„Uns wurde vorgeworfen, wir verstünden nichts vom Tourismus, deshalb haben wir heute vier Experten eingeladen“, begrüßte Franz Josef Hofer, der Vorsitzende der Umweltgruppe Olang, die über 50 Interessierten, die sich im Kongresshaus versammelt haben, um mitzureden über den Zusammenhang von Umwelt und Wirtschaft.„Der Tourismus lebt von einer intakten Umwelt“, stellte der Präsident des Tourismusverbandes Hochpustertal Erwin Lanzinger am Anfang des Gesprächs fest und erklärte weiter: „Wird die Umwelt nicht geschützt, so schneiden wir den Ast ab, auf dem wir sitzen. Schließlich profitieren wir von der Umwelt.“Dass nicht nur Einheimische und Hotelbesitzer von der Umwelt profitieren, sondern vor allem auch Touristen, meinte auch Klaus Peter Dissinger, der Vorsitzende des Dachverbandes für Natur und Umweltschutz. „In Zukunft werden Touristen immer mehr eine intakte Umwelt suchen“, sagte er.Die finde der Gast aber nicht immer: „Mittlerweile werden zu viele Wiesen überdüngt, die Kühe mit Hilfe von Kraftfutter in Turbo-Kühe verwandelt, das Grundwasser ist zum Teil verseucht, es gibt fast nur noch Monokulturen und kaum noch Blumenwiesen“, gab Dissinger zu Bedenken.Doch nicht nur die Natur- und Kulturlandschaft des Landes hat unter dem Fortschritt gelitten, sondern auch die Südtiroler Küche und Gastfreundschaft. „Gäste wünschen sich einen persönlichen Service, der vom Herzen kommt. Und dieser lässt oftmals zu wünschen übrig. Und was die Küche angeht, so komme ich nach Südtirol um Schlutzkrapfen zu essen und nicht Sushi“, erklärte der Publizist Andreas Gottlieb Hempel und warnte vor dem Verlust der Südtiroler Identität und der globalen Gleichmacherei. „In Südtirol muss es wieder Dinge geben, die es nur hier gibt und weshalb der Gast hierher kommen will“, sagte er. Dazu gehören seiner Meinung nach Äpfel, die nach Äpfeln schmecken, die verschiedenen Kartoffelsorten, die einzigartige Naturlandschaft und auch die alten Bauernhöfe, ohne die das Land an Identität verliert.Schließlich würde Urlaub auf dem Bauernhof mehr Gäste anlocken, als ein Wellnessbereich, den es in jedem Hotel gibt und wegen dem sich viele Hotelbesitzer hoch verschuldet haben.„Hotelierbesitzer wurden zu ständiger Innovation gedrängt, das Hotel sollte immer auf dem neuesten Stand sein, damit die Gäste wiederkommen. Doch irgendwann ist das alles finanziell nicht mehr tragbar“, wusste Erwin Lanzinger und sprach dann vom Versuch, den Wintertourismus in Sexten aufzuwerten mit Hilfe der Verbindung der Skigebiete Helm und Rotwand: „Nach zehn Jahren haben wir es nun endlich geschafft, den Wintertouristen etwas Neues zu bieten. Nun können sie den ganzen Tag verschiedene Pisten genießen, ohne auch nur ein einziges Mal die Skischuhe ausziehen zu müssen“, meinte er. Statt mit dem Bus, der Unmengen an Kohlenstoffdioxid ausstoße, könnten die Skifahrer nun mit Liften oder mit dem Zug ins nächste Skigebiet gelangen.Von der Idee, mit dem Zug ins Skigebiet zu fahren und sich so den Stress einer Anreise mit dem Auto zu sparen, war Wirtschaftsexperte Alexander Brenner Knoll begeistert. „Dieses neue Konzept ist eines der am besten durchdachten, denn so steht der Tourist nicht stundenlang im Stau, sondern kann direkt zur Piste fahren“, sagte er und betonte, dass es auch in Zukunft mehr von diesen Ideen brauche. Wie sich der Tourismus entwickeln wird, wisse aber niemand: „Der Tourismus hat zum Wohlstand des Landes beigetragen und hat uns so auch von unseren Nachbarländern abgehoben. Doch wie er in Zukunft aussehen wird, weiß niemand“, erklärte Brenner Knoll und verwies auf gewaltige Veränderungen, die ungeahnte Auswirkungen auf den Tourismus haben werden: „Wir können nicht einschätzen, inwieweit sich die Klimaveränderungen und die Digitalisierung, die eine gesellschaftliche Revolution ausgelöst hat, auf den Tourismus auswirken. Oder auch die Spannungen in der EU und die zunehmende Überalterung der Gesellschaft.“Auch Hempel ist zum Schluss gekommen, dass „wir nichts über den Wohlstand der Gäste wissen oder darüber, was passiert, wenn Deutschland als Gästeland Nummer eins in die Krise gerät.“ Die Zukunft kennt niemand, doch seiner Meinung nach kann sie vorbereitet werden: „Es gilt, die Werte und die eigene Identität zu erhalten und weiterzuentwickeln“, sagt er. lp