Um nicht das Gesicht zu verlieren und den Anschein zu erwecken, man habe den vehementen Protesten von Journalisten, Staatsanwälten und der Opposition nachgegeben, wolle sich Ministerpräsident Silvio Berlusconi auf die von Staatspräsident Giorgio Napolitano geäußerten Kritikpunkte konzentrieren, schreibt die Zeitung. Napolitano hatte Verfassungsbedenken angemeldet.Da einige der Kritikpunkte des Staatspräsidenten deckungsgleich mit der Kritik der Parlamentarier der „Fini-Fraktion“ im PDL sind, habe Berlusconi Verhandlungen mit der Fini-Vertrauten Giulia Bongiorno zugestimmt, um das Gesetz in Teilen zu entschärfen, so "La Repubblica".Der Gesetzentwurf, der seit zwei Jahren von den zuständigen Parlaments-Kommissionen behandelt wird, soll aber noch vor der Sommerpause des Parlaments verabschiedet werden. Fini hatte – wie auch die Opposition – mehrmals Bedenken über die Eile geäußert, mit der die Regierungskoalition die Debatte über den Entwurf starten will und sich damit zum wiederholten Mal den Zorn Berlusconis zugezogen.„Diese Eile ist unvernünftig, da der Text in der Abgeordnetenkammer sehr wahrscheinlich noch geändert werden muss und die Endabstimmung ohnehin nicht vor September erfolgen kann“, unterstrich Fini und provozierte damit den neuerlichen Zorn Berlusconis, der nun „absolut nichts mehr von Fini wissen “ und ihn Schritt für Schritt seiner Befugnisse „berauben“ will. Berlusconis Abrechnung mit seinem ehemaligen Verbündeten Fini ist aufgeschoben, aber nicht aufgehoben.Denn das Abhörgesetz hat für Berlusconi, von dem mehrmals Telefonate abgehört und veröffentlicht Telefonaten worden sind, jetzt Priorität.Nach anfänglichen Durchhalteparolen der Regierung zeichnete sich bereits in den vergangenen Tagen ab, dass Berlusconi vom ursprünglichen Text des Gesetzentwurfes abrückt und zu Kompromissen bereit ist. „Der Entwurf ist nicht die Bibel. Er kann abgeändert werden“, hatte Außenminister Franco Frattini erklärt. „Ich habe es schon mehrmals wiederholt: Der Entwurf ist nicht in Stein gemeißelt. Die Regierung wird Änderungen vorlegen“, zitiert die „Repubblica" Niccolò Ghedini, PDL-Agbeordneter und Berlusconis Rechtsberater.Journalisten streiken am 9. Juli gegen das GesetzDie Mitte-Rechts-Regierung will mit dem Gesetz nicht nur Abhörmaßnahmen bei Ermittlungen stärker einschränken, sondern vor allem drastische Strafen für Medien und Journalisten einführen, die „unrechtmäßig“ Ermittlungsakten oder mitgeschnittene Gespräche veröffentlichen. Es gebe bei weitem viel zu viele Lauschangriffe, so Berlusconi, die Privatsphäre müsse weitaus besser geschützt werden. Mit Blick auf das kommende Gesetz hatten die Ermittler aber bei vielen Schlägen gegen die Mafia betont, diese Erfolge seien nur dank der bislang weitreichenden Abhörbefugnisse möglich gewesen. Für die linke Opposition wird mit dem „Knebel-Gesetz“ das Recht auf Information ausgehebelt, wenn Journalisten künftig deftige Haftstrafen drohten. Die Journalisten planen am 9. Juli einen landesweiten Streik gegen das Abhörgesetz. „Die Regierungskoalition will die Medienfreiheit in Italien erdrosseln“, kommentierte FNSI-Sekretär Franco Siddi.rb