4 Jahre sind vergangen, seit die Landesregierung beschlossen hatte, die Trasse für die BBT-Zulaufstrecke durch das Unterland in die Bauleitpläne der Gemeinden einzutragen. Geschehen ist das noch immer nicht. Nicht nur viele Unterlandler fragen sich: Warum?<BR /><BR /><BR /><i>Von Katrin Niedermair</i><BR /><BR /><BR />Die Geschichte zur Planung der Zulaufstrecke reicht über 20 Jahre zurück: Bereits Anfang der 90er Jahre gab es heftige Diskussionen über eine neue Hochgeschwindigkeitslinie in dem Gebiet. 2009 einigte man sich nach langem Ringen auf eine Trasse, die die Gleise durch den Berg führen sollte: Ein Tunnel von Auer bis Salurn sollte die Züge aus dem Süden zum Brennerbasistunnel leiten. Das war vor mehr als 10 Jahren. „Und an dem Punkt hängen wir noch immer“, sagt Oswald Schiefer, SVP-Urgestein im Unterland: „Der Güterverkehr und der überregionale Zugverkehr müssen in den Berg. So ist es seit 10 Jahren ausgemacht.“ <BR /><BR />Warum die Prozedur so lange dauere, sei ihm ein Rätsel.<BR />Vertreter der „Süd-Tiroler Freiheit“ richteten im März dieses Jahres eine Anfrage an die Landesregierung, wie weit die Planungen des Vorhabens denn inzwischen gekommen seien. Die Antwort von Landeshauptmann Arno Kompatscher: Es brauche für die Eintragung der Trasse in die Bauleitpläne der Gemeinden erst die aktuellen Zugzahlen. Sie müssten mittels einer internationalen Studie erhoben werden. <BR /><BR /><b>Vieles versäumt?</b><BR /><BR />Für die Vertreter der Bewegung war diese Antwort eine unbefriedigende: „Wertvolle Jahre sind verstrichen, Landesräte gekommen und gegangen, passiert ist aber nichts“, bemängelte Werner Thaler, Sprecher der Bezirksgruppe, in einer Aussendung. Gleichzeitig habe man es versäumt, die bestehende Bahnstrecke zu modernisieren und das Rollmaterial zu erneuern.<BR /><BR />Bereits 2017 hatte die Landesregierung, wie eingangs erwähnt, die für die Eintragung der Trasse notwendigen Bauleitplanänderung von Amts wegen beschlossen: Davon betroffen sind die Gemeinden Leifers, Branzoll, Deutschnofen, Aldein, Auer, Montan, Neumarkt und Salurn. <BR />Die Bauleitplanänderung sieht vor, dass die ausgewählte Trasse verbessert werden kann, indem auf der Grundlage der geologischen, ökologischen und technischen Studien, die in den folgenden Projektphasen noch durchzuführen sind, auf einem Abschnitt von 750 Metern noch Veränderungen vorgenommen werden.<BR /><BR />Im Rahmen der Machbarkeitsstudie von 2009 waren mehrere Möglichkeiten aus geologischer, hydrogeologischer und ökologischer Sicht überprüft worden. Auch die Stellungnahmen der Bezirksgemeinschaft Überetsch-Unterland, der Gemeindevertreter, der Interessensgruppen, der Arbeitsgruppe für die strategische Umweltverträglichkeitsprüfung und der Bevölkerung waren eingeholt worden. Letztlich erhielt, wie bereits erwähnt, die Tunnelvariante gegenüber allen anderen den Vorzug. <BR /><BR /><b>Großprojekte brauchen Zeit</b><BR /><BR />Seither sind die Jahre ins Land gezogen, doch geschehen ist – zumindest für die Öffentlichkeit sichtbar – nichts. „Großprojekte dieser Größenordnung werden nicht innerhalb von 2 Jahren abgewickelt“, weiß Martin Ausserdorfer, Direktor der BBT-Beobachtungsstelle. „Vor 3 Jahren hat man den Konsens darüber gefunden, wie der Trassenverlauf im Unterland sein soll. Er ist auch mit den Gemeinden abgestimmt worden.