Die Sprache ist nicht bloß ein Spiegel der eigenen Kultur und Tradition, vielmehr ist sie Ausdruck der menschlichen Lebenswelt und Identität. Gerade die Fähigkeit zur komplexen sprachlichen Kommunikation macht den Menschen zu etwas Einzigartigem. Weltweit gibt es rund 7000 aktiv gesprochene Sprachen, in Europa sind es an die 200. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1076712_image" /></div> <BR />Als <b>Kailash Soni</b> mit 17 Jahren nach Südtirol kam, sprach er außer seiner Muttersprache Hindi bloß noch etwas Englisch, das er in der Schule gelernt hat. Heute, rund 10 Jahre später, kann er sich hier sehr gut auf Deutsch und Italienisch verständigen. „Ich wusste gleich zu Beginn, dass ich die Sprachen des Landes lernen muss, um hier weiterzukommen“, sagt er. <BR /><BR />Obwohl das Erlernen der beiden Landessprachen alles andere als leicht war, hat er sich richtiggehend reingekniet und alles, was ihm zu Ohren gekommen ist, wie ein Schwamm aufgesogen. Schnell hat er verstanden, dass das Deutsch in den Büchern und in der Schule ziemlich anders klingt, als das Deutsch, das den Südtirolern zur Verständigung im Alltag dient. Fortwährend hat er sich Wörter notiert und eingeprägt, nicht bloß deutsche, sondern auch italienische und englische Begriffe. „Die Lehrer, die Mitschüler und die Arbeitskollegen haben mich bei meinen Bemühungen sehr unterstützt“, sagt er rückblickend.<BR /><BR />Kailash Soni ist nicht nur ein wissbegieriger und intelligenter junger Mann, der die Landesberufsschule Savoy in Meran mit Bestnote abgeschlossen hat, sondern ein überaus offener. Das hat ihm geholfen, denn das Sprachenlernen funktioniert nun mal stark über das Gehör und das Sprechen. Und so kam es, dass er sich heuer zutraute, die Flaggerschartenhütte in den Sarntaler Alpen als Hüttenwirt zu übernehmen. Viele Wanderer staunten nicht schlecht über das internationale Flair auf der Hütte, ganz nebenbei baute der überaus anpassungsfähige Inder seine Sprachkenntnisse weiter aus. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1076715_image" /></div> <BR />In der Wirtschaft und im Handel gehört Sprachenvielfalt seit jeher wie selbstverständlich dazu. Ein gutes Beispiel hierfür ist das global tätige Unternehmen TechnoAlpin, weltweit führender Hersteller für Beschneiungsanlagen. So hat die 1990 gegründete Firma Kunden in 55 Ländern sowie 16 Niederlassungen in 13 Ländern und 14 Vertriebspartner. Allein in der Zentrale in Bozen sind Mitarbeiter aus 11 Nationen beschäftigt.<BR /><BR /> In Summe werden im Unternehmen mehr als 30 Sprachen gesprochen, sodass man fast alle Kunden in ihrer Muttersprache bedienen kann. „Die Sprachenvielfalt in internationalen Unternehmen stellt eine Herausforderung dar, gleichzeitig bereichert Internationalität unsere tägliche Arbeit. Die Flexibilität der Mitarbeiter und geeignete Strategien für die Mehrsprachigkeit sind Voraussetzungen für eine gute internationale Zusammenarbeit“, fasst <b>Patrizia Pircher</b>, Leiterin der Marketingabteilung.<BR /><BR /> Der Aufwand und die internationale Ausrichtung lassen sich gut anhand einiger Fakten aufzeigen: Die Handbücher werden in 15 Sprachen übersetzt, darunter etwa auf Japanisch oder Koreanisch, manche Broschüren sind in 19 Sprachen verfügbar. Auf die Website von TechnoAlpin kann man sich in 11 Sprachen schlau machen, sogar Schwedisch, Polnisch, Slowakisch, Chinesisch und Russisch finden dabei Berücksichtigung.