„Man weiß doch, auf welcher Seite er steht", sagte ein sichtlich gestresst wirkender Berlusconi am Mittwochabend vor seiner Residenz. Aus dem Präsidentenpalast kam auf diesen Vorwurf umgehend eine scharfe Reaktion: „Jeder weiß, auf welcher Seite der Präsident steht. Auf der Seite der Verfassung, und er übt seine Funktionen mit absoluter Unparteilichkeit aus."Berlusconis wenig staatsmännische Erwiderung, es interessiere ihn nicht, was der Staatschef erkläre, sorgte bei der Opposition für Proteste. Solche Äußerungen seien in anderen Ländern unmöglich, „und waren es bis vor einigen Jahren auch in Italien", sagte PD-Generalsekretär Dario Franceschini. Berlusconis Verhalten sei vollkommen „unverantwortlich".Das Verhältnis des rechten Regierungschefs zu Napolitano ist seit jeher äußerst schwierig gewesen. Der 84-Jährige kämpfte einst gegen die Faschisten und trug maßgeblich dazu bei, dass die italienischen Kommunisten sich zu einer sozialdemokratischen Partei wandelten.Berlusconi: „Verfassungsrichter sind von der Linken beeinflusst"Auch die Verfassungsrichter attackierte Berlusconi scharf. „Das Verfassungsgericht ist von der Linken beeinflusst. Dieses Urteil macht mir nichts aus, ich regiere weiter. Die Stabilität der Regierung ist nicht gefährdet", versicherte Berlusconi nach Medienangaben vom Mittwoch.„Wir werden Italien mit oder ohne Immunitätsgesetz fünf Jahre lang regieren. Ich habe niemals daran gedacht, dass die Verfassungsrichter das Gesetz für rechtskonform erklären würden. Das Verfassungsgericht besteht aus linksorientierten Richtern", erklärte Berlusconi im Gespräch mit Journalisten. Berlusconi erklärte, er müsse das Urteil der Verfassungsrichter im Rahmen der demokratischen Spielregeln akzeptieren. Sein Wille, das Land weiterhin zu regieren und das Mandat zu erfüllen, das er vom Volk erhalten habe, sei nach dem Gerichtsurteil noch stärker.Der Medienmogul zeigte sich sicher, dass er bei den Korruptionsprozessen, die nach der Aufhebung der Immunität in Mailand fortgesetzt werden müssen, seine Unschuld beweisen werde. „Ich bin überzeugt, dass ehrliche und unabhängige Richter, die dem Gesetz und ihrem Gewissen folgen, die unbegründeten und lächerlichen Vorwürfe gegen mich fallen lassen werden", erklärte der Premierminister.Das Verfassungsgericht hatte am Mittwoch eine bisher geltende Immunitätsregelung für verfassungswidrig erklärt, die von Berlusconis Regierung im Juli 2008 verabschiedet worden war. Berlusconi muss nach dem Urteil mit der umgehenden Wiederaufnahme von zwei Korruptionsverfahren rechnen.apa/afp