Nun mussten die Kardinäle erneut zum Konklave nach Rom. 1978 würde ein „3-Päpste-Jahr“ werden – mehr als ein Dutzend davon kennt die lange Kirchengeschichte; aber nicht oft waren die Zeiten so voller Umbrüche, die Herausforderungen an das oberste Amt so groß gewesen.Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) hatte die Kirche für den Dialog mit der modernen Welt und anderen Religionen geöffnet, aber auch Gräben zwischen Reformern und Bewahrern aufgerissen. Paul VI. stand vor der Aufgabe, zwischen den Lagern zu vermitteln und die Einheit der Kirche zu erhalten. Dabei war er gleichzeitig der Motor der Reform. Kirche und Papstamt erhielten unter seiner Regierung ein anderes Gesicht – symbolisch verzichtete er nach der Wahl auf die Tiara, die Papstkrone.Erster Papst, der auf Reisen ging Als erster Papst der Neuzeit ging er auf Reisen. Er schaffte den „Antimodernisteneid“ für Priester ab, pochte aber mit der Enzyklika „Humanae vitae“ 1968 auch auf die Gültigkeit der traditionellen katholischen Lehre. Vom Schreiben über die Würde des menschlichen Lebens wurde fast nur das Nein zu künstlichen Verhütungsmitteln grell beleuchtet.Diplomatisches Neuland betrat er mit der vorsichtigen Kontaktaufnahme Richtung Ostblock, um die Lage der Kirchen hinter dem Eisernen Vorhang zu verbessern. Auch damit stieß er bei Kritikern auf Vorbehalte. Schließlich verließen den 80-Jährigen am 6. August 1978 die Kräfte.Exakt 111 Kardinäle versammelten sich daraufhin zum Konklave, unter den 56 Europäern auch der damalige Wiener Erzbischof Kardinal Franz König (1905-2004). Vieles, was damals gefordert wurde, erinnert an die Wahl von Papst Franziskus 35 Jahre später: Das neue Kirchenoberhaupt müsse ein Mann der Versöhnung sein, ein Papst der Armen und Unterdrückten, hieß es.Forderungen an den Papst: Weltoffen und Respekt für TraditionenEr sollte weltoffen sein, bei allem Respekt für die Tradition. Er sollte persönliches Charisma besitzen und einen kollegialen Führungsstil pflegen. Nach nur vier Wahlgängen hatten die Kardinäle diesen Mann gefunden: Albino Luciani, Patriarch von Venedig, konzilsorientiert und als Johannes Paul I. der erste Papst, der einen Doppelnamen wählte, mit dem er an seine beiden Vorgänger erinnerte.„Möge Gott euch diese Tat verzeihen“, tadelte er seine Wähler in der Sixtinischen Kapelle. Nur wenige Kardinäle dürften gewusst haben, dass der 65-Jährige ein chronisches Herzleiden hatte. Der „lächelnde Papst“, der so anders erschien als der kühl wirkende Intellektuelle Paul VI., eroberte in den kommenden Wochen die Herzen der Gläubigen: mit ungestelzten Ansprachen, die jeder verstand, aber auch durch seine bescheidenen Gesten. So schaffte er die päpstliche Sänfte, die „sedia gestatoria“, ab und sprach von sich nicht mehr im majestätischen „Wir“.Ein Herzkranker wird Kirchenoberhaupt Doch der gütige Seelsorger schien vom komplizierten Apparat der Kurie überfordert – und allein gelassen. Noch dazu in Zeiten tiefgreifenden Wandels. Die Wahl eines Herzkranken zum Kirchenoberhaupt in einer solchen Phase kam – wie der amerikanische Papstbiograf George Weigel später schrieb – einem Todesurteil gleich. Es bedurfte keiner Verschwörung, keines Giftmordes – wie später immer wieder behauptet und widerlegt -, um das Pontifikat Johannes Pauls I. nach 33 Tagen zu beenden.Am 29. September schob Schwester Vincenza Taffarel um 4.30 Uhr früh wie gewöhnlich eine Kanne Kaffee ins Arbeitszimmer des Papstes im Apostolischen Palast – und klopfte an der Schlafzimmertür. Als abermaliges Klopfen ohne Antwort blieb, öffnete sie und fand Johannes Paul I. reglos im Bett sitzen. Er hatte seine Brille auf, der Kopf hing leicht zur Seite. In seinen Händen hielt er einige Blätter; die Leselampe brannte.Herzversagen, so die Diagnose des Leibarztes Renato Buzzonetti. Als Todeszeitpunkt nahm er 23 Uhr der vorangegangenen Nacht an.Der Papst klagte am Vorabend über Schmerzen Erst kürzlich wurden bisher unbekannte Details zum Tod des Papstes veröffentlicht. Demnach klagte er wenige Stunden vor seinem Tod über starke Schmerzen im oberen Brustbereich, wollte aber keinen Arzt rufen lassen. Dies stützt die offizielle Darstellung über einen Herzinfarkt. Im Bericht von Buzzonetti für das vatikanische Staatssekretariat soll sich eine entsprechende Notiz über die Schmerzattacke befinden, die Johannes Paul I. im Beisein seines Sekretärs John Magee erlitten habe.Der Schock über den Tod Johannes Pauls I. prägte das folgende, neuerliche Konklave. Mehr denn je ging es den Kardinälen nun darum, einen gesundheitlich robusten Mann an die Kirchenspitze zu setzen. Und jemanden, der den Verwaltungsapparat und dessen machtbewusste Kardinäle im Griff haben würde.apa