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1076718_image" /></div> Nach wie vor beliebt ist das Sprachenlernen bei Erwachsenen. Allein die Volkshochschule Südtirol (VHS) verbuchte im vergangenen Jahr rund 3000 Teilnehmer bei knapp 500 Sprachkursen. Dabei gibt es verschiedenste Formate, neben den klassischen Sprachkursen in Präsenz verstärkt Online-Sprachkurse, sogenannte „Sprachcafés“, aber auch etwa Sprache in Verbindung mit Kochen oder Kinoabende in einer Fremdsprache (Französisch oder Englisch). Unterm Strich verzeichnet die VHS 100 Kursleitende im Fachbereich Sprache. <BR /><BR />„Bei uns gilt das Prinzip des Eingebundensein in eine Gruppe, des gemeinsamen Lernens, was die Teilnehmer veranlasst, über mehrere Semester bzw. Jahre hinweg ihrer Sprache treu zu bleiben“, erklärt VHS-Direktorin <b>Barbara Pixner</b> ein typisches Motiv der erwachsenen Sprachschüler. Neben einer beruflichen Zusatzqualifikation sind mit dem Sprachenlernen oftmals Reisewünsche sowie ein erwachtes Interesse im Rentenalter verbunden. Sehr wohl werden die Angebote auch von Kindern und Jugendlichen wahrgenommen. Neben den klassischen Fremdsprachenkursen gibt es auch Kurse für Arabisch, Russisch, Niederländisch, Norwegisch und zudem für die Gebärdensprache. Stark gefragt sind Italienischkurse zur Vorbereitung auf die Zweisprachigkeitsprüfung.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1076721_image" /></div> <BR /><BR />Sprachliche Vielfalt und gelebte Willkommenskultur gehören seit jeher zu den bestimmenden Merkmalen des Vereins für Kinderspielplätze und Erholung (VKE). „Egal, aus welchem Land sie auch kommen mögen - wir betrachten jedes Kind und Elternteil als gleichwertig“, erklärt VKE-Direktorin <b>Angelika Stuefer</b> und fügt hinzu, dass hierfür die Wertschätzung der Erstsprache ein wichtiges Signal darstellt. Wie aber kann das im Alltag überhaupt gelingen? <BR /><BR />Stuefer nennt einige Beispiele: „Es kann ein Spiel, ein Lied oder die gemeinsame Betrachtung eines Bilderbuches in einer anderen Sprache sein. Natürlich ist das oft anstrengend, aber unterm Strich entwickeln sich beim gemeinsamen Lernen alle weiter.“ Somit prallen beim VKE zuweilen Welten aufeinander, hin und wieder hilft bei der Verständigung auch ein interkultureller Mediator. <BR /><BR />Gerade zum heutigen „Tag der Sprachen“ gibt es in den Spielhäusern von Bozen und Brixen gezielte Aktionen, so etwa ein Sprachen-Memory und die Beschäftigung mit dem Thema Recycling in mehreren Sprachen. Das zuweilen babylonische Sprachengewirr wird allein in der Bozner Gruppe deutlich, denn dort unterhält man sich von Albanisch und Ukrainisch über Deutsch, Italienisch und Ladinisch bis hin zu nordafrikanischen Sprachen in 8 unterschiedlichen Sprachen.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1076724_image" /></div> <BR /><BR />Die Grenzen deiner Sprache sind die Grenzen deiner Welt. Diesen Ludwig Wittgenstein zugesprochenem Sinnspruch hat der Brixner Moderator <b>Pietro Polidori</b> zu seinem Leitmotiv auserkoren, der Mehrsprachigkeit hat er ungeahnte Möglichkeiten zu verdanken. <BR /><BR />Er moderiert Veranstaltungen unterschiedlichster Art in 5 Sprachen: Englisch, Italienisch, Deutsch, Französisch und Spanisch. Die Reihenfolge der erwähnten Sprachen entspricht dabei durchaus der Häufigkeit der Nachfrage. Denn englische Moderationen sind heute das Steckenpferd