Von dir bewohnt - Panorama

Krank im Bett, das Handy aus und alles andere, was nachrichtentechnisch zum Journalisten-Alltag gehört… Das kann echter Luxus sein. Viel Zeit zum Denken hat man und nach ein paar Tagen eine entschleunigte Ruhe, die Erholung schenkt. Viel habe ich in dieser Woche über dich nachgedacht, Mama. Nicht, weil der Muttertag vor der Tür steht. Und auch nicht, weil du dir Sorgen um die Katze machst. Es ist mein Innehalten, das mich zu dir führt, ganz bewusst und ohne Ablenkung. Glasklar sieht man da… auch über die betriebsblinden Ränder. Seit mehr als 20 Jahren leben wir nun miteinander unter einem Dach. Das hat sich zufällig ergeben und wohl keine von uns beiden hätte damals gedacht, dass es von Dauer sein würde. Was es dafür braucht, Respekt, Toleranz und Augenhöhe, lebst du mir vor, seit ich denken kann – als Löwenmutter, die liebt und kämpft mit offenem Visier und unerschütterlichem Herzen. Wie oft du dir gewünscht hast, dieses oder jenes nicht zu wissen, vor allem, wenn du nicht helfen konntest… Du hast es mir nie verraten. Doch geholfen, Mama, das hast du immer! Mit Rat und Tat, oder einfach, weil du da warst. In allen dunklen und hellen Stunden meines Lebens, in den Stürmen und Höhenflügen, in Zweifeln und Abstürzen, Gesundheit und Krankheit. Niemals jemanden fallenlassen, den man liebt, niemals loslassen, was einem wichtig ist. DAS hast du mir beigebracht mit deinem bedingungslosen zu mir stehen und deiner Fähigkeit, Grenzen zu setzen, als es sie brauchte und loszulassen, als die Zeit dafür reif war. Vorbild warst du mir – Vorbild bist du mir – als Mutter, als Frau! Und ich brauche wahrlich keinen Muttertag, um dir zu danken. Für deine Werte und die positive Lebenseinstellung, für deine Kraft und dein Rückgrat, deine Tierliebe, Empathie, Hilfsbereitschaft und diese herrliche Fähigkeit, sich zu freuen, auch für andere. Seit 56 Jahren prägst du mich, Mama. Und müsste ich unsere Beziehung beschreiben, dann bin ich Haus, von dir bewohnt, dann bist du Stein, von meinem Haus.