“ Doch bei der Eintragung in die Bauleitpläne hakte es. „Erst muss eine strategische Umweltprüfung gemacht werden“, weiß die zuständige Landesrätin Maria Hochgruber-Kuenzer.<BR /><BR />Der für Raumentwicklung zuständige Ressortleiter Frank Weber erklärt, das Projekt sei aufgrund der bereits genannten Machbarkeitsstudie vorangetrieben worden. „In der Umweltverträglichkeitsprüfung wurden die Daten aus dem Jahr 2010 dargelegt. Die Landesregierung hat entschieden, das Verfahren zur Eintragung in die Bauleitpläne 2017 zu eröffnen. Es wurde, weil es in solchen Projekten nicht absehbar ist, ob die Linie genau auf den Meter trifft, in dieser Möglichkeit der Eintragung ein Korridor vorgesehen. Dieser Korridor hätte Flächen rechts und links der Linie beansprucht, die man natürlich wieder der Umweltverträglichkeitsprüfung unterziehen muss.“ <BR /><BR /><b>Veraltete Daten</b><BR /><BR />Deshalb habe es für das Projekt eine strategische Umweltprüfung gegeben. „Für diese ist eine vergleichbare Datengrundlage herzunehmen“, erläutert Weber. Da aber nun seit der Erstellung der Machbarkeitsstudie und deren Umweltverträglichkeitsprüfung schon so viele Jahre vergangen seien, seien auch die entsprechenden Daten veraltet. Das, so erklärt Weber, habe dazu geführt, dass man zum Schluss gekommen sei: „Wenn man die Umweltverträglichkeit, auch die strategische, seriös prüfen will – und dazu zählen auch die Lokalisierung des Korridors und der Trasse –, dann braucht es aktualisierte Daten. Das hat das UVP-Amt eingefordert.“ <BR /><BR />Und diese Daten – besonders jene zur Zahl der durchfahrenden Züge – hätten die großen Bahngesellschaften erst erbringen müssen. „Wir kriegen nur die Daten, die sie auch erheben und uns zur Verfügung stellen“, erläutert Weber. Jedenfalls brauche es die Aktualisierung der Daten für den Umweltbericht, „um das seriös abwägen zu können.“<BR />Martin Ausserdorfer bestätigt das: „2010 hat man sich auf diese Lösung geeinigt, aber die Trasse nicht in den Bauleitplan eingetragen. 2017 wurde das Thema wieder diskutiert und beschlossen, die Eintragung in den Bauleitplan zu starten. 2019 ist man zum Punkt gekommen, dass die Verkehrsstudien von 2010 veraltet sind. Diese Studien machen die Schieneninfrastrukturbetreiber.“<BR /><BR /><b>Neue Zahlen bis Sommer</b><BR /><BR />Diese Verkehrsstudien sollen jedenfalls noch in der ersten Hälfte des heurigen Jahres abgeschlossen sein, sagt Ausserdorfer. „Bis zum Sommer werden wir – und das ist meine Aufgabe – die neuen Zugzahlen vorlegen können.“ Verkompliziert habe die Angelegenheit der Eintragung, dass seit 2017 ein neues UVP-Gesetz gelte, erläutert Weber: „Die europäische Richtlinie ist angepasst worden.“<BR /><BR />Und wie lange wird es dauern, bis die Trasse tatsächlich eingetragen ist? Landesrätin Hochgruber-Kuenzer will sich nicht festlegen: „Alles braucht seine Zeit. Wie schnell der Herbst da ist, wissen wir alle.