des polyglotten Brixners, der gestern im Fürstentum Monaco durch ein Event mit Stargast Jason Derulo führte. <BR /><BR />„Durch Englisch eröffneten sich für mich völlig neue Welten, wie etwa eine Tour mit der Box-Legende Mike Tyson oder Events mit Arnold Schwarzenegger sowie Nicole Scherzinger“, nennt er einige Höhepunkte. Für Mike Tyson kochte er einst sogar Nudeln in Las Vegas. Französisch und Spanisch brachte er sich durch Apps und Kurse bei, bei diesen Sprachen baut er auf ein vorgefertigtes Skript. Sein Sprachentalent verdanke er dem Umstand, dass er familienbedingt mit Italienisch und Deutsch aufgewachsen ist – das habe sich als „extrem hilfreich beim Erlernen einer dritten Sprache“ erwiesen. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1076727_image" /></div> <BR /><BR />Jeden Tag mit vielen Sprachen zurechtkommen – das ist auch Alltag für <b>Rinat Kornilov</b>, der die 4. Klasse des Klassischen Gymnasium „Walther von der Vogelweide“ mit Schwerpunkt Musik in Bozen besucht.<BR /><BR /> Aufgewachsen ist der 18-Jährige in Kasachstan, somit hat er Russisch als Muttersprache. Unterrichtssprache ist Deutsch, zusätzlich zur Zweitsprache Italienisch kommen Unterrichtseinheiten in Englisch und Französisch. „In der Familie unterhalten wir uns auf Russisch, in der Schule und mit meinen Schulfreunden spreche ich Deutsch, allerdings gibt es die meisten wichtigen Infos im Internet auf Englisch“, beschreibt er das bunte Sprachengemisch. <BR /><BR />Er glaubt, dass im Laufe der Zeit Deutsch und Italienisch, das er vorwiegend untertags in Bozen benutzt, immer wichtiger für ihn werden dürften, sozusagen seine beiden Hauptsprachen. Er hat sich schnell im ganz persönlichen Sprachenkosmos zurechtgefunden, denn schließlich lebt er erst ein paar Jahre hier in Südtirol. „Das Sprachenlernen finde ich interessant, manchmal auch schwierig, vor allem, wenn es um Deutsch und Italienisch geht“, räumt er ein und fügt hinzu: „Ich gebe aber mein Bestes, die beiden bestimmenden Sprachen in Südtirol zu erlernen. Von einer gänzlich anderen Sprache war dabei gar noch nicht die Rede – die universelle Sprache der Musik. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1076730_image" /></div> <BR /><BR />Einen sprachlichen Schmelztiegel der besonderen Art bilden die Dolomitentäler. Ausgerechnet hier, wo sich Gästescharen aus aller Welt tummeln, wird mit dem Ladinischen eine gemäß UNESCO-Definition vom Ausstreben bedrohte Sprache gesprochen. Allerdings sorgen die rund 40.000 Ladiner für die Pflege und den Erhalt ihrer Sprache, die in Südtirol immerhin den Status einer Amtssprache innehat. <BR /><BR />„Ladinisch ist auch die älteste Sprache unseres Landes, und wir bemühen uns sehr, unsere eigenständige Geschichte und Kultur den Touristen näherzubringen“, sagt Günther Pitscheider, Direktor des Tourismusverbundes Dolomites Val Gardena/Gröden. Er hat beobachtet, dass sich vor allem die Gäste in den Sommermonaten sehr dafür interessieren. <BR /><BR />Umgekehrt sind gute Sprachkenntnisse bei den Beschäftigten im Tourismus und in der Hotellerie unverzichtbar. „Deutsch, Italienisch und Englisch sind ein Muss, darüber hinaus kommt es immer gut an, wenn man sich mit den Gästen beispielsweise in Spanisch oder Französisch unterhalten kann“, weiß Pitscheider. Und wenn man dann noch das eine oder andere Wort Ladinisch einstreut, dann hat man die Sympathien ohnehin auf seiner Seite.