Die einen sind reich, suchen Nervenkitzel und Abenteuer – die anderen sind meist bettelarm, ohne Heimat und auf der Suche nach einer Chance im Leben: Warum haben wir mit den einen jede Menge Mitgefühl und es werden millionenteure Rettungsaktionen gestartet – und für die anderen tun wir (viel zu) wenig? Diesen Gedanken formulieren derzeit viele Menschen in sozialen Netzwerken zu den Berichten über die „Titan“. <BR /><BR /> Aus Sicht der Psychologin und Neurowissenschaftlerin Grit Hein sind solche Gedankengänge durchaus nachvollziehbar. „Mitgefühl und Empathie nimmt mit gefühlter Nähe oder auch Ähnlichkeit zu einer betroffenen Person zu“, sagte die Forscherin vom Uniklinikum Würzburg der Deutschen Presse-Agentur.<BR /><BR /> Sie könne sich vorstellen, dass es sich für viele tatsächlich näher anfühle, zur Titanic in einem U-Boot aufzubrechen, als seine Heimat wegen Krieg und Hunger zu verlassen. Für andere Menschen, die selbst einen Hintergrund als Geflüchtete haben, sei das sicherlich anders.<h3> Auch die Berichterstattung entscheidet</h3>Auf Twitter schrieb ein Nutzer etwa zu dem Vorfall: „Das U-Boot-Unglück am Wrack der Titanic ist bitter. Wir alle hoffen noch immer, dass die Opfer lebend geborgen werden! Aber sprachlos macht mich: Wie sehr dieses Unglück unsere Öffentlichkeit umtreibt und wie egal uns gleichzeitig täglich ertrinkende Menschen im Mittelmeer sind.“<BR /><BR />Für die Psychologin Hein liegt dieser Umstand auch in der Berichterstattung begründet. „In dem Moment, wenn ich Informationen über eine Person habe, erzeugt das dieses Gefühl des Kennens, Sich-näher-Stehens. Und das erhöht das Mitgefühl.“ Das ließe sich genauso gut über entsprechende Berichterstattung über Geflüchtete erzeugen, die aber so meist nicht passiere, ist Hein überzeugt.<BR /><BR /><embed id="dtext86-60138955_quote" /><BR /><BR />Zugleich sagte die Forscherin: „Es gibt sicherlich das Phänomen, dass Mitgefühl sich abnutzt, und das hat teilweise natürlich auch seinen Grund.“ Wenn sich schlechte Nachrichten häuften und man bei jeder Meldung im selben Umfang auch emotional mitgehen würde, würde das zum emotionalen „Burnout“ führen. „Im Vergleich dazu ist diese U-Boot-Situation schon recht einzigartig, weckt erst einmal die Aufmerksamkeit, und ist etwas, womit wir uns zunächst auch intensiver auseinandersetzen.“<BR /><BR />Es sei einfacher, sich in die Situation zu versetzen, in einem engen Raum eingesperrt zu sein. „Sei es auch nur in einem Fahrstuhl.“ Im Gegensatz dazu sei es wahrscheinlich für viele von uns schwer vorstellbar, wie es ist, auf der Flucht zu sein und sich mit Kind und Hab und Gut auf eine Reise zu begeben. „Das ist etwas, was für viele von uns wesentlich abstrakter ist, als dieses Eingesperrt-Sein auf engem Raum. Auch das könne diese zunächst stärkere empathische Reaktion gegenüber diesen fünf Männern im U-Boot erklären.