„Die Erwartungen an die Väter sind vielfach so hoch, dass diese daran auch zerbrechen können“, sagt der Soziologe und selbst Vater von 3 Kindern.<BR /><BR /><BR /><b>Kinder bekocht, Geschirrspüler eingeräumt und dann wieder ab ins Homeoffice – sind das die Väter von heute?</b><BR />Matthias Oberbacher (lacht): Überlegen Sie mal kurz, wie viele Väter in Ihrem Umfeld das so praktizieren ... wohl die Allerwenigsten. Es gibt zwar ein paar Ausnahmen mehr als früher, aber die werden dann vielfach noch immer schief angeschaut.<BR /><BR /><b>Hat Corona etwas an der Situation der Väter verändert?</b><BR />Oberbacher: Ich habe das Gefühl, dass wir durch Corona sogar einen kleinen Rückschritt gemacht haben. Während der Pandemie sind großteils die Frauen daheim geblieben, haben Erziehung, Homeschooling, Haushalt gemeistert, und die Männer sind zu ihrem Arbeitsplatz gegangen.<BR /><BR /><embed id="dtext86-53422155_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Klaffen Ideal und Realität so weit auseinander?</b><BR />Oberbacher: Ja. Man sieht heute zwar viel mehr Männer mit Kinderwagen, aber bügeln oder Pausenbrot streichen ist für Väter Seltenheit. Väter sind nach wie vor in der klassischen Rolle als Ernährer der Familie. Bei Gesprächen unter Männern geht’s um den Job und nicht, was man abends kochen könnte oder wie man den Babybrei zubereitet.<BR /><BR /><b>Dabei ist z.B. die Zahl der Väter in Elternzeit klar gestiegen.</b><BR />Oberbacher: Ja diese Zahl hat zugenommen. Aber der Prozentsatz der Männer, die zugunsten der Familie in Teilzeit arbeiten, ist nach wie vor gering – bedingt auch dadurch, dass Frauen noch immer weniger verdienen als Männer. Eine Kettenreaktion.<BR /><BR /><b>Das Bild von Südtirols Vätern sieht wirklich so düster aus?</b><BR />Oberbacher: Wir haben ja schon viel erreicht. In unserer Vorgängergeneration war kaum ein Vater bei der Geburt seiner Kinder dabei, hat Windeln gewechselt. Das ist heute fast selbstverständlich. Natürlich sind wir von einer Gleichberechtigung noch weit entfernt. Aber wir Männer hatten auch nicht eine Revolution, wie es die Frauen hatten. Vielleicht bräuchten auch wir eine solche. <BR /><BR /><b>Väter, die Mutter spielen sollen?</b><BR />Oberbacher: Nein, wir Väter müssen nicht Mama spielen, auch wenn das oft von der Gesellschaft so verlangt wäre. Wir dürfen das Vatersein nicht verlernen. An uns kann man sich reiben, mit uns streiten, Risiken eingehen. Auch das brauchen Kinder. Es fällt aber keinem Vater ein Zacken aus der Krone, öfter mal in die Rolle der Mutter zu schlüpfen – und zwar nicht nur am Muttertag. Mann kann daheim mithelfen und so den Kindern zeigen, dass das Normalität ist.<BR /><BR /><b>Besteht die Gefahr, dass es die Väter zwischen Anforderung und Wirklichkeit zerreißt?</b><BR />Oberbacher: Die Gefahr ist da. Umso wichtiger ist es, dass sich auch die Väter Freiräume suchen und Prioritäten setzen. Wichtig ist, dass man die Ansprüche an sich selbst herunterschraubt. Viele glauben, am Wochenende mit ihren Kindern das kompensieren zu müssen, was sie unter der Woche versäumt haben. Das kann nicht funktionieren.<BR /><BR /><BR />