Der Minister für die öffentliche Verwaltung in der Regierung Berlusconi, Renato Brunetta, hat seine Kandidatur für die im März geplante Bürgermeisterwahl angekündigt. Der gebürtige Venezianer, der mit seinem unermüdlichen Kampf gegen den schwerfälligen und aufgeblähten Bürokratieapparat des Staates immer wieder für Debatten sorgt, erklärte, er wolle die Führung der Lagunenstadt übernehmen und zugleich Minister bleiben.„Ich werde es schaffen. In Frankreich sind die besten Minister diejenigen, die auch Bürgermeister sind. Für eine Weltstadt wie Venedig wäre es ein Pluspunkt, einen Bürgermeister zu haben, der auch Minister ist“, sagte der 56-jährige Brunetta im Interview mit der Tageszeitung „La Stampa“ am Donnerstag.„Ich bin ein Mensch der Reformen. Venedig braucht eine tiefgreifende Wende und ich kann sie fördern“, sagte Brunetta. Der Minister sorgt immer wieder für Aufsehen. Mit seiner Kampagne gegen die „Faulenzer“ im öffentlichen Dienst und gegen Schlendrian in Spitälern, Postämtern, Meldestellen und anderen Behörden ist er zu einem der populärsten Minister der Regierung Berlusconi aufgerückt. Beim letzten Filmfestival in Venedig ärgerte Brunetta die italienischen Filmschaffenden, die er als „Parasiten“ bezeichnete. „Das sind Leute, die niemals zum Wohl des Landes beigetragen haben“, sagte er.Auch den Bürgermeister Venedigs, Massimo Cacciari, kritisierte Brunetta immer wieder. „Venedig ist heute die Stadt der Magnaten, der Stararchitekten, sowie der alten und giftigen Chemiekonzerne. Eine Stadt der Tycoons und der Spielkasinos. Sie ist von einer Verwaltung verkauft worden, die auf jegliche Projekte verzichtet hat“, klagte der Minister kürzlich. Brunetta kritisierte die Mitte-Links-Parteien, die seit 20 Jahren Venedig regieren. Der Verfall der Stadt nehme kein Ende. Auch die Biennale mache eine schwierige Phase durch: „Dabei sollte sie eine riesige Kulturattraktion sein. Das Filmfestival von Venedig ist zur armen Verwandten von Cannes und Berlin geworden. Es kostet nur und produziert nichts“, klagte der Minister.„Trotz allem ist dies die richtige Zeit für Venedigs Renaissance. Die Venezianer haben den Niedergang ihrer Stadt satt. Die Italiener selbst haben ein Venedig satt, das öffentliches Geld verschlingt, ohne dass es Italien dient. Der nächste Schritt ist, nicht mehr staatliche Finanzierungen zu verlangen, sondern eine neue wirtschaftliche Basis zu schaffen“, meinte der Minister.Noch unklar ist, gegen wen Brunetta bei der Bürgermeisterwahl antreten wird. Der „Partito Democratico“ hat noch nicht beschlossen, wen man ins Rennen schicken wird, nachdem Bürgermeister Cacciari eine weitere Kandidatur entschieden ausgeschlossen hat. Er wolle sich aus der Politik zurückziehen. „All meine politischen Projekte sind gescheitert. Niemand hat auf mich gehört, auch wenn ich politisch immer recht hatte. Im Alter von 65 Jahren habe ich begriffen, dass ich nicht für die Politik geschaffen bin“, sagte der Bürgermeister.apa