Das Amt für Dialog der Diözese beobachtet, was sich in Sachen Sekten und Weltanschauungen abspielt: Wovor Amtsleiter Martin Pezzei derzeit warnt. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="706016_image" /></div> <BR /><b>Sie beobachten seit Jahren auch die Satanisten-Szene in Südtirol und referieren darüber auch in Schulen. Nach dem tragischen Todesfall in Bruneck ist das Thema wieder präsent: Ist das ein Einzelfall oder ein Zeichen dafür, dass sich im Dunkeln einiges abspielt?</b><BR />Martin Pezzei: Zu diesem konkreten Fall kann ich nichts sagen. Aber ich beobachte, dass Satanismus vor 10 bis 15 Jahren viel präsenter war als jetzt. Was nicht heißt, dass es ihn heute nicht mehr gibt. Wir hatten aber damals eine regelrechte Welle, so wurden Kapellen mit satanistischen Symbolen beschmiert und Friedhöfe geschändet. So wurde ich oft von Ordnungskräften kontaktiert, die solche Vandalenakte aufklären sollten. Von Eltern wurde ich um Rat gefragt, was sie mit ihren Kindern tun könnten, die in diesen Kreisen unterwegs waren. Inzwischen ist es ruhiger geworden.<BR /><BR /><b>Gibt es dafür einen Grund?</b><BR />Pezzei: Ich erkläre es mit dem wachsenden religiösen Indifferentismus. Religion ist vielen egal, und Satanismus ist es daher auch. Im Religionsunterricht wird das Thema aber durchaus noch behandelt, so werde ich oft in Schulklassen eingeladen. Aber sonst ist es recht leise geworden. <BR /><BR /><b>In welchen Bereichen geht es „laut“ zu?</b><BR />Pezzei: Das sind sicher die verschiedenen Verschwörungstheorien, die es freilich schon früher gab, die aber durch die Pandemie einen enormen Aufschwung erhalten haben. Dann gibt es esoterische Angebote. Auch der Esoterik-Bereich war schon vor der Pandemie im Internet gut aufgestellt, durch die Lockdowns und die viele Zeit, die Menschen im Web verbrachten, erreichte er viele neue Interessenten. Ich will jetzt nicht alles verteufeln, weil manches durchaus hilfreich ist, etwa wenn es Menschen dabei hilft, zur Ruhe zu kommen oder das Immunsystem zu stärken. Aber einige Phänomene in diesem Bereich sind sehr bedenklich. <BR /><BR /><b>Wovor müssen Sie konkret warnen?</b><BR />Pezzei: Gefährlich wird es dann, wenn Menschen die Eigenverantwortung für ihre Gesundheit und Lebensführung abgeben – an selbst ernannte Heil- und Heilungsbringer. Etwa an jemanden, der behauptet, dass er Kontakte zu Verstorbenen aus der Familie oder Engeln herstellen können, die dann das Gewünschte in die Wege leiten. Hier können gefährliche Abhängigkeiten entstehen, geistige Abhängigkeit, aber auch in finanzieller Hinsicht. <BR /><BR /><b>Sie nennen auch die Verschwörungstheorien, die einen enormen Aufschwung genommen haben. Wo sehen Sie die Gefahr?</b><BR />Pezzei: Solche Verschwörungstheorien liefern auf komplexe Probleme sehr einfache Antworten. Das macht sie so verlockend. Etwa wenn die Pandemie mit einigen einfachen Sätzen weggeredet werden kann. Damit ist aber niemandem geholfen, schon gar nicht das Problem gelöst. Gefährlich wird es dann auch, wenn die Erklärungen auch „Schuldige“ benennen. Etwa eine „jüdische Weltverschwörung“. Wir wissen, wo so etwas enden kann. Daher ist es notwendig, solche Phänomene sehr gut zu beobachten und notfalls schnell durchzugreifen. Die Anhänger solcher Verschwörungstheorien vertreten auch ein gefährliches elitäres Denken. In ihrem Weltbild gibt es nur 3 Gruppen: die große Masse derer, die manipuliert und fehlgeleitet werden; dann die Leute der Verschwörung und die Regierenden und Medien, die mitspielen; schließlich die relativ kleine Gruppe derer, die das alles durchschaut haben, zu denen die Anhänger dieser Theorie gehören. Das ist ein gefährliches elitäres Denken, das in einer Informationsblase stattfindet, durch die kaum andere Informationen durchdringen. <BR /><BR /><b>Sie sagen damit auch: Mit solchen Leuten reden ist verlorene Zeit.</b><BR />Pezzei: So sehe ich es nicht. Es ist ganz wichtig, solche Personen ernst zu nehmen, ihnen Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken. Auf der sachlichen Ebene wird eine Annäherung der Standpunkte nicht möglich sein. Aber trotzdem finde ich den Dialog sinnvoll. Auch um zu sehen, welche Überzeugungen hinter solchen Weltanschauungen stehen und was Menschen bewegt, solche Theorien zu vertreten. <BR /><BR /><BR /><BR />