generationswechsel auf den Höfen und die damit verbundene Zunahme von Nebenerwerbsbauern wird verstärkt auf die Fleischproduktion gesetzt“, meint Tötsch. Dadurch steigen Jahr für Jahr Beliebtheit und Bestand der Sprinzen.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1038087_image" /></div> <embed id="dtext86-65115396_listbox" /><BR /><BR /> Denn: Pustertaler Sprinzen gehören zu den Topsellern in der Spitzengastronomie. Kenner vergleichen ihr Fleisch mit Angus-Rindfleisch. Was Marmorierung und Zartheit angeht, kann die Sprinze auf jeden Fall mithalten. <BR /><BR />Die modernen Ernährungstrends, die unter anderem ihr Augenmerk auf Qualität und Tierwohl legen, spielen der Pustertaler Sprinze in die Hand. „Denn wenn die Konsumenten bereit sind, einen höheren Preis für Qualitätsfleisch zu bezahlen, müssen die Züchter die Tiere besser halten als in den riesigen Mastbetrieben“, glaubt Tötsch.<BR /><BR /> Ihre Sprinzen stehen den Sommer über auf der Alm, im Winter im Stall und erhalten Qualitätsfutter. Stierkälber bleiben 6 bis 8 Monate bei der Mutterkuh, Ochsenkälber bis zu 2 Jahre.