“<BR />Ist die Strecke erst einmal in den Bauleitplan eingetragen, geht der Ball nach Rom. Und auch dort dürften noch einige Hürden auf das Vorhaben lauern. Man müsse sehen, ob die Finanzierungen zur Verfügung stünden, welchen Bedarf es für den entsprechenden Ausbau im Unterland gebe. Dann werde ein mehrjähriger Prozess starten, erklärt Martin Ausserdorfer: „Projektierung, Projekterstellung und so weiter. Es ist nicht so, dass das Unterland und Südtirol ein Wunschkonzert spielen können und Italien bezahlt. Das sind Kosten von mehreren Milliarden Euro, die in einer Verhandlung mit dem Staat aufgebracht werden müssen“, sagt er. Und er zieht einen Vergleich: „Im Eisacktal haben wir jetzt die Ausschreibung zugeteilt: Wir haben 7 Jahre benötigt, um dieses Projekt so weit zu entwickeln.“<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="634898_image" /></div> <BR /><BR />Darum auch sein Ausblick: „In den nächsten 5 Jahren ist im Südtiroler Unterland mit Sicherheit noch keine Baustelle da: Da wird sich alles noch im Planungs-, Projektierungs- und Genehmigungsprozess befinden. Die Finanzierung muss zu 100 Prozent der Staat stemmen“, weiß er. Auch Querfinanzierungen über die EU seien möglich.<BR /><BR />Ziel sei jedenfalls, „dass bis 2040 die Zulaufstrecke im Unterland in Betrieb sein soll“, sagt Martin Ausserdorfer. „Diese Zeitpläne sind auch realistisch“, meint er. Die Sorge der Unterlandler, dass gar nichts passieren werde und die BBT-Züge später einfach an der Oberfläche durch das Tal rauschen, sei unbegründet, sagen Ausserdorfer wie auch Weber: „Es war eine politische Zielsetzung, dass die Trasse durch den Berg führt, und man verfolgt diese auch immer noch. Mit der Machbarkeitsstudie wurden ja auch oberirdische Varianten diskutiert“, formuliert es der Ressortdirektor. <BR /><BR />Realistisch betrachtet seien die Planungszeiträume für solche Vorhaben tatsächlich immens. „Der Staat hat ein großes Interesse, das Projekt umzusetzen und wir versuchen für Südtirol die beste Lösung herauszuholen“, beruhigt Weber. Bei derartig großen Projekten gebe es Unwägbarkeiten, politische Haltungen flössen in den „Megaprozess“ ein, „aber die Richtung ist konkret und wir können uns auch nicht erlauben, nicht mit vernünftigen Daten zu argumentieren. Die Umweltverbände haben da ein sehr strenges Auge drauf. Es ist richtig, dass man das vernünftig bearbeitet.“<BR /><BR /><b>Im Bauleitplan nicht eingetragen</b><BR /><BR /><BR />Auch Ausserdorfer sagt zu den Sorgen der Unterlandler vor jahrzehntelangem Stillstand: „Diese Diskussion kommt immer wieder auf, weil noch keine Fakten geschaffen worden sind: Wenn die Strecke einmal im Bauleitplan eingetragen ist, braucht man diese mühselige Diskussion nicht mehr zu führen. Die einzige sinnvolle Variante ist diese im Unterland: Wir brauchen nur zu schauen, wie viel Kulturgrund wir sonst brauchen und wie viele Schwierigkeiten wir sonst bei den Infrastrukturbauten haben.“ <BR /><BR />Und Ausserdorfer weiß aus der Erfahrung im Wipp- und Eisacktal: „Es hat so viele gegeben, die gesagt haben, der Brennerbasistunnel würde nie gebaut. Die Zulaufstrecke Franzensfeste– Waidbruck und die Riggertalschleife käme nie … das sind 3 Projekte, die ich persönlich verfolgt habe und die auch funktionieren.“ Im Unterland sei das genauso: „Die Voraussetzungen sind gegeben, dass dieses Baulos 5, wie wir es genannt haben, im Unterland vom Staat aufgegriffen und auch finanziert wird, wenn der Brennerbasistunnel und die Zulaufstrecke Franzensfeste in Betrieb sind.“ <BR /><BR />