Um 5 Uhr morgens schwang sich Kompatscher gestern in den Zug nach Rom, um mit Dieter Steger und Senator Meinhard Durnwalder mit den Ministern Roberto Calderoli (Lega) und Francesco Lollobrigida (FdI) das zu besprechen, was seit Tagen für Wirbel sorgt: das Angebot an den Brunecker Ex-Bürgermeister, Staatssekretär zu werden. Diese gehören allerdings naturgemäß der Regierung an, doch genau solche Posten nimmt die SVP seit 80 Jahren nicht an.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1180347_image" /></div> <BR />„Wir haben klargestellt, dass die SVP ihre Position außerhalb der Blöcke in keiner Weise verändern und weder Teil der Mehrheit noch der Regierung wird“, so Steger. Wirklich notwendig war das in diesem Moment nicht mehr. Ob als Reaktion auf das harsche Nein aus der SVP oder weil seitens der Regierung immer so geplant war, sei dahingestellt: „Jedenfalls hat keiner von uns erwartet oder verlangt, in Mehrheit oder Regierung einzutreten“, so Kompatscher. Auch ihr Abstimmungsverhalten müsse die SVP nicht ändern. Dies bestätigte Minister Calderoli am Nachmittag auch per Aussendung. <h3> Ein Sonderbeauftragter je Region</h3> Ihn treibt vielmehr die Sorge an, die Reform des Autonomiestatuts nicht fristgerecht bis Ende 2026 zweimal durch Kammer und Senat zu bringen. „Zwischen Berggesetz, differenzierter Autonomie und vielem mehr ist er total eingedeckt und braucht Verstärkung“, so Steger. <BR /><BR />Die Regierung habe deshalb entschieden, für die Reform der Statute der autonomen Regionen, von denen das Südtiroler als erstes behandelt wird, je einen Sonderbeauftragten im Rang eines Staatssekretärs einzusetzen. Dieser stamme aus der betroffenen Region – und gehöre im Fall Südtirol der Sprachminderheit an. Da sein Auftrag zeitlich begrenzt sei, falle er nicht unter die Quote der 65 Mitglieder, welche die Regierung aufweisen darf. <BR /><BR />Bei der Ernennung wendet sich Rom nicht an die SVP, sondern an den Regionalrat. Dieser soll in Bälde einen Namensvorschlag erhalten und sich dazu äußern. „Eine sympathische Geste, denn die Regierung muss nicht fragen, wen sie ernennt“, meint Kompatscher. Keiner zweifelt daran, dass der Name Roland Griessmair heißen wird.<h3> SVP-Parteigremien tagen am Montag</h3> Für Kompatscher ist damit Ende der Durchsage. „Für mich gibt es kein Problem mehr: Es wurde klargestellt, dass weder die SVP in die Regierung geht, noch Rom das von uns will.“ Einen Staatssekretär für die Autonomiereform zu ernennen, ist der Regierung unbenommen. „Wenn es hilft, dass sie schneller genehmigt wird, umso besser.“<BR /><BR />Steger will für Montag die Parteigremien einberufen, um den Kurs der SVP außerhalb der Blöcke zu bestätigen: „Niemand muss sich sorgen, dass die SVP ihren Weg ändert.“ Wer auch immer Staatssekretär werde, nehme seine Funktion „nicht für die SVP, sondern für die Regierung“ wahr. <BR /><BR />Allerdings ist mit dieser Lösung die sprichwörtliche Quadratur des Kreises gelungen: zu perfekt, um nicht ein abgekartetes Spiel zwischen SVP und Regierung zu vermuten. Erstere ist fein draußen und den Staatssekretär Griessmair gibt es doch.<h3> Unterberger verteidigt Entscheidung</h3> „Nein, in diesem Fall muss ich meine Partei verteidigen“, meint Senatorin Julia Unterberger. Steger und Durnwalder, die sich um die Autonomiereform bemühen, werde mit Griessmair jemand in „viel höherer Position als sie vor die Nase gesetzt, der als Bauingenieur mit der Materie nicht bewandert ist“. Der SVP werde der Staatssekretär „aufgedrückt“. Sollte Calderoli überlastet sein, so gebe es Qualifiziertere für den Job aus seinen Reihen wie z.B. Ex-Regionenministerin Stefani.<BR /><BR />Bleibt die Frage, was der Staatssekretär bewirken soll. Griessmair habe in Interviews erklärt, das Paket vielleicht noch einmal aufzuschnüren. „Das aber ist unmöglich. Wird nur ein Beistrich geändert, gehen Verhandlungen und Zeitplan von vorne los“, so Unterberger. In den Kommissionen werde Griessmair den Minister vertreten, könne bei jedem Antrag aber nur 4 Worte sagen: Negatives Gutachten der Regierung. Es bleibe ein „undurchsichtiges Manöver mit Geschmäckle.“ <h3> Das sagt Griessmair selbst</h3> Kritik, dass er als Bauingenieur nicht kompetent sei, die Autonomie-Reform zu betreuen, nimmt er gelassen: „Nicht jeder muss Jurist sein. der ehemalige bundesdeutsche Arbeitsminister Norbert Blüm, ist ein großer Vorbild für mich – und er war Werkzeugmacher.“<BR /><BR />Am Montag wird die SVP noch einmal klarstellen, dass sie nicht in die Regierung eintritt. Leicht zu vermitteln ist das nicht, wenn dann einer ihrer langjährigen Bürgermeister zum Staatssekretär aufsteigt. In der SVP halten sich deshalb Stimmen, wonach Griessmair – sollte er es denn werden – seine Mitgliedschaft in der SVP für die Dauer seines Auftrags in Rom ruhend stellen könnte. <BR /><BR />Griessmair hat enge Kontakte zu einigen Mitgliedern der römischen Regierung, die im Pustertal ihren Ski-Urlaub verbringen, darunter Minister Francesco Lollobrigida, der Schwager von Giorgia Meloni.<h3> 100.000 Euro als Amtsentschädigung </h3> Die Figur des Staatssekretärs wurde im Königreich Italien 1888 mit Verfassungsreform eingeführt. In der Verfassung der Republik von 1946 hingegen ist diese Figur nicht vorgesehen, und dennoch gibt es seit der ersten gewählten Regierung ab 1948 auch Staatssekretäre. Diese sind formell Mitglieder der Regierung. Den Rekord hält die von Romano Prodi 2006 geführte Regierung mit 64 Staatssekretären. Laut heutigem Gesetz darf die Staatsregierung nicht mehr als 65 Mitglieder umfassen, inklusive Staatssekretäre. <BR /><BR />Diese Möglichkeit hat die Regierung Meloni ausgeschöpft und dabei 32 Staatssekretäre ernannt. Ein Staatssekretär wird vom Staatspräsidenten auf Vorschlag der Premierministerin und des ihm zugeordneten Ministers ernannt; den Eid legt er vor der Premierministerin ab. Die Amtsentschädigung liegt bei über 100.000 Euro brutto im Jahr und lehnt sich an die Diäten der Parlamentarier an. Der Staatssekretär kann alle Hilfsdienste in Anspruch nehmen, die einem Regierungsmitglied zustehen.