Anders als in Ägypten gebe es in Libyen keine zivilgesellschaftlichen Strukturen wie Vereine und Verbände, da diese verboten seien, sagte der Wissenschafter des „Otto-Suhr-Instituts“ am Dienstag. Auch gebe es in Libyen keine Alternativpartei. Vor allem aber gebe es starke Rivalitäten zwischen den unterschiedlichen Stämmen, betonte Hasel. „Daher wird es viel schwerer sein, hier etwas Neues aus dem Hut zu zaubern.“Gaddafi habe in seiner mehr als vierzigjährigen Herrschaft die Macht über die Mehrheit der Stämme gehabt. Gestützt habe er sich insbesondere auf seinen eigenen und mehrere kleine Stämme. Trete er von der Macht ab, drohten heftige Auseinandersetzungen zwischen den Gruppierungen. Nicht nur Gaddafi und seine Familie müssten um ihr Leben fürchten, sondern auch Angehörige der ihn unterstützenden Stämme. „Da kann es zu einer bürgerkriegsähnlichen Entwicklung kommen“, sagte Hasel. Schwer vorhersehbar sei, wie lange diese Phase dauere und ob es die Stämme schafften, sich schnell zu einigen und die Macht neu aufzuteilen.Gleichwohl wäre es nach Ansicht des Experten keine Alternative, dass Gaddafi an der Macht bleibe. Dieser habe das Land seit seinem Putsch 1969 brutal unterdrückt und seine Skrupellosigkeit mehrfach bewiesen. Der Weg für die Menschen sei allerdings mit zu befürchtenden Hunderten oder Tausenden Toten kein einfacher Weg. Hasel rechnet nach eigenen Worten damit, dass Gaddafis Sturz nur noch eine Frage von Tagen ist. „Die Frage ist, wie viel Blut vorher noch vergossen wird. Politisch aber ist er erledigt.“ Gefährlich sei für Gaddafi vor allem, dass sich einige Stämme bereits von ihm losgesagt hätten.Bei einem Zusammenbruch von Gaddafis System kommen nach Ansicht Hasels auf den Westen erhebliche Probleme zu. Zum einen müsse dieser sich auf sehr viele Flüchtlinge einstellen. Auch die Erdöllieferungen könnten in Gefahr geraten, wenn die Anlagen in dem Konflikt zeitweise besetzt würden. Thorsten Severin/Reuters