Wir haben mit dem Sterzinger über seine Reise nach Santiago de Compostela gesprochen und erstaunliche Einblicke erhalten.<BR /><BR /> Roland Andreatta begeht den Jakobsweg in dreieinhalb Monaten und legt dabei nicht weniger als 2900 Kilometer und 55.000 Höhenmeter zurück. Ein Gespräch über volle Schlafsäle, magische Sonnenaufgänge und das Gefühl angekommen zu sein. <b><BR /><BR /><BR />Wie kann man sich die Vorbereitung zu so einem Abenteuer vorstellen?</b><BR />Roland Andreatta: Angefangen hatte die Planung mit Literatur zum Jakobsweg und Infos aus dem Internet. Dann wurde eine Liste erstellt, was alles benötigt wird – so wenig als möglich vom Wichtigsten. Natürlich hatte ich viel zu viel Gepäck dabei, und bereits von der Schweiz aus habe ich vieles – wie Zelt, Isomatte und Rasierapparat – wieder nach Hause zurückgeschickt. Als Generalprobe bin ich nach Vahrn gegangen, darüber muss ich noch heute lachen. Obwohl ich immer schon viel gewandert bin, war diese Reise doch etwas ganz anderes. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="836483_image" /></div> <BR /><b>Inwiefern?</b><BR />Andreatta: Ich wollte ja nicht übertreiben, und habe mir als Tagesziel 30 Kilometer gesetzt, außer in der spanischen Ebene, da bin ich täglich an die 40 Kilometer gegangen. Mein Tagesziel wollte ich auf jeden Fall immer schaffen, denn daheim wurden schon Wetten abgeschlossen, dass ich es nicht schaffe. Einige erklärten mich gar für verrückt. Aber aufgeben kam für mich nicht in Frage, denn es war für mich eine Herzensangelegenheit. Mit dem Wetter hatte ich großes Glück, wenngleich es manchmal über 30 Grad heiß war und ich nahezu an meine Grenzen kam. Einzig die letzten 12 Tage regnete es in Strömen. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="836486_image" /></div> <BR /><b>Wie verlief die Strecke?</b><BR />Andreatta: Von Sterzing aus ging es über Innsbruck nach Liechtenstein, Lausanne und Genf. Von Genf aus ging es nach Saint-Jean-Pied-de-Port und dann über den Camino Francés nach Santiago de Compostela. Als Krönung bin ich noch nach Finisterre, also an das damalige geglaubte Ende der Welt und bis nach Muxia zur Kathedrale. Am 29. Oktober war die Reise für mich beendet. <BR /><BR /><BR /><b>Wie kann man sich einen Tagesablauf auf dem Jakobsweg vorstellen?</b><BR />Andreatta: Das kommt immer darauf an, wo man sich gerade befindet. Wenngleich die Schweiz wunderschön ist, war es doch unglaublich teuer. Da brauchte ich an die 150 Euro täglich. In Frankreich hat es mir am besten gefallen, denn da habe ich immer in privaten Unterkünften übernachtet, und es war sehr familiär. Im Preis war immer auch das Abendessen enthalten, wo wir meist so an die 15 Pilger waren und gemeinsam an einem Tisch aßen. Hier haben sich Freundschaften gebildet. Es war einfach wunderbar. In Spanien ist leider alles wahnsinnig kommerziell, na ja, die Einheimischen leben ja auch von den Pilgern. Die Jugendherbergen waren zwar billig, aber furchtbar. An die 50 Personen in einem Raum mit nur einer Toilette. Da braucht es schon eine gehörige Portion Anpassungsfähigkeit. Nachdem ich aber meist um 20 Uhr schon im Bett war, bin ich um 5 Uhr morgens aufgestanden, und bei Sonnenuntergang losgegangen – dann ging das schon. Auch habe ich mir einmal die Woche ein Hotel geleistet.<BR /><BR /><b>Was waren bleibende Eindrücke?</b><BR />Andreatta: 8 Stunden täglich zu marschieren und mit seinen Gedanken alleine zu sein, das prägt. Man kommt zur Ruhe, reflektiert sein Leben und freut sich über viele kleine Dinge. Die Sonnenaufgänge waren magisch. Ich freute mich sehr, als ich in der spanischen Ebenen zufällig einen Sterzinger traf, und wir einen Tag zusammen gegangen sind. In Santiago besuchte ich die Messe und hatte großes Glück, denn ich erlebte die „botafumeiro“. Normalerweise wird der Weihrauchkessel nur an ganz großen Feiertagen entzündet und als Pendel über die Köpfe der Gläubigen geschwungen, aber Texaner hatten extra dafür bezahlt, und ich war der glückliche Nutznießer.<BR /><BR /><b>Würden Sie den Jakobsweg empfehlen?</b><BR />Andreatta: Auf alle Fälle. Jeder muss für sich die beste Route finden. Ein bisschen Training wäre auch nicht schlecht. Und man sollte bereit sein, die eigenen Ansprüche auf ein Minimum zu reduzieren. Man trifft so unglaublich viele Menschen, und alle sind freundlich. Billig ist es allerdings nicht gerade, mich hat das Abenteuer an die 6000 Euro gekostet, aber ich hatte mir auch manchmal etwas gegönnt. Rückreise mit Flug, Bus und Zug waren auch darin enthalten. Aber das Gefühl, dass man es am Ende geschafft hat, ist unbezahlbar.<BR />