Schwungvoll führt Chefredakteurin Michaela Mahlknecht durch die verschlungenen Gänge des großen Rai-Gebäudes am Bozner Mazziniplatz: Nach und nach erläutert die 56-jährige Boznerin die Funktion von Radiostudios, TV-Senderäumen, Regieraum, Großraumbüro und wie alles miteinander zusammenspielt. <BR /><BR />Mit Startschuss 1. November 2023 wurde ihr von den zuständigen Gremien in Rom das große Ruder für die deutschsprachigen Programme von Rai Südtirol anvertraut. Damit verantwortet sie nun die Nachrichtenprogramme auf den 3 Kanälen Radio, Fernsehen und Webportal samt Mediathek.<BR /><BR />Unterm Strich bedeutet das, fast rund um die Uhr über die Geschehnisse im Lande zu berichten, immerzu nach den Leitlinien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: möglichst sachlich, möglichst ausgewogen, möglichst umfassend. Mehr als 30 festangestellte Journalisten produzieren im Verbund mit technischem Personal sowie einem Stab freier Mitarbeiter die Nachrichtensendungen bei Rai Südtirol.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="990088_image" /></div> <BR /><BR /> Nach dem Abgang von Heidy Kessler laufen nun alle Fäden bei Michaela Mahlknecht zusammen. Es handelt sich um eine Mammutaufgabe, denn von mehreren Seiten kommt beständig Druck, den es auszuhalten gilt. Verbände, Institutionen und politische Akteure pochen auf Präsenz, die Südtiroler Öffentlichkeit verfolgt mit kritischem Blick die Sendungen, obendrein muss man sich bei wichtigen Entscheidungen mit der Zentrale in Rom abstimmen.<h3> Mehr Rücksicht auf Mitarbeiter</h3>„Sicherlich, es handelt sich um eine verantwortungsvolle Position, und ich hatte auch einige schlaflose Nächte, bevor ich mich entschloss, diese anzunehmen“, erklärt die Chefin. Doch nach 26 Jahren im Dienst der Rai kennt sie das Innenleben des Betriebes wie wenige andere. Sie fühlt sich für den Posten gewappnet und hat auch klare Vorstellungen, was es anzupacken gilt. <BR /><BR />So soll viel stärker als bisher das junge Publikum angesprochen werden, so sollen aber auch die Bedingungen für die Mitarbeiter den Erfordernissen der Zeit angepasst werden – sprich mehr Flexibilität und Rücksichtnahme auf persönliche und familiäre Wünsche. Michaela Mahlknecht war selbst die erste Mitarbeiterin am Bozner Mazziniplatz, die überhaupt in den Genuss einer Teilzeitregelung kam. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="990091_image" /></div> <BR /><BR />Nicht etwa, weil man ihr gutmütigerweise entgegengekommen wäre, sondern weil sie vor rund 15 Jahren als Mutter von 4 Kindern keine andere Möglichkeit sah, als zu kündigen. <BR /><BR />Sie blickt zurück: „Nach den ersten beiden Kindern bin ich jeweils nach einem halben Jahr wieder zur Arbeit gegangen, nach der Geburt der Zwillinge habe ich ein Jahr unbezahlten Wartestand genommen und dann um Teilzeit angefragt. Nachdem mir diese verwehrt wurde, musste ich schweren Herzens erklären, dass ich unmöglich in Vollzeit weiterarbeiten könnte. Nach einigem Hin und Her haben mir die damaligen Verantwortlichen dann doch die erste Teilzeit zugestanden.“ <BR /><BR />Wenn man jene Lebensphase mit der aktuellen gegenüberstellt, so steht für Michaela eindeutig fest: „Vor 15 Jahren war es härter und schwieriger.“ Klar ist auch, dass man die beiden Dinge nur schwerlich miteinander vergleichen kann, allerdings war und ist die Organisation von Job, Haushalt und Familie allemal eine Lebensschule.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="990094_image" /></div> <BR /><BR />Mittlerweile sind die Kinder aus dem Gröbsten draußen, wie es so schön heißt. Mit 21, 18 und zweimal 16 Jahren haben sie gelernt, selbst den Alltag zu managen. Wichtig ist der viel beschäftigten Mutter das gemeinsame Mittagessen und am Abend genügend Zeit füreinander zu finden. In puncto Familie habe sie von Anfang an den Tipp einer Freundin beherzigt, der sich als goldrichtig erwies: eine Haushälterin anstellen. <BR /><BR />„Zuerst war meine Perle Marianne die Hausmanagerin, seit 14 Jahren. ist es nun die Perle Katharina“, sagt sie lächelnd, wobei die Bezeichnung „Perle“ keinen Zweifel an der Wertschätzung ihrer Haushälterinnen lässt, die zeitweise zwischen Kindern und Haushalt einen echten Knochenjob zu verrichten hatten.<BR /><BR /><embed id="dtext86-63221322_quote" /><BR /><BR />Dass sich im Leben der neuen Rai-Chefredakteurin heute alles so fügte, wie es heute ist, darf man dem einen oder anderen Zufall zuschreiben. Ihre ersten journalistischen Erfahrungen machte sie bei der „Kleinen Zeitung“ in Graz, während sich für ihren heutigen Mann Georg Plattner, einen studierten Elektromediziner, im Zentrum für Elektromedizin im 500 Kilometer entfernten Erlangen eine hervorragende berufliche Perspektive aufgetan hatte. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="990097_image" /></div> <BR /><BR />Das junge Paar musste folglich mit einer Fernbeziehung vorliebnehmen. Für ein paar Stunden Zweisamkeit hieß es, 11 Stunden Zugfahrt in Angriff nehmen. „Nach dem Fall der Berliner Mauer wurde jedoch schnell klar, dass ich keine Arbeit in Erlangen finden würde und umgekehrt auch Georg nicht in Graz, sodass wir uns für eine Rückkehr nach Südtirol entschlossen“, blickt sie zurück.<h3> Schwenk zur Theologie</h3>Ungewöhnlich liest sich in ihrem Curriculum auch das Studium der Theologie, das sie an der Hochschule Brixen begann und in Graz abschloss. Dort studierte damals auch ihr Zukünftiger. <BR /><BR />„Zu Oberschulzeiten war ich für die Katholische Jugend aktiv, dabei reizte mich der Gedanke, womöglich als Pastoralassistentin im erzieherisch-kirchlichen Bereich tätig zu sein“, begründet sie die Studienwahl. Aber letztlich habe es sich dabei bloß um einen „Schwenker“ gehandelt, denn schon immer habe ihr das Schreiben gefallen. „Mein Lieblingsfach war Deutsch. Mit 9 Jahren wollte ich mein erstes Buch schreiben, was aber daran scheiterte, dass ich mit der Schreibmaschine nicht zurechtkam“, sagt sie. <BR /><BR />Und so habe sie, die Tochter des aus Petersberg stammenden Arztes Richard Mahlknecht und seiner aus Wien zugezogenen Frau Inge Liegl, letzten Endes ihre wahre Berufung schon recht bald wieder neu entdeckt. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="990100_image" /></div> <BR /><BR />Folglich inskribierte sie an der Universität Graz in einem Fächerbündel mit Schwerpunkt Medien, sammelte danach journalistische Erfahrungen in Graz, München und Bozen, ehe die Anstellung bei der Rai feststand.<BR /><BR /> Michaela Mahlknecht macht einen entschlossenen und sehr aufgeräumten Eindruck – durch die Bank lässt sich vernehmen, dass sie das Zeug zur Chefin habe. Sie glaubt nicht, dass eine Frau in so einer Position andere Führungsqualitäten mitbringe als ein Mann, am ehesten sei noch die Sensibilität für die Belange der Mitarbeiter stärker ausgeprägt. <h3> Wer zu Wort kommen soll</h3>Was ist ihr in der täglichen Berichterstattung wichtig? „Genauso wie alle anderen klassischen Medien haben wir eine sehr starke Verantwortung für unsere Gesellschaft und müssen darauf achten, dass Polarisierungen und Unzufriedenheit nicht noch weiter zunehmen. Gerade deshalb müssen wir als Medium genauer hinschauen und in verstärktem Maße öfter jene zu Wort kommen lassen, die nicht Pressekonferenzen organisieren können oder durch starke Lobbys vertreten werden auch wenn das einen größeren Aufwand mit sich bringt.“<BR /><BR />Vor diesem Hintergrund will sie verstärkt eigenständig Themen setzen, Michaela Mahlknecht stellt sich keiner einfachen Aufgabe – und sie will es sich auch nicht einfach machen. <BR /><BR /